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Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 überrascht - Camper wissen nichts von einer Absprache.

Stuttgart - Eigentlich sollten die Zelte der Stuttgart- 21-Gegner im Mittleren Schlossgarten Ende April weg sein und neuer Rasen gesät werden. Das zumindest hatten das Aktionsbündnis gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 und die Parkschützer versprochen. Nun soll zwar gesät, nicht aber die Zelte abgebrochen werden.

Der Mittlere Schlossgarten wirkt leerer als noch Anfang des Monats. Denn die Umfriedung ist weg, die wie eine Mauer einen Teil des Parks durchzogen hatte. Doch ansonsten sieht es nicht danach aus, als würden Parkbewohner die rund 20 Zelte im Mittleren Schlossgarten in den kommenden drei Tagen abbrechen. Die Zeltstadt sollte laut Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und Parkschützern bis zum 30. April verschwinden. Danach, am 8. Mai, sollte auf dem Gelände neuer Rasen gesät und der Park den Bürgern offiziell zurückgegeben werden. Dem freiwilligen Abzug der Parkbewohner seien wochenlange Gespräche mit ihnen vorausgegangen, sagte die Sprecherin des Aktionsbündnisses, Irmela Neipp-Gereke, damals.

Die Zahl der Parkbesetzer nimmt zu

"Ein Abzug aus dem Park ist nie mit uns abgesprochen worden", versichert dagegen Peter Radom, stellvertretender Versammlungsleiter der Parkbesetzer. Und er versichert, dass man ihn aus dem Schlossgarten "prügeln" müsse, solange die Tieferlegung des Hauptbahnhofs nicht komplett vom Tisch sei. Die Umfriedung im Park sei nur deshalb demontiert worden, weil man die Einzelteile am 30. April in einer großen Auktion versteigern wolle. Der 53-Jährige geht davon aus, dass die Behauptung von der Räumung des Schlossgartens von den Parkschützern und dem Aktionsbündnis in die Welt gesetzt worden sei, weil man der Öffentlichkeit einen Erfolg habe präsentieren wollen. Denn nachdem viele Bürger anfänglich die Besetzung des Parks akzeptiert hatten, forderten mit dem Frühlingsbeginn immer mehr den Rückzug der Parkbesetzer. Laut Radom, der seit sieben Monaten im Mittleren Schlossgarten campiert, nimmt die Zahl der Aktivisten derzeit im Park aber eher zu statt ab und sei von etwa 40 auf 50 bis 60 geklettert. "Auch die Umwelt- und Naturschützer von Robin Wood unterstützen uns wieder", so Radom.

Auch Radoms Mitstreiter versichern, dass sie nicht an einen Abzug denken. "Erst am Ostersonntag haben wir auf unserer Vollversammlung beschlossen, hier zu bleiben", sagt Christina. Die 33-jährige Sozialpädagogin begründet das damit, dass der Baustopp der Bahn AG nur für Arbeiten gelte, die nicht in Auftrag gegeben worden seien, während Begonnenes weitergebaut werde.

Parkschützer distanzieren sich von Parkbesetzern

Aktionsbündnis-Sprecherin Neipp-Gereke ist von der Entwicklung überrascht. "Die Umfriedung ist weg. Die geplante Versteigerung steht doch im Zusammenhang mit dem Abzug aus dem Park", sagt sie und versichert: "Es gab Gespräche mit den Besetzern, aber nur zwei waren gegen den Abzug." Und die Parkschützer, die sich bislang teilweise von den Parkbesetzern distanziert hatten, erklären nun, dass sie die Entscheidung der Besetzer zu bleiben gutheißen. "Aus der Bevölkerung sind Signale gekommen, dass die Parkbewohner nicht abziehen sollen", rechtfertigt Elke Edelkott dies und erklärt den Sinneswandel mit "basisdemokratischen Entscheidungen". Mit wem der Abzug der Parkbesetzer abgesprochen war, kann sie nicht sagen. Aber sie verspricht: "Wir pflanzen den Rasen."

Die Bevölkerung ist nach wie vor gespalten: Während Rentnerin Gisela Thies (72) den Parkbesetzern am liebsten ein altes Zelt schenken möchte, plädiert Stuttgart-21-Gegner Ekkehard Foth (42) für den Abzug, weil die Besetzung dem Park schade, so der Anwalt. Christian List, Vorsitzender des Bündnisses der Befürworter "Wir sind Stuttgart 21", fordert von Stadt und Land, auf die illegale Situation zu reagieren.