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Genehmigte Stuttgart-21-Demo zeitgleich mit Polizeieinsatz - Behörden weisen Vorwürfe zurück.

Stuttgart - Bei den Protesten im Schlossgarten sind am Donnerstagvormittag auffallend viele Kinder und Jugendliche ins Visier von Wasserwerfern und Pfefferspray geraten. Der Grund dafür: Zeitgleich mit dem Polizeieinsatz war nur wenige Meter entfernt eine Schülerdemonstration gegen Stuttgart 21 geplant. Die Teilnehmer schlossen sich spontan den Protesten an, bei denen es zahlreiche Leichtverletzte gab. Die Behörden weisen Vorwürfe zurück, sie hätten die Minderjährigen sehenden Auges in die Auseinandersetzungen laufen lassen.

Aufgerufen zu der Demo hatte die Jugendoffensive gegen Stuttgart 21 - bewusst während der Unterrichtszeit, um mehr Gehör zu bekommen. Um 10 Uhr versammelten sich laut Veranstalter 2000 junge Leute zur Kundgebung in der Lautenschlagerstraße. "Danach hätte es einen Zug über Theodor-Heuss-Straße, Rotebühlplatz und Schillerstraße in den Schlossgarten geben sollen", heißt es beim Amt für Öffentliche Ordnung, das die Aktion vergangenen Freitag genehmigt hatte. Zuvor hatte es Gespräche mit Polizei und Jugendoffensive gegeben.

Doch als die Kunde vom Polizeieinsatz im Schlossgarten die Runde machte, strömten die Jugendlichen direkt dorthin - nicht wie erwartet um 12 Uhr, sondern deutlich früher. "Es kam zu Blockaden von Baufahrzeugen", sagt Florian Toniutti, Sprecher der Jugendoffensive. Daraufhin habe man alle unter 16-Jährigen und solche, denen der Trubel zu viel geworden sei, aufgefordert, besser zu gehen. Gegen Polizei und Landesregierung erhebt Toniutti schwere Vorwürfe: Weil die Parkräumung parallel zur Demonstration abgelaufen sei, habe man "Schülerinnen und Schüler bewusst erheblichen Gefahren ausgesetzt".

Polizeisprecher Stefan Keilbach weist die Vorwürfe zurück. Natürlich habe man von der Demo gewusst, sei aber davon ausgegangen, dass sich die Schüler an die Abmachungen hielten. "Nicht die Polizei ist zu ihnen gekommen, sondern sie in den Park", sagt er. Man habe "zigfach dazu aufgefordert, den Platz zu verlassen". Man müsse auch Jugendlichen zutrauen, dass sie wüssten, dass man sich nicht folgenlos bei Blockaden der Polizei in den Weg stellen könne.

Eigentlich hätten die Schüler am Donnerstagvormittag im Unterricht sitzen müssen. Ein Streikrecht für sie gibt es nicht. Noch am Montag hatte das Kultusministerium einen Rundbrief an alle Schulleiter verschickt, um auf die rechtliche Lage hinzuweisen. Darin heißt es, es sei grundsätzlich zu begrüßen, wenn Jugendliche an Diskussionen in der Gesellschaft teilnehmen - allerdings stehe dem die Schulpflicht gegenüber. "Schulen haben sich politisch neutral zu verhalten und können Schüler deshalb nicht für politische Demonstrationen freistellen", sagt ein Sprecher. Die Schulen entscheiden selbst über Sanktionen für Schüler.

Einige hatten freilich vorgesorgt. Sie waren mit Billigung und Entschuldigung ihrer Eltern dem Unterricht ferngeblieben - wegen Krankheit. Dass der Streik vor dem Wasserwerfer endet, hätten sich die Erziehungsberechtigten wohl nicht träumen lassen.