Bleibt mir bloß weg mit Hektik und Polemik: SC Freiburg-Trainer Christian Streich setzt im Saisonfinale gegen den VfB Stuttgart auf Gelassenheit – und die Konzentration auf die eigenen Stärken Foto: Getty

Es ist so etwas wie ein Endspiel um den Klassenverbleib, doch Christian Streich, so scheint es, ist ganz entspannt. Vor dem Freiburger Gastspiel beim VfB glaubt der Coach an die Stärke des SC.

Freiburg - Nein, so richtig aus der Ruhe zu bringen ist Christian Streich in diesen Tagen nicht. Er schlafe gut, und er schlafe auch durch, sagt der Trainer des SC Freiburg vor dem Spiel beim VfB an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky). „Jeder Mensch braucht das“, ergänzt Streich und sinniert: „Ich habe das Gefühl, dass auch meine Spieler zu ihrer Ruhe finden.“

Der Kampf gegen den Abstieg in der Bundesliga, er geht in die heiße Phase, und beim Sportclub in Freiburg kommen sie also mal wieder zur Ruhe. Das ist es wohl, was diesen Verein ausmacht.

Das Zutrauen in sich selbst, die Gelassenheit auch in schweren Zeiten, die gelebte Bodenständigkeit, all das ist der SC – und all das lebt der Trainer vor. In Freiburg reden sie über gesunden Schlaf, in Hamburg oder anderswo im Zweifel eher über nächtliche Schweißausbrüche oder Albträume. Das ist er wohl, der kleine, feine Unterschied im Kampf um den Klassenverbleib.

Kühl und rational, fokussiert und klar

Ob er denn Lust verspüre, wenn er ans Spiel beim VfB am Samstag denke, wird Christian Streich gefragt. Antwort: „Ich glaube nicht, dass man da von Lust sprechen kann.“ Kurze Pause. „Es ist ein Meisterschaftsspiel gegen den Abstieg.“ Nicht mehr und nicht weniger. Ende der Diskussion.

Kühl und rational, fokussiert und klar, so will der SC das Saisonfinale angehen. Dass aus dem entspannten Streich samstags an der Seitenlinie dann aber gern der schnaubende Wüterich wird, der gefühlt gegen alles zetert, steht auf einem anderen Blatt.

Mit der Gelassenheit übrigens ist es auch schnell mal vorbei, wenn sich Streich ungerecht behandelt fühlt. So geschehen nach dem vergangenen Heimspiel gegen den FSV Mainz, das der SC zwar klar dominierte, aber mit 2:3 verlor. Streich störte sich hinterher an der aus seiner Sicht teils zu negativen Berichterstattung.

Das Spiel wurde schlechtgeredet

„Spielerisch und von der Struktur her war der Auftritt top, aber das Spiel wurde schlechtgeredet, das kenne ich so nicht in Freiburg“, sagte Streich, „wichtig ist, dass wir uns von der Polemik nicht leiten lassen und dass die Jungs wissen, was sie können.“

Merke: Wenn er die Ruhe in Freiburg gefährdet sieht, wird Christian Streich laut. Dann poltert er los wie sonst nur an der Seitenlinie – und redet seine Jungs stark. „Wenn wir das spielerische Niveau der vergangenen Wochen erreichen, bin ich mir sicher, dass wir dem VfB Paroli bieten können“, sagt der Trainer.

Dass er in Stuttgart mehr will, als nur Paroli zu bieten, spricht er nicht aus, klar ist es aber trotzdem. Der Sportclub geht im Derby auf die drei Punkte, oder, wie es Streich sagt: „Wir fahren mit einem hohen Grad an Selbstvertrauen nach Stuttgart.“

Die taktische Ausrichtung des VfB? Wurscht.

Streichs Zuversicht ist nicht unbegründet – vor der unglücklichen Niederlage gegen den FSV Mainz gab es Heimsiege gegen den FC Augsburg und den 1. FC Köln und ein Unentschieden beim FC Schalke 04, auch da war der SC Freiburg die bessere Mannschaft und verschoss sogar noch einen Elfmeter.

Das Hinspielergebnis gegen den VfB aus der Vorrunde (1:4) sei ohnehin ein Witz gewesen, ergänzt Streich: „Zur Pause hätten wir 3:0 führen müssen, und dann kontern sie uns aus, unglaublich.“

Wie der VfB am Samstag taktisch ausgerichtet sei? Völlig wurscht. „Vielleicht stellen sie sich wie im Hinspiel hinten rein und erwarten uns an der Mittellinie, vielleicht attackieren sie uns auch“, meint der Trainer. Mehr sagt er nicht. Was der Coach mit seinem Schweigen meint: Sollen sie machen, was sie wollen, wir sind gefestigt und vorbereitet.

Er will Stärke ausstrahlen

Streich gibt vor dem Derby den gelassenen Berufsoptimisten, er will Stärke ausstrahlen – und ist ganz bei sich, wenn es um die Substanz geht, die ihm der Kampf gegen den Abstieg abverlangt.

„Einen Dachdecker kostet es auch Kraft, wenn er oben auf dem Dach steht, wenn es stürmt und wenn schlechtes Wetter ist“, sinniert der Coach, „da muss er schauen, dass das Dach hält und dass er nicht runterfällt.“ Und beim SC müssen sie halt mit eben jener Mentalität auch schauen, dass sie nicht runterfallen – und nicht absteigen. So einfach und selbstverständlich ist das jedes Jahr, im ruhigen Freiburg.