Auf Schmerzmitteln allein sollte man sich nicht verlassen, denn bereits mit schlichtem Spazierengehen oder sportliche Übungen lassen sich die Arthrosebeschwerden erheblich bessern Foto: Fotolia/© Clemens Schler

Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung. Medikamente gegen die Schmerzen bei Hüft- und Kniearthrose gibt es einige auf dem Markt. Bislang war aber nicht bekannt, ob sich die Mittel in ihrer schmerzlindernden Wirksamkeit unterscheiden.

Bern - Der Mensch mutet seinem Körper immer mehr zu: Er bewegt sich nicht. Oder er bewegt sich viel und falsch. Und obendrein wird er immer älter, weshalb das Kniegelenk auch länger seinen Dienst verrichten muss – und öfter zu knirschen beginnt. Die Kniearthrose, Gonarthrose genannt, zählt zu den häufigsten Abnutzungserscheinungen: Der Gelenkknorpel wird nach und nach abgebaut bis Knochen auf Knochen reibt. Das schmerzt und macht unbeweglich.

Viele erhoffen sich von rezeptfreien Schmerzmitteln Linderung

Weshalb so mancher zur Hausapotheke greift und sich von einem Schmerzmittel Linderung erhofft: Das fiebersenkende Schmerzmittel Paracetamol beispielsweise hat keine erhöhten Risiken für den Magen-Darm-Trakt oder für die Herzgefäße. Allerdings muss man aufpassen: In höheren Dosierungen ist Paracetamol leberschädigend. Zwar ist es in der 2014 überarbeiteten Leitlinie der internationalen Arthrosegesellschaft nach wie vor erste Wahl bei der konservativen Therapie der Kniegelenkarthrose . Aber es hat eine Abstufung bei Patienten mit Kniearthrose und Begleiterkrankungen erhalten. Nun zeigte sich auch noch: Paracetamol verringert die Arthrosebeschwerden kaum besser als ein Plazebo.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Netzwerk-Analyse im medizinischen Fachmagazin Lancet, die eine Forschergruppe um Sven Trelle vom Klinischen Studienzentrum CTU der Universität Bern sowie vom dort angegliederten Institut für Sozial- und Präventivmedizin durchführte. Sie analysierten 74 Studien, die in den vergangenen 35 Jahren durchgeführt wurden. Insgesamt kamen dabei Daten von mehr als 58 000 Patienten mit Hüft- oder Kniearthrose zusammen, die mit 22 verschiedenen Medikamente behandelt wurden. Darunter Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac, Rofecoxib und Etoricoxib sowie drei weiteren nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Paracetamol. Sie wurden mit der Wirkung eines Scheinmedikamentes im Hinblick auf die Schmerzverringerung und eine verbesserte Bewegungseinschränkung verglichen.

Ibuprofen hat im Vergleich eine schwächere Wirkung

Dabei zeigte sich, dass Schmerzmittel wie Diclofenac, Ibuprofen und Etoricoxib deutlich besser abschneiden als Paracetamol. Letzteres hat eine für den Patienten nicht relevante Wirksamkeit. „Diclofenac schneidet sogar besser ab als die neueren Coxibe. Allerdings gilt das bei Diclofenac nur, wenn es in der maximal zulässigen Tagesdosis von 150 Milligramm eingenommen wird“, sagt der Studienleiter Sven Trelle.

Das Ibuprofen hätte eine schwächere Wirkung und müsse deshalb noch deutlich höher dosiert werden. Auch Rofecoxib (25 Milligramm täglich) und Etoricoxib (60 Milligramm täglich) sind nach Trelle’s Aussage mit einigen Abstrichen gut wirksam.

Eine Dauertherapie führt zu schädlichen Nebenwirkungen

Aber es gibt auch eine Warnung: „Ist es nötig, die tägliche Maximaldosis eines Medikamentes einzunehmen, um den gewünschten schmerzlindernden Effekt zu erzielen, dann treten allerdings auch entsprechende Nebenwirkungen auf“, sagt Trelle. Bei Diclofenac sei das Risiko für Magendarmblutungen und für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Bei den Coxiben muss man im Hinblick auf Herzerkrankungen besonders vorsichtig sein. Man müsse bei jedem Patienten ganz individuell entscheiden.

Die Ergebnisse aller Studien wurden mit einer sogenannten Netzwerk-Meta-Analyse zusammengefasst. Dabei handelt es sich um eine spezielle statistische Methode, die es erlaubt, die direkten Medikamentenvergleiche mit Vergleichen, die zwischen zwei Studien gemacht werden können, in einer Art Netzwerk zu kombinieren“, sagt der Erstautor der Studie Bruno da Costa vom Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) in einer Pressemitteilung der Universität Bern. Grundsätzlich habe man sich aber mehr direkte Vergleiche zwischen den Medikamenten gewünscht.

Besser als ein Medikament hilft regelmäßige Bewegung

Grundsätzlich gilt aber für jeden Patienten, der seine Beschwerden mit Schmerzmitteln lindern möchte: Von einer Dauertherapie nist strikt abzuraten. Sie wäre nämlich mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Da Arthrose in Wellen verläuft – also sich schmerzhafte Phasen mit beschwerdefreien Phasen abwechseln – , ist eine Dauertherapie auch gar nicht nötig. Trelle hat klare Empfehlungen: „Schmerzmittel stets nur für Intervalle einsetzen, also nur so lange, wie wirklich Schmerzen auftreten.“

Besser ist es, stets in Bewegung zu bleiben: Denn das lindert die Arthrose und verlangsamt ihr Fortschreiten. Experten wie der ehemalige Leiter des Instituts für Sportwissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie empfiehlt, bestenfalls täglich 30 bis 40 Minuten oder mindestens zweimal die Woche zu trainieren. Als Sportarten eignen sich Schwimmen, Gehen, Joggen, Aerobic und Radfahren. Insbesondere Dehn- und Kräftigungsübungen sind bei schmerzenden Gelenken empfehlenswert.

Was nutzt Hyaluronsäure?

Die Hyaluronsäure ist ein Bestandteil der Gelenkschmiere. Die Injektion soll das Gelenk in Gang bringen und gegen die Schmerzen helfen. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Kosten für die Therapie in der Regel nicht.

Einen klinischen Nutzen hat das Verfahren vielen Studien zufolge nicht. Laut der Bertelsmann-Stiftung aus Gütersloh und des Harding Zentrums für Risikokompetenz am Max Planck Institut in Berlin kann die Behandlung mit den Hyaluron-Spritzen Schmerzen lindern und die Beweglichkeit des Gelenks steigern. Doch auf längere Sicht sind sie häufig wirkungslos – und können sogar eher schaden. So kommt es bei Injektionen oft vor, dass die Haut sich rötet, es zu Schwellungen kommt oder zu Entzündungen – wenn Keime über die Einstichstelle ins Gelenk gelangen.

Betroffenen sollten sich lieber bewegen. Schont sich der Patient, wird weniger Gelenkflüssigkeit produziert, die Knorpel werden rau und spröde, was zu mehr Verschleiß und Schmerzen führt. Regelmäßige Bewegung lindert die Arthrose und verlangsamt ihr Fortschreiten.