Sieht recht gefährlich aus, war aber ein Pflanzenfresser: ­Diictodon lebte im Perm (299 bis 252 Millionen ­Jahre), erreichte das Gewicht eines Bullen und war ein Vorfahre der ­Säugetiere. Foto: Max Kovalenko

Mit Saurierfunden ist Baden-Württemberg und damit auch das Naturkundemuseum am Löwentor reich gesegnet. Was aber kreuchte und fleuchte vor den Sauriern auf der Erde? Ein neuer Teil der Dauerausstellung zeigt, was in den 400 Millionen Jahren vor den ersten Sauriern zu Wasser und zu Lande los war.

Stuttgart - Das Naturkundemuseum am Löwentor hat im Bemühen, seine Dauerausstellung auf einen modernen Stand zu bringen, einen großen Schritt nach vorne getan. Nachdem 2007 in einer Großen Landesausstellung das Erdmittelalter mit seinen Sauriern ins richtige Licht gesetzt worden war, ist jetzt das Erdaltertum neu und perfekt inszeniert.

Bis Ende 2014 soll das Quartär, die jüngste Phase der Erdgeschichte, mit seinen Eiszeiten und Mammuts runderneuert dargestellt werden. Anschließend schließen die Museumsmacher mit einem neu gestalteten Ausstellungsteil über das Tertiär, die Zeit nach dem Aussterben der Saurier, die letzte Lücke.

Für das Erdaltertum, die Zeit zwischen 635 und 252 Millionen Jahren vor der Gegenwart, hat das Museum zwar nur 125 Quadratmeter Platz gefunden, was dort aber an lebensechten Modellen, an Dioramen und auf einem riesigen, interaktiven und berührungsempfindlichen Bildschirm gezeigt wird, bringt das Löwentormuseum mit einem Schlag an die Spitze der einschlägigen Häuser.

Zwar sind auf der Erde bereits vor 3,8 Milliarden Jahren erste primitive Lebensformen wie Cyanobakterien nachgewiesen, richtig in Schwung kam die Evolution aber erst später, als die Erde nach mehreren globalen Vereisungen auftaute.

Die Evolution hatte räuberische Organismen hervorgebracht

635 bis 541 Millionen Jahre vor unserer Zeit entwickelte sich eine bizarre Lebenswelt, die vor allem an der Fundstelle Ediacara in Australien, aber auch in Namibia und Russland dokumentiert ist. „Aus heutiger Sicht erinnern die Organismen an Alien“, sagt der Paläontologe Günter Bechly, der wissenschaftliche Projektleiter. Waren es Algen, Bakterienkolonien, Quallenorganismen? Man weiß nur, dass die erstaunlichen Zellstrukturen ein herrliches Leben hatten. „Es gab damals keine Räuber und Fressfeinde“, sagt Johanna Eder, die Direktorin des Naturkundemuseums, „es war das Paradies auf Erden.“

Mit Beginn des Kambriums vor 540 Millionen Jahren war es damit vorbei. Die Evolution hatte räuberische Organismen hervorgebracht, darunter Anomalocaris, ein bis zu 1,5 Meter großes Monster, das an eine Riesengarnele erinnert. Seine Opfer versuchten sich mit Schalen und Panzern zu schützen. „Es begann ein Hauen und Stechen“, sagt Johanna Eder. Bei den Jägern und den Gejagten begann ein Wettrüsten, das bis heute andauert.

In mehrerer Dioramen, das sind dreidimensionale Darstellungen von Lebensräumen, schildern die Ausstellungsmacher, wie vor etwa 400 Millionen Jahren Pflanzen das Festland eroberten und so den Weg für die ersten Landtiere frei machten. Im Karbon vor 359 bis 299 Millionen Jahren dominieren tropische Wälder, riesige Libellen schwirren durch die Luft. Im Perm, vor 299 bis 252 Millionen Jahren, entstehen weltweite Wüsten und die ersten Vorfahren der Säugetiere. Zum Ausklang des Perms markiert eine weltweite Naturkatastrophe das Ende des Erdaltertums. Nach gewaltigen Vulkanausbrüchen sterben 95 Prozent der Meeresorganismen und 75 Prozent der Landbewohner aus.

Ausstellung zum Erdaltertum

Die neue Dauerausstellung ist von Dienstag, 22. Januar, an für Besucher geöffnet.

Geöffnet sind beide Häuser von Dienstag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr.

Der Eintrittspreis im Löwentormuseum beträgt vier Euro, im Schloss Rosenstein fünf Euro. Ermäßigt sind es 2,50 und drei Euro. Familien zahlen neun beziehungsweise elf Euro.