GDL-Chef Claus Weselsky bleibt hart und führt den Bahnstreik fort. Foto: dpa

GDL-Chef Claus Weselsky hat am Mittwoch ein Schlichtungs-Angebot der Deutschen Bahn abgelehnt und als "PR-Gag" abgetan. Damit geht der Bahnstreik vorerst weiter.

Berlin - Auch nach einem neuen Vorschlag der Bahn will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihren Streik fortsetzen. Es gebe nach jetzigem Stand keinen Grund, den bis Sonntag geplanten bundesweiten Ausstand abzubrechen, sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Mittwoch in Köln. Er sprach von einem „PR-Gag“ der Bahn.

Bahnchef Rüdiger Grube hatte Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) als unabhängigen Vermittler in dem Tarifstreit vorgeschlagen. Die GDL werde sich mit der Prüfung dieses Angebots Zeit lassen, entgegnete Weselsky.

Die bei der GDL organisierten Lokführer bestreiken seit Montag den bundesweiten Bahnverkehr. Der Logistik-Fachverband BME warnte vor einer steigenden Gefahr von Produktionsausfällen, weil den Betrieben wegen des eine Woche langen Ausstandes der Nachschub fehle. Die Automobilindustrie beklagte höhere Kosten für den Fahrzeugtransport.

Grube macht der GDL ein Angebot

Zu seinem Verfahrensvorschlag sagte Bahnchef Grube in Berlin, auch die GDL könne „eine eigene unabhängige Persönlichkeit“ in künftige Tarifverhandlungen einbeziehen. „Voraussetzung ist allerdings, dass wir mit solchen Verhandlungen sofort beginnen und der Streik augenblicklich beendet wird.“

Das Angebot der Bahn war nach Angaben Weselsky bis zum Mittwochmittag noch nicht bei der GDL eingegangen. Deshalb wolle er sich auch nicht zur Personalie Platzeck äußern. „Das ist eine unsägliche Medienkampagne der Bahn“, sagte er bei einem Auftritt vor dem Kölner Hauptbahnhof. Dort wurde er von Hunderten GDL-Mitgliedern mit Jubel empfangen. Ein Bahnsprecher betonte daraufhin, der neue Vorschlag sei rechtzeitig „an Herrn Weselsky persönlich sowie an die Tarifabteilung der GDL geschickt worden“.

Grube hatte erklärt, der Konzern wolle einen Dritten hinzuziehen, weil die GDL derzeit „noch nicht bereit ist, in eine Schlichtung einzutreten“. Die Bahn halte eine Schlichtung unverändert für die beste Lösung. Die GDL hatte eine Schlichtung abgelehnt, solange es in den Tarifverhandlungen noch um die Frage gehe, wie alle Berufsgruppen des Zugpersonals in ein GDL-Tarifwerk eingebunden werden.

Grube widerspricht Weselsky

„Uns geht es um Deeskalation und Befriedung der Gesamtsituation“, sagte Grube zu dem Bahn-Vorschlag. „Und schon gar nicht spielen wir auf Zeit im Hinblick auf das anstehende Tarifeinheitsgesetz.“ Dieses Motiv hatte der GDL-Vorsitzende Weselsky mehrmals der Bahn unterstellt. Das von der schwarz-roten Bundesregierung geplante Gesetz, das der Bundestag noch in diesem Sommer beschließen will, soll die Tarifmacht kleiner Spartengewerkschaften wie der GDL einschränken.

Der Deutsche Beamtenbund (dbb) als Dachverband der GDL wollte sich zunächst nicht zum Moderatoren-Vorschlag äußern. Was die Streikkasse anbelangt, kann die Lokführergewerkschaft einen Zuschuss vom dbb bekommen. Dazu müsse ein Antrag gestellt werden, erklärte ein dbb-Sprecher. Die Streikkasse des Dachverbandes sei gut gefüllt, sagte der Sprecher.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov haben derzeit 69 Prozent der Deutschen kein Verständnis für die Streiks der GDL. Im Februar hatten 64 Prozent kein Verständnis für die damalige Streikankündigung.

Streik sorgt für hohe Kosten

Leere Materiallager, unterbrochene Wertschöpfungsketten und Produktionshindernisse ließen im Streikzeitraum volkswirtschaftliche Schäden im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich befürchten, sagte BME-Hauptgeschäftsführer Christoph Feldmann. Dazu kämen direkte Kosten für Notfallpläne und zusätzliche Lagerkapazitäten. Ein Umstieg auf die ohnehin schon überlasteten Straßen oder die weniger flexiblen Binnenschiffe sei nur bedingt möglich.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) beklagte zusätzliche Logistikkosten: „Die werden weiter steigen. Von Tag zu Tag wird die Lage schwieriger“, sagte eine Sprecherin in Berlin. Neben der Aufrechterhaltung der Logistikkette zur Produktion müssen die Hersteller insbesondere den Transport der fertigen Autos neu organisieren.

Im Personenverkehr sollte am Mittwoch nach dem Sonderfahrplan der Bahn knapp jeder dritte Fernzug fahren, in den Regionen schwankte das Angebot zwischen rund 15 Prozent des sonstigen Angebots in Berlin/Brandenburg und zwei Dritteln in Hessen oder Rheinland-Pfalz.

Die Kunden könnten sich auf die Sonderpläne verlassen: „So wie es im Internet kommuniziert wird, fahren die Züge auch“, sagte ein Bahnsprecher in Hamburg. Dünn fielen erneut auch die Fahrpläne der S-Bahnen in den Ballungsgebieten aus. Viele Pendler stiegen aufs Auto um, so dass es unter anderem auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen zu längeren Staus kam als sonst üblich.