Mit dem Bau der Solitude tröstete sich Herzog Carl Eugen über die Niederlage im siebenjährigen Krieg. 1782 verlor er das Interesse daran – die Anlagen verfielen. Foto: Uli von Boedecke

Bei Schloss Solitude sind im 18. Jahrhundert auch zahlreiche Gärten für den lustwandelnden Adel entstanden. Heute existieren sie nur noch in Fragmenten. Eine Führung lässt sie im Geiste auferstehen.

S-West - Nur ein Kenner kommt den früheren Gärten von Schloss Solitude auf die Spur – Kunsthistoriker Michael Wenger hat das Gelände rund um das Lustschloss jahrelang erforscht und kennt sich in den „verschwundenen Gärten“ aus und lotst seine Zuhörer bei seiner Sonderführung über Wiesen und durch lichte Waldstücke. Versteckt und vom Schloss aus, dessen Grundstein Herzog Carl Eugen 1763 legte, nicht zu sehen waren die in Quadraten angelegten Gärten mit Pavillons sowie mit mehreren stattlichen Gebäuden, vor allem aber mit unzähligen Orangen- und Feigenbäumchen. Die Hirschallee, die geradewegs zum Schloss Ludwigsburg führt, bildete die Nord-Süd-Achse der Gärten.

Anders als in der berühmten Sommerresidenz Schloss Nymphenburg bei München, lag die Pracht der Solitude-Gartenanlagen im Verborgenen – ein typisches Merkmal des Rokoko, darauf weist Wenger hin. „Es war eine abgeschlossene, exquisite Anlage für die Aristokratie und die fürchtete nichts so sehr wie die Langeweile“, charakterisiert er den Zweck der Gärten. Der Zeitgeist liebte Labyrinthe und solche fanden sich an der Solitude. „Sobald man vom Weg abkam, war man im Labyrinth gefangen“, erklärt der Historiker und verweist auf eine ähnliche, heute noch erhaltene Anlage am Schwetzinger Schloss.

Pläne und Skizzen fast vollständig verschwunden

Die Reste der Anlagen stellen die Historiker heute vor manches Rätsel, denn nur ein paar Fotografien, die ein Kunsthistoriker in den 1940er Jahren von zeitgenössischen Plänen und Stichen gemacht hatte, existieren noch. Skizzen und Ansichten der Schlossanlagen, in denen die württembergische Ständevertretung den Gipfel von Carl Eugens sprichwörtlicher Verschwendungssucht sah und weshalb sie ihn 1764 verklagte, wurden vernichtet. So hatte der erste württembergische König, Friedrich I., die Archive ausgemistet und die Solitude-Akten vernichten lassen. Jene wenigen, die das überstanden hatten, verkohlten im Zweiten Weltkrieg, als die Bomben auf die Landesbibliothek fielen. Vor Ort taten der Zahn der Zeit und die Natur das ihre: Die Solitude und ihre Gärten verfielen. „Der Orkan Wiebke 1990 riss Bäume um und verwüstete so weitere Spuren der Gärten“, berichtet Wenger.

Ein rauschendes Fest zum Abschluss

So führt der Kunsthistoriker in Richtung Ludwigsburg über Wiesen und zeichnet den verloschenen Prunk nach. Unzählige, wertvolle Orangen- und Feigenbäume in Kübeln zierten das Gelände. Für sie wurde westlich der Hirschallee eine Orangerie für die Überwinterung gebaut. „Das gesamte Schloss hätte da hinein gepasst“, weiß Wenger. Auch den Großen Marstall im Westen des Geländes lässt er bei der Führung wieder auferstehen. An die herzogliche Reithalle nebst Garagen erinnert eine Unebenheit im Gelände – es waren die Treppen. Den Marstall ließ Friedrich I. an die Königstraße versetzen und erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er dort abgerissen. Die Marstallstraße erinnert daran. Das Ende der Solitude bildete ein Fest am 22. September, das Carl Eugen für seine Nichte Maria Feodorowna und den russischen Thronfolger Paul gab. 90 000 Lichter ließ der Herzog von seinem Hofgärtner Johann-Kaspar Schiller entzünden – dessen Sohn Friedrich Schiller gelang in dieser Nacht die Flucht von der Solitude. Danach verfielen Gebäude und Gärten, denn der Herzog baute das nächste Schloss: Hohenheim.