Romina Klein präsentiert ihr meisterhaftes Gesellenstück Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Romina Klein ist die Größte. In Münster wurde die 23-Jährige zur Bundessiegerin im Goldschmiedehandwerk gekürt. Allerdings nicht, weil sie sich verkünstelt hat oder einer Mode nachgerannt ist. Im Gegenteil. Sie hat demonstriert, dass ihr Handwerk goldenen Boden hat.

Stuttgart - Gemeinhin sagt man über virtuose Trompeter, dass sie im übertragenen Sinn aus Blech Gold machen. Goldenen Hörgenuss. Auf eine andere Art ist das auch Romina Klein gelungen. Aus ein bisschen Blech hat die junge Dame etwas gefertigt, das mindestens so wertvoll wie ein Barren Gold ist. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat die Goldschmiedin und ihr Gesellenstück zur Bundessiegerin 2016 gekürt. Bedeutet: Keiner der diesjährigen Absolventen in der Ausbildung zum Goldschmied war besser.

Um es so weit zu bringen, gehört mehr als nur Talent dazu. Wer es in dieser Handwerkskunst in die absolute Spitze schaffen will, braucht das gewisse Etwas. Und natürlich eine fundierte Ausbildung. Die hat Romina Klein beim Juwelier Schumacher am Marktplatz 4 erhalten. Seit 1936 wird hier – inzwischen in vierter Generation – die Goldschmiedekunst hochgehalten. Inhaber und Meister Michael Schleicher legt Wert auf Tradition und klassische Schmuckherstellung. Soll heißen: Gusstechnik ist so gut wie tabu. Nur so lassen sich Form und Handwerk zu etwas Einzigartigem verbinden. Mit diesem Anspruch ist seine Werkstatt seit Jahren nicht nur Gold-, sondern auch Talentschmiede. „Wir haben bereits zwei Bundessieger und fünfmal in Folge den Landessieger mit unseren Auszubildenden gestellt“, sagt Philipp Schleicher, der Juniorchef, nicht ohne Stolz. Im Hause Schumacher bekommen die Rohdiamanten offenbar den nötigen Schliff.

Mehr Bewerber als Ausbildungsplätze

So wie zuletzt Romina Klein. Auch sie musste zunächst unter Beweis stellen, dass sie alle Facetten für diesen Beruf mitbringt. Goldschmiedin Stephanie Zarschler, seit 20 Jahren bei Schumacher, hat Romina Klein und andere Bewerber auf Herz und Nieren geprüft. Die Aspiranten müssen beispielsweise mit Draht ein kleines Schmuckstück anfertigen. „Wir prüfen, ob der Bewerber gestalterisches Verständnis mitbringt“, sagt Stephanie Zarschler, „aber wir testen auch, ob er Verständnis für Dreidimensionalität mitbringt.“ Nicht zuletzt schaut sie auch auf die charakterlichen Eigenschaften der angehenden Goldschmied-Azubis.

Auch hier stach Romina Klein hervor. Die damals 19-Jährige war bereit, nach dem Abitur ihr Elternhaus in Fulda zu verlassen und sich auf das Wagnis Stuttgart einzulassen. Woher sie diese Zielstrebigkeit hat, weiß sie selbst nicht so genau. Auch woher dieser Wunsch kam, unbedingt Goldschmiedin werden zu wollen, kann Romina Klein nur erahnen: „Bei meiner Firmung habe ich zum ersten Mal daran gedacht, Goldschmiedin zu werden.“ Anlass war das Armkettchen, das die Firmlinge traditionell bekommen. Romina Klein wollte kein 08/15-Kettchen. Es musste etwas Besonderes sein, es musste zu ihr passen. „Es sollte ein Stück sein, das nur ich haben kann.“

Diese Einstellung war sozusagen der Startschuss zu ihrem „Traumberuf“, wie sie sagt. Heute, nach dreieinhalb Jahren Lehrzeit, hat sie diese Werte verinnerlicht. Schmuck, so wie sie ihn versteht, darf nicht nur Modeschnickschnack sein. Kein Wegwerfartikel. „Ich wünsche mir, dass sich beim Schmuck auch so ein Bewusstseinswandel wie bei Kleidung einstellt – hin zu mehr Nachhaltigkeit und Qualität.“

Ein Handwerk zwischen Kunst und Mode

Dabei geht es ihr nicht darum, ihre Arbeit und ihren Beruf zu überhöhen. Nein, Schmuck ist für sie grundsätzlich weder profane Mode noch hohe Kunst. „Es ist an unserem Beruf nichts Künstlerisches, in dem Sinne, dass man sich hier austoben oder ausdrücken will“, sagt sie, „aber gutes Handwerk umzusetzen, das ist Kunst.“ Dann wird aus einem Schmuckstück ein kleines Kunststück.

Genau das ist Romina Klein bei ihrem hochprämierten Gesellenstück gelungen. Bei jenem doppelt geschwungenen Armreif aus Blech, der in diesem Jahr das Beste ist, was ein deutscher Azubi bei seiner Gesellenprüfung gefertigt hat. Die Jury war regelrecht begeistert, dass die Wahl-Stuttgarterin in nur 32 Stunden extrem strukturiert diese anspruchsvolle Arbeit umgesetzt hat. Form und Ausführung suchte ihresgleichen. Auch wegen der gewalzten Oberfläche, die das Gesellenstück organisch und lebendig wirken lässt. Selbst auf die Schöpferin hat der Armreif eine magische Wirkung: „Ich freue mich jedes Mal wie beim ersten Mal, wenn ich an der Vitrine im Laden vorbeilaufe und ihn anschaue.“

Gut möglich, dass bald auch Schumacher-Kunden dem Charme des Reifs erliegen. Allerdings ist dieses Unikat unverkäuflich. Auch weil es eigentlich nicht der Firmenphilosphie entspricht. In der Werkstatt des Meisters werden nur Platin und Gold verarbeitet. Es braucht also die Alchemistin Romina Klein, um aus Blech Gold zu machen. „Wenn wir diesen Auftrag von einem Kunden bekämen“, sagt sie mit leuchtenden Augen, „dann wäre das die größte Wertschätzung, die ich bekommen könnte.“

Typisch Romina Klein. Sie spricht nicht vom Stolz über die Auszeichnung zur Bundessiegerin. Sie spricht von ihrer Arbeit. Von dem, was einen Goldschmied ausmacht: täglich individuelle Werte zu schaffen.