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Richter lehnen Eilanträge ab - Eisenbahn-Bundesamt muss Fällungen erst noch zustimmen.

Stuttgart - Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat die Eilanträge gegen das Aufenthalts- und Betretungsverbot des Mittleren Schlossgartens abgelehnt. Mit dem Verbot will die Stadt die Baumfällarbeiten und die Räumung des Zeltlagers sicherstellen. Allerdings muss das Eisenbahn-Bundesamt erst noch zustimmen.

Die Tage des illegalen Zeltlagers im Mittleren Schlossgarten sind wohl gezählt - und die der 176 Bäume, die für den Tiefbahnhof im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 gefällt und zum Teil versetzt werden sollen, ebenso. Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat den Weg für die Bahn und die Stadt frei gemacht.

Das Verwaltungsgericht: "Die Eilanträge bleiben ohne Erfolg", haben die Richter der 5. Kammer am Mittwoch entschieden. Der Schriftsteller Heinrich Steinfest und der Musiker Torsten Krill hatten beim VG Eilanträge gestellt, die sich gegen das Aufenthalts- und Betretungsverbot des Mittleren Schlossgartens richten, das die Stadt am 22.Dezember vorigen Jahres verfügt hatte. "Das Zeltlager darf sofort geräumt werden, das Betretungsverbot kann nach Freigabe der Baumfällarbeiten durch das EisenbahnBundesamt vollzogen werden", haben die Richter entschieden.

Allerdings hat das VG der Stadt Auflagen gemacht. Danach werde das Aufenthalts- und Betretungsverbot des betroffenen Teils des Schlossgartens nur wirksam, wenn die Einsatzmaßnahmen der Polizei von der Stadt bekanntgegeben worden seien. "Dafür ist kein formeller Akt notwendig", sagt Markus Vogt, der Sprecher von OB Wolfgang Schuster. Das könne unmittelbar vor den Maßnahmen per Megafon oder mit einem Flugblatt geschehen. Das VG bestätigt das. Eine weitere, entscheidende Auflage: Das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) muss den Baumfällarbeiten zustimmen. Darauf hat die Stadt am Mittwoch vergebens gewartet.

Das Gericht sieht die Grundrechte der Antragsteller nicht verletzt. Die Verfügung der Stadt sei gerechtfertigt, weil zu befürchten sei, dass es sonst bei den Baumfällarbeiten zu Straftaten kommen werde. Schließlich sei von Projektgegnern wiederholt organisierter Widerstand geleistet worden, der teilweise auch "strafrechtlich relevant" gewesen sei, so die Richter. Zudem diene das Verbot der Sicherheit der Bauarbeiter.

Das sagen Gegner, Stadt und Polizei

Die Gegner: Rechtsanwältin Simone Eberle, die Autor Steinfest vertritt, wird Beschwerde gegen die Entscheidung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) einlegen, was jedoch keine aufschiebende Wirkung hat. "Ich habe vom Verwaltungsgericht nichts anderes erwartet", so die Anwältin. Es sei empörend, dass die VG-Richter der Stadt sagen würden, wie eine Verfügung korrekt zu erlassen sei. "Das VG ist doch nicht die Rechtsabteilung der Stadt", so Eberle.

Die Stadt: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Stadt-Sprecher Markus Vogt. Die weiteren Maßnahmen würden in enger Abstimmung mit Bahn, Polizei und Land in die Wege geleitet. "Eine Räumung ist erst sinnvoll, wenn direkt danach mit den Arbeiten begonnen werden kann", so Vogt. Unterdessen hat Baubürgermeister Matthias Hahn im Technischen Ausschuss gesagt, die vom Juchtenkäfer bewohnten Bäume entlang der Schillerstraße würden wohl nicht gefällt. Sie sollen bei der Abdeckung der unterirdischen Durchgangsstation ausgespart werden.

Der BUND: Obwohl die Zustimmung des Eisenbahnbundesamts noch aussteht, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) seine Stellungnahme bereits veröffentlicht. "Die schweren artenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Fällung von Bäumen zum jetzigen Zeitpunkt sind nicht ausgeräumt", sagt die Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. Die Gutachten der Bahn zum Vorkommen streng geschützter Tierarten seien fachlich nicht ausreichend, um die Aufhebung des Fällverbots zu begründen. Die Fachreferentin für Naturschutz Christine Fabricius sagt, dass neben dem Juchtenkäfer und Fledermäusen auch mehrere Vogelarten von den geplanten Baumfällungen bedroht seien. "Die artenschutzrechtliche Prüfung weist zahlreiche Defizitte auf." Auch sei nicht untersucht worden, "wie viele Fledermäuse welcher Arten in Baumhöhlen überwintern". Dahlbender: "Die Eile, die wir beobachten, ist offenbar dem Umstand geschuldet, dass der Bahn die Möglichkeit einer Durchführung der Baumfällarbeiten bis Ende Februar eröffnet werden soll. Für dieses Ziel scheint das Eisenbahn-Bundesamt sogar bereit zu sein, sich über erhebliche rechtliche und fachliche Zweifel hinwegzusetzen."

Falls das Eba grünes Licht gibt, wird der BUND einen Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof stellen, um die Baumfällungen zu verhindern.

Die Polizei: Auch die Polizei wartet ab. "Sobald das Eisenbahnbundesamt entschieden hat, dass die Bäume im Schlossgarten gefällt werden dürfen, beginnen wir mit der planmäßigen Umsetzung des Großeinsatzes", sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Wann dieser sein könnte, darüber will er nicht spekulieren. "Wir brauchen unsere Zeit." Bevor nicht alle Genehmigungen vorliegen würden, werde der Park in keinem Fall geräumt.