Wand- und Dispersionsfarben sind zähflüssige Anstrichstoffe, die Anti-Schimmel-, Löse- und Konservierungsmittel enthalten. Auch die organischen Lösemittel und das Terpentinöl in Lacken sind gesundheitsschädlich und können zu allergischen Reaktionen führen. Nach dem Streichen deshalb immer gut lüften, das verringert die Raumbelastung. Foto: dpa

Experten nennen es das „Sick-Building-Syndrom“. Gemeint ist damit eine Situation, in der Menschen Krankheitsanzeichen aufweisen, wenn sie viel Zeit in einem Gebäude verbracht haben.

Stuttgart - Feinstaub, Autoabgase, Ozon, Smog: Die Luft in unseren Städten ist ein toxischer Mix. Doch nicht nur draußen ist die Luft oft regelrecht zum „Stinken“, sondern auch in den vier Wänden. Was viele nicht ahnen: Die Innenraumluft ist oft noch schädlicher als die Außenluft. Zahlreiche Studien etwa des Bundesumweltamtes haben dies in den letzten Jahren nachgewiesen.

„Sick-Building-Syndrom” – Krankes-Haus-Syndrom

Wenn Menschen unter zumeist unspezifischen Beschwerden wie tränende Augen, gereizte Schleimhäute, Kopfschmerzen oder juckende Haut leiden, kann das von längeren Aufenthalten in Gebäuden herrühren. Experten sprechen vom „Sick-Building-Syndrom” (SBS) – Krankes-Haus-Syndrom, Gebäudekrankheit. Die Ursachen sind laut Umweltbundesamt vielfach unklar.

Gefährliche Baustoffe und Alltagsgegenstände

Die neueste Untersuchung hierzu stammt von Forschern um Prashant Kumar, Professor für Umweltingenieurwesen an der britischen University of Surrey. „Wenn wir an Luftverschmutzung denken, fallen uns als erstes Autoabgase oder der Rauch von Fabriken ein“, so Kumar. „Aber es gibt eine Vielzahl von Schadstoffquellen, welche die Luftqualität in unseren Wohnungen und Büros beeinträchtigen.“ Fast alles, was in Häusern verbaut und verstaut wird, dünstet ungesunde Substanzen aus. Möbel, Bodenbeläge, Spanplatten, Tapeten, Reinigungsmittel und Klo-Steine, Pfannen und Töpfe enthalten giftige Chemikalien wie Weichmacher, Formaldehyde, Schwermetalle und Benzole. „Von Kochrückständen über Farben, Lacken und Pilzsporen – die Luft, die wir drinnen atmen, ist oft sogar stärker verschmutzt als die Luft draußen“, sagt Kumar.

„Manchmal heißt die Lösung für diese Probleme einfach: Fenster öffnen“

Einer Schätzung von 2012 zufolge trug die Luftverschmutzung innerhalb von Gebäuden weltweit zu mehr als 4,3 Millionen vorzeitigen Todesfällen bei. Schadstoffe in der Außenluft sollen dagegen für rund 3,7 Millionen Tote verantwortlich gewesen sein.

90 Prozent seiner Lebenszeit verbringt der Mensch in Wohnungen, Büros und Einkaufszentren. Dass 20 bis 30 Millionen Bundesbürger an Allergien leiden, hat seinen Grund auch in der Umgebung, in der wir leben, arbeiten, schlafen. „Manchmal heißt die Lösung für diese Probleme einfach: Fenster öffnen“, sagt Kumar. „Aber ohne das Wissen um die Belastung werden solche einfachen Maßnahmen oft nicht beachtet.“