Am Hans-im-Glück-Brunnen: Schwere Lastwagen verursachen schwere Schäden. Foto: Haar

Die tonnenschweren Laster der Lieferanten und die Baufahrzeuge ruinieren die Bodenbeläge in Stuttgart. Doch die Stadt sieht keine Notwendigkeit, Maßnahmen gegen die Verursacher der Belagschäden in der City zu ergreifen.

Stuttgart - Der Wirt vom Deli am Hans-im-Glück-Brunnen hat einen Stein ins Rollen gebracht, der sich unter Umständen zu einem Erdrutsch entwickeln könnte. Ursprünglich ging es Juan Blanco del Rio nur um seinen Platz, den er den „schönsten von ganz Stuttgart“ nennt. Dieser Platz werde durch die Flickschusterei beim Bodenbelag – so wörtlich – „vergewaltigt“. Aufgrund des Lieferverkehrs springen die Gehwegplatten, die anschließend vom Tiefbauamt entfernt werden. Die Löcher füllen Arbeiter später mit Asphalt. So entstand am Brunnen ein Mix aus Asphalt, Platten und Kopfsteinpflaster. Daher fordert Juan Blanco del Rio ein Einfahrverbot für den Lieferverkehr: „Wenn 40-Tonner über die Platten rollen, halten die das nicht aus.“ Auch der Deli-Wirt kennt die Kräfte eines Lastwagens, die so zerstörerisch wirken. Sie sind 10 000-mal so stark wie die eines normalen Autos.

Wie am Hans-im-Glück-Brunnen ist es an vielen Stellen. Überall das gleiche Bild: Ausbesserungen mit Asphalt. „In der Folge kommt das Tiefbauamt nicht mehr nach, die Schäden zu reparieren“, sagt Hannes Rockenbauch, der Fraktionsvorsitzende von SÖS/Linke-plus. Er und seine Mitstreiter wollen wissen, was die Flickschusterei kostet. Auf Anfrage dieser Zeitung nannte das Tiefbauamt die Zahl nicht.

Von der Idee des Deli-Wirts hält das Ordnungsamt wenig. Juan Blanco del Rio schlägt vor, den Platz mit Schranken abzuriegeln. Die Getränkelieferanten könnten die Waren auch auf einen Hubwagen umladen und zu den Lokalen bringen. Die Antwort des Amtes lautet erstens: „Die Zufahrten zum Platz sind teilweise bereits abgesperrt, um Rangiervorgänge zu umgehen. Normalerweise wird bei der Anlieferung nur in eine Richtung gefahren und Zu- und Abfahrt zur Steinstraße vermieden.“ Und zweitens: „Die Größe der Lieferfahrzeuge ist für die Gastronomie zudem üblich. Bei der angelieferten Ware handelt es sich nicht um Flaschen oder Kisten, sondern in der Regel um Fässer und Container. Eine Anlieferung der Ware ausschließlich mit Hubwagen ist daher unpraktikabel.“

Selbst Lieferanten widersprechen der Stadt

Auf den Hinweis, dass manche Lieferanten bereits jetzt ganze Bierfässer auf Paletten gestapelt per Hubwagen zu den Lokalen bringen, ging das Ordnungsamt nicht ein. In einer weiteren Antwort heißt es lediglich: „Die Zufahrt zum Hans-im-Glück-Brunnen ist von der Eberhardstraße mit Pollern abgesperrt. Und die Zufahrt zum Hans-im-Glück-Brunnen ist von der Steinstraße auf Fahrzeuge mit einen Gewicht von bis zu 2,8 Tonnen beschränkt.“ Doch das stimmt in der Realität nur zum Teil. Der Weg aus der Amtsstube an den Ort des Geschehens könnte für Klarheit sorgen. Denn von den drei möglichen Zufahrten zum Platz ist nur von der Nadlerstraße aus ein Verbotsschild für Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als 2,8 Tonnen montiert. An allen anderen Zufahrten über die Töpferstraße oder die beiden Möglichkeiten über die Geißstraße gibt es kein Verbot, sondern nur ein Fußgängerzonenschild.

Dennoch vermeiden manche Getränkelieferanten die Einfahrt zum Brunnen aus freien Stücken. „Wir machen das nie“, sagt ein Fahrer der Firma Filippo’s. „Wir halten an der Steinstraße, weil wir wissen, dass die Lastwagen den Belag beschädigen. Wir fahren die Waren mit der Ameise rein. Das ist kein Problem.“ Dann ergänzt der Fahrer noch: „Aber wissen Sie, nicht einmal die Stadt hält sich an das Verbot. Sie fährt mit ihren schweren Müll-Lastern da rein.“ In der Tat rollt ein Lastwagen der Abfallwirtschaft Stuttgart über die Platten, der ein zulässiges Gesamtgewicht von 26 Tonnen hat. Der Fraktion der Linken geht es aber nicht nur um die Tatsache, dass schwerer Verkehr durch die Fußgängerzonen der City rollt. Sie kritisiert auch, dass die erlaubten Zeiten nicht eingehalten werden – nämlich von 18 bis 11 Uhr. „Wenn ich nachmittags vom Kings Club zum Rathaus laufe, zähle ich bis zu 70 Lastwagen, die in der Calwer Straße, der Kronprinzstraße und auf der Königstraße stehen“, sagt die Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit (Linke). „Hier wird offensichtlich so gut wie gar nicht kontrolliert. Als Besitzerin des Kings Clubs weiß ich, dass man die Lieferanten dazu bringen kann, die Zeiten einzuhalten.“ Halding-Hoppenheit glaubt sogar, dass man die Anlieferzeiten um eine Stunde reduzieren könnte.

Rockenbauch will den Cityring mit Pollern sperren

Allein gutes Zureden oder die Einsicht mancher Lieferanten dürfte kaum etwas bewegen. Daher denkt die Fraktionsgemeinschaft darüber nach, die Zone innerhalb des Cityrings mit ausfahrbaren Pollern auszustatten. „Das wäre ein wirksames Instrument, die Lieferanten dazu zu bringen, die Zeiten einzuhalten“, sagt Hannes Rockenbauch.

Diese Maßnahmen dienten der Sicherung der Aufenthaltsqualität in den Fußgängerzonen. Zudem müsse die Stadt dafür Sorge tragen, dass beschädigte Bodenplatten schnell repariert würden, um die Gefahr von Stolperfallen für Fußgänger zu vermeiden. Auch die Fahrradfahrer seien auf verkehrssichere Wege angewiesen. „Die Stadt muss dafür Sorge tragen, dass Ursachen der Schäden bekämpft werden“, ergänzt Laura Halding-Hoppenheit.