Hans-Peter Seiler war gerührt von der emotionalen Abschiedsveranstaltung, Foto: Georg Linsenmann

Mit minutenlangem Beifall ist der Hedelfinger Bezirksvorsteher Hans-Peter Seiler verabschiedet worden. Der Vielgelobte war ganz gerührt bei der Abschiedsveranstaltung.

Hedelfingen -

Dichtes Gedränge vor der Kelter gibt es eigentlich nur einmal im Jahr: am Kirbe-Dienstag, an Hedelfingens „Nationalfeiertag“. Nun war es schon vier Tage vorher soweit, was durchaus als Bild genommen werden kann: als eine Art Plebiszit mit den Füßen, als starke finale Zustimmung zu 13 Jahren Einsatz von Hans-Peter Seiler für den Bezirk, die sich zudem zu einer intensiven Bekundung von Sympathie auswuchs – inklusive einer überraschenden Ausweitung der Rednerliste mit einer Cours der Dankenden.

Der förmliche Akt der Verabschiedung mit Unterzeichnung der einschlägigen Urkunde oblag Werner Wölfle. Der Verwaltungsbürgermeister dankte Seiler für „fast 50 Jahre im Dienste der Stadt“, betonte „herausragendes Engagement für den Stadtbezirk“ und nannte eine Reihe erfolgreicher Projekte aus Seilers Amtszeit. Nicht minder wichtig schienen ihm aber offensichtlich auch andere Aspekte an Seilers Wirken: „Ihnen war das Amt des Bezirksvorstehers nicht nur Beruf, sondern auch Berufung: als erster Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger. Dabei haben Sie sich allseits hohe Wertschätzung erworben.“ Mehrfach hob Wölfle hervor, Seiler sei es nie um die eigene Person gegangen, sondern darum, „dass etwas herauskommt für den Bezirk“. So habe der scheidende Bezirksvorsteher in Hedelfingen wie eine Art Gärtner gewirkt: „Sie haben gesät, Unkraut gejätet und am Schluss geerntet.“ Schließlich bekannte Wölfle: „Es war eine Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“

Streitkultur und Miteinander

Hatte der 1. Musikverein Hedelfingen-Rohracker, dessen Fusion Seiler angestoßen hatte, die Veranstaltung schon mit einem augenzwinkernden Medley präludiert, etwa mit einem Schnipsel „Muss i denn, muss i denn zum Städtele naus“, so wurde nun die Württemberg-Hymne angestimmt: leicht und frei von Pathos, was dem Akt, den sich Wölfle „festlich, vergnüglich, unterhaltsam“ gewünscht hatte, weiteren Schwung verlieh.

Auch hinsichtlich der Stimmung wirkte dies in der Art, wie Dieter Bohnacker für den Bezirksbeirat Seilers Bestreben beschrieb: „Sie haben für eine gesunde Streitkultur, aber auch für ein gutes Miteinander gesorgt. So ist es Ihnen gelungen, Menschen einander näher zu bringen – ja, zu einigen.“ Die Fusion der vier Sportvereine zur „SportKultur Stuttgart“ nannte Bohnacker Seilers „Glanzstück“, dankte nachdrücklich und schloss: „Sie waren ein Glücksfall für unseren Stadtbezirk.“

Noch ein wenig weiter auszuholen hatte Michael Weber, der „für alle Vereine und Institutionen“ sprach, mithin für 19 an der Zahl. Da reichten dann die skizzierten Wirkungsspuren von A bis Z, also etwa vom Alten Haus, über die Floriansjünger, das Jugendzentrum, Kleintierzüchter oder Kirchen bis zum Weihnachtslieder-Singen, mithin zum Leitmotiv „Zusammenbringen verschiedenster Initiativen“: „Sie hatten immer ein offenes Ohr für uns und standen uns mit Rat und Tat zur Seite.“ Danach kamen die Zugaben.

Minutenlanger Applaus

Etwa vom Musikverein, der ein Vereins-Shirt mit „a. D.“, außer Dienst, überreichte, den Weinbauern, den Mitarbeitern im Bezirksamt, wo Seiler auch mal, wenn Not an Personal war, Müllsäcke verkauft hatte. Schon am Vortag hatten sie dem Ex-Chef ein Ruhebänkle in den Garten gestellt. Und von Kollegen und Ex-Kollegen von der Neckar-Schiene, die Seiler in gereimter Form aufs Altenteil schickten, ein Kistchen verschiedener Weine übergaben und sich schlauerweise gleich selbst zur Verkostung einluden. Als das Quartett ein „HDS lebe hoch!“ anstimmte und damit die ganze Kelter in einen einzigen Jubelchor verwandelte, zeigte sich der derart Gepriesene sichtlich beeindruckt, als er an die in ein Rednerpult verwandelte Butte trat: „Das muss ich erst verdauen“, bekannte Seiler, sammelte sich kurz und holte nun seinerseits zum großen Danken aus, schließlich alles so zusammenfassend: „Ich danke dafür, dass wir gemeinsam viel erreicht haben. Jeder trägt auf seine Weise zur positiven Entwicklung des Bezirkes bei. Zum Schluss wandte Seiler sich an seinen Nachfolger Kai Freier: „Ich wünsche Ihnen Mut, um Neues anzupacken und Geduld, Begonnenes zu vollenden. Viele Glück!“

Als Hans-Peter Seiler vom Pult trat, setzte Beifall ein – und schwoll immer mehr an. Schließlich erhob sich die ganze Versammlung, applaudierte minutenlang und war auch nicht durch Seilers diskretes Abwinken zu bremsen: geballte Gefühle – ein denkwürdiger Augenblick.

Dann aber ging es zum gemütlichen Teil des Abends über. Angeregt, gelöst in gehobener Stimmung. Und jedem einzelnen Tisch stattete Hans-Peter Seiler einen kleinen Besuch ab, nahm sich Zeit für ein Schwätzle. Und es wirkte wie die pure Herzenssache.