Der Rote Flitzer stammt aus der Wirtschaftswunderzeit. Foto: Sascha Sauer

Bei der Technik-Tour geht es für 150 Leser aus Fellbach zum Freilichtmuseum Vogtsbauernhof. Die Fahrt in den Schwarzwald findet mit einem Schienenbus aus der Wirtschaftswunderzeit statt.

Fellbach/Gutach - Das Signalhorn ertönt. Die Fahrt geht los. Im Motorwagen riecht es nach Diesel. Der Zug, der sich Schienenbus nennt, stammt aus einer vergangenen Zeit. Nostalgie macht sich breit. 150 Leser der Fellbacher Zeitung verteilen sich auf drei Wagen. Der Sonderzug Roter Flitzer fährt sie zum Freilichtmuseum Vogtsbauernhof im Schwarzwald.

Die Technik-Tour der Fellbacher Zeitung und der Stadtwerke am Samstag hat gerade begonnen, da zückt Thomas Mahlbacher seine Digital-Videokamera. „Die Aufnahmen schneide ich zu einem Eisenbahnfilm zusammen“, sagt der Geschäftsführer der Stadtwerke Fellbach. Es ist seine letzte Tour, denn er geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Weil Mahlbacher bekanntlich ein riesengroßer Eisenbahnfan ist, hat seine Mitarbeiterin Sabine Sorg die Fahrt mit dem Roten Flitzer organisiert.

Panoramafenster bieten eine tolle Rundumsicht

Schon am Stuttgarter Hauptbahnhof wird den Lesern klar, was es bedeutet, mit einem Sonderzug im Verkehrsnetz der Bundesbahn unterwegs zu sein. Weil dort alle planmäßigen Züge Vorfahrt haben, kommt es immer wieder zu unfreiwilligen Stopps. Langweilig wird es in den Pausen aber nicht, denn die Panoramafenster bieten eine tolle Rundumsicht.

Der Zug rattert Richtung Schwarzwald. Die Landschaft, die sich vor den Zugfenstern erstreckt, zeigt sich in herbstlichen Farben. Bei Tempo 80 sind auch Sehenswürdigkeiten wie die Stiftskirche in Herrenberg gut zu sehen. Die Passagiere sitzen dank der umklappbaren Lehnen stets in Fahrtrichtung und können im Motorwagen oder Steuerwagen dem Lokführer über die Schulter schauen.

Am späten Vormittag erreicht der Rote Flitzer sein Ziel: das Freilichtmuseum in Gutach. Wo einst ein Vogtsbauernhof allein auf weiter Flur stand, sind jetzt sechs vollständig eingerichtete Höfe, ein Tagelöhnerhaus und 15 Nebengebäude wie Mühlen, Sägen oder Speicher zu sehen. Unsere Leser brechen zu einem Streifzug durch die Kulturen des Schwarzwalds auf.

Auf den Höfen ist kein Platz für Müßiggang

Dunkle Stuben, geschwärzte Küchen – auf den Höfen war kein Platz für Müßiggang. Um das zu veranschaulichen, sitzt in der Küche des Vogtsbauernhofs eine Frau am Spinnrad und verarbeitet Flachs zu Leinen. „Im Winter sind alle Bäuerinnen und Mägden dieser Arbeit nachgegangen“, erklärt sie den Besuchern.

Dass das Leben auf dem Hof kein Zuckerschlecken war, spürt man auch in der Rauchküche. Dort wurden früher bei offenem Feuer die Mahlzeiten zubereitet. Unter der Decke hingen Speck und Würste, die vom aufsteigenden Rauch konserviert wurden. Und noch andere Zwecke erfüllte der Rauch: Er vertrieb das Ungeziefer und glich die aufsteigende Feuchtigkeit aus den Viehstätten aus.

Im Tagelöhnerhaus ist es eng

Richtig eng geht es im Tagelöhnerhaus zu, das im Jahr 1819 gebaut wurde. Die Stuben sind winzig, die Decken so niedrig, dass die Besucher ständig den Kopf einziehen müssen. Dass die Bewohner eine sehr lange Zeit in diesen Verhältnissen gelebt haben, zeigt ein Röhrenfernseher aus den 60er-Jahren, der im Wohnzimmer steht.

Noch heute wird dagegen das Backhaus auf dem Gelände genutzt. So gibt es auf Wunsch Brot aus dem Holzofen in die Hand. Auf abgelegnen Schwarzwaldhöfen brauchte man früher eigene Backhäuser, und einmal im Monat wurde der Ofen mit Reisig angefeuert.

Auf der Rückfahrt nach Fellbach bringt Thomas Mahlbacher wieder seine Videokamera im historischen Triebwagen in Position. „Ich freue mich schon auf den Streckenabschnitt der Schwarzwaldbahn, weil es dort 39 Tunnel gibt“, sagt er.