Elektrifizierung der Strecke zwischen Ulm und Friedrichshafen mit Verlängerung bis Lindau: 226 Millionen plus acht Millionen Euro Planungskosten Foto: dpa

Das Baurecht für die Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Lindau könnte laut der Bahn AG im nächsten Jahr erteilt werden. Allerdings haben Bund und Land für das 226 Millionen Euro teure Projekt noch keine Finanzierungsvereinbarung geschlossen. Gespräche sind für 2015 geplant.

Friedrichshafen - Die Elektrifizierung der Südbahn ist eine seit Jahren währende Hängepartie. Je länger sie dauert, desto teurer wird die Elektrifizierung der Strecke zwischen Ulm und Friedrichshafen mit Verlängerung bis Lindau. Waren nach einer Studie 2011 noch 140 Millionen Euro errechnet worden, so summiert sich das Vorhaben jetzt auf 226 Millionen plus acht Millionen Euro Planungskosten. Damit ist auch die eigentlich zwischen Bund und Land getroffene Finanzierungsvereinbarung – die Kosten zu halbieren – wieder hinfällig. Denn beim Land sind die Mittel für die Südbahn auf 90 Millionen Euro gedeckelt.

Trotzdem nimmt die Südbahn Fahrt auf. Dorothee Bär (CSU), Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, hat überraschend angekündigt, dass der Bau schon 2015 beginnen könnte. Voraussetzung ist, dass das laufende Planfeststellungsverfahren bis 2015 abgeschlossen wird – was offenbar realistisch ist. Wie Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bestätigt, könnte es schon Anfang 2015 abgeschlossen sein.

Weitere Voraussetzung für einen raschen Baubeginn ist, dass das Projekt nicht einer Neubewertung (Kosten-Nutzen-Rechnung) unterzogen wird. Die hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gefordert. Sie ist laut dem inzwischen verstorbenen Ravensburger CDU-Abgeordneten Andreas Schockenhoff für alle Projekte vorgeschrieben, die bis 2015 noch nicht begonnen wurden. Nur dann könnten sie in den neuen Bundesverkehrswegeplan für 2015 bis 2030 aufgenommen werden. Allerdings sagte Schockenhoff kurz vor seinem Tod, mit der Neubewertung sei auf einen Beschluss des Verkehrsausschusses bereits begonnen worden. Angeregt habe sie der Rechnungshof. Die neue Kosten-Nutzen-Analyse sei aber keine Gefahr für das Projekt: Die Südbahn-Elektrifizierung werde erneut sehr gut abschneiden. Staatssekretärin Dorothee Bär sagte dagegen, das Projekt werde keiner Neubewertung mehr unterzogen.

Welche Variante nun auch stimmt: Die wichtigsten Hürden sind offenbar genommen. Im Frühjahr 2015 will eine Delegation aus Baden-Württemberg das Projekt bei Bundesverkehrsminister Dobrindt vollends auf den Weg bringen. Dies wurde im November auf einem Südbahn-Gipfel in Friedrichshafen beschlossen. Daran nahmen Landtagsabgeordnete sowie Vertreter aus Kommunen und Wirtschaft teil. Alle waren sich parteiübergreifend über die Dringlichkeit einig. In Berlin soll auch die Finanzierung abschließend geklärt werden. Zuständig wäre für die Elektrifizierung des „Diesel-Lochs“ der Bund, das Land beteiligt sich freiwillig, um das Projekt endlich auf den Weg. zu bringen. Verkehrsminister Hermann: „Wir stehen für den Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung bereit und haben die entsprechenden Mittel schon seit geraumer Zeit im Landeshaushalt abgesichert.“

Die Südbahn erschließt seit mehr als 150 Jahren die Region Bodensee /Oberschwaben und dient als europäische Verkehrsachse in die Schweiz und nach Österreich. Ursprünglich war terminiert, dass von 2015 an Elektro-Loks auf der heutigen Dieselzugstrecke rollen. Dieser Zeitplan kann nun nicht mehr gehalten werden. Wohl aber das zweite Ziel, die Strecke so auszubauen, dass künftig Höchstgeschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern gefahren werden können. Andreas Schwarz, Verkehrsexperte und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, sieht in der Elektrifizierung einen spürbaren Beitrag zur Reduzierung von Emissionen.

Auch sei sie eine attraktive Alternative für den Güterverkehr und Fernverkehrsreisende auf der Nord-Süd-Achse, so Schwarz. Und nur eine elektrifizierte Südbahn gewährleiste umsteigefreie Verbindungen über die Neubaustrecke Ulm–Wendlingen nach Stuttgart und darüber hinaus.

Unumstritten ist das Projekt am Bodensee aber nicht. Nach der Elektrifizierung sollen dort mehr Züge fahren können, insbesondere mehr Güterzüge und eventuell auch weitere Intercity-Züge. Kürzere Reisezeiten und eine geringere Luftverschmutzung machen aber die Nachteile wett, so die Mehrheitsmeinung.

Der Naturschutzbund (Nabu) warnt indes davor, bei der Elektrifizierung Masten zu verwenden, die eine Gefahr für Großvögel wie Störche, Eulen oder Greifvögel sind. Laut Nabu sind Betonmasten ohne Ausleger gefährlich, weil der Abstand von der Mastspitze zu den 15 000-Volt-Leitungen zu gering ist und Vögel, wenn sie die Schwingen öffnen, tödliche Stromschläge erleiden können. Es gibt allerdings Hersteller, die andere Masten anbieten.