Die Zentrale von Rosneft in Moskau: Rosneft ist der wichtigste Erdgas-Produzent Russlands Foto: dpa

Als Reaktion auf das russische Verhalten im Ukraine-Konflikt verschärfen die EU und die USA ihre Sanktionen gegen Moskau. Seit Freitag sind sie in Kraft. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen Ölfirmen, Rüstungsfirmen und Banken. Moskau kündigt Gegenmaßnahmen an. Ein Überblick über die Sanktionen.

Als Reaktion auf das russische Verhalten im Ukraine-Konflikt verschärfen die EU und die USA ihre Sanktionen gegen Moskau. Seit Freitag sind sie in Kraft. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen Ölfirmen, Rüstungsfirmen und Banken. Moskau kündigt Gegenmaßnahmen an. Ein Überblick über die Sanktionen.

Einreisesperren

Nachdem schon vor längerem Konto- und Einreisesperre verhängt wurde, die vor allem ostukrainische Separatisten und Meinungsführer aus der russischen Politik und Wirtschaft betrafen, werden sie ausgeweitet. 24 weitere Personen aus den Reihen der ostukrainischen Separatisten und der russische Führung erhalten eine Einreisesperre in die EU. Außerdem sind ihre Konten im Westen seit Freitag gesperrt. Zu den Betroffenen zählen unter anderem der bekannte Rechtspopulist Wladimir Schirinowski sowie Sergej Tschemesow, ein enger Vertrauter von Wladimir Putin seit dessen KGB-Zeit. Der Präsident selbst wird weiter nicht angetastet. Insgesamt sind nun 119 Personen von der EU auf eine Schwarze Liste gesetzt worden. Die Wirkung: Allzu großen Eindruck dürften diese Strafen nicht machen. Wie es heißt, hatten zahlreiche Funktionäre in den vergangenen Wochen bereits ihre Gelder nach Russland zurückgeholt.

Banken

Fünf Staatsbanken (die VTB, Gazprom-Bank, Sberbank, VEB und Rosselchosbank) werden vom europäischen Finanzmarkt ausgeschlossen. Sie dürfen weder Anleihen verkaufen noch sonstige Geschäfte mit westlichen Partnern abschließen. Von dem Verbot sind auch Geschäfte mit neuen Emissionen von mehr als 30 Tagen betroffen.

Die Wirkung: sehr groß. Die rund 800 Geldinstitute Russlands bekriegen sich untereinander. Eine gegenseitige Haftung gibt es nicht. Wer vom westlichen Markt abgeschnitten wird, kämpft ums Überleben.

Energie

Auffallend ist, dass der komplette Gas-Sektor von jeglichen Sanktionen ausgenommen bleibt, um Energielieferungen nach Europa nicht zu gefährden. Die drei großen Konzerne Rosneft, Transneft und Gazprom-Neft aber dürfen sich künftig nicht mehr am europäischen Markt refinanzieren. Westlichen Banken wurden Kredit- und Versicherungsgeschäfte mit diesen Unternehmen verboten. Bei Rosneft handelt es sich um den wichtigsten Erdgas-Produzenten Russlands und weltgrößten börsennotierten Konzern überhaupt. Das Unternehmen wurde übrigens nur deshalb so groß, weil es einst den Jukos-Konzern des späteren  Staatsfeindes Nummer Eins, Michail Chodorkowski, schluckte. Transneft besitzt das Monopol für den Betrieb des landesweiten Erdöl-Pipeline-Netzes. Bei Gazprom Neft handelt es sich um die Erdöl-Tochter des Gasriesen Gazprom.

Die Wirkung: In der jetzigen Situation tut der Doppelschlag weh. Schon seit einigen Monaten dürfen westliche Mineralölkonzerne nicht mehr in russische Firmen investieren. Nun gibt es auch kein Geld mehr von den Banken. Moskau bemüht sich, neue Investoren in Asien zu finden. Sollte das gelingen, verpufft die Wirkung.

  Rüstungsindustrie

Ohne westliche Darlehen und Absicherungen muss auch die Rüstungsbranche auskommen. Auf der Schwarzen Liste der EU stehen Oboronprom, United Aircraft Corporation und Uralwagonsawod. Das erste Unternehmen ist eine Staatsholding, unter deren Dach große Teile der Luftfahrtindustrie sowie der führende Hubschrauberhersteller Russian Helicopters  vereint sind. Der Konzern stellt auch Antriebssysteme und Flugabwehr-Raketen her. Bei United Aircraft Corporation handelt es sich um ein Konsortium, das aus mehreren Flugzeugherstellern wie Tupolew und Suchoi besteht. Sie fertigen auch den Kampfjet MiG. Außerdem sind der bekannte Maschinengewehr-Hersteller Kalaschnikow und die Firma Almas-Antej betroffen. Letztere ist für den Bau des Raketensystems BuK bekannt. Derzeit wird untersucht, ob mit einer Boden-Luft-Rakete dieses Herstellers Flug MH 17 der Malaysia (rpt. Malaysia) Airlines zum Absturz gebracht wurde. Diese Unternehmen dürfen von der EU nicht mehr mit militärisch und zivil nutzbaren Produkten (dual use) beliefert werden.

Die Wirkung: groß. Aktuell fehlt den Konzernen dadurch dringend benötigtes Kapital. Doch der Kreml will aus der Not eine Tugend machen: Die Betriebe sollen restrukturiert werden und alleine klarkommen. Das würde den europäisch-russischen Partnerschaften auf Dauer großen Schaden zufügen.

Das sagen Unternehmen und Verbände zu den Sanktionen

Das sagen Unternehmen und Verbände zu den Sanktionen

Westliche Unternehmer in Russland haben die neuen Sanktionen des Westens gegen Moskau kritisiert. Die Regierungen sollten einen Weg zur Lösung des Ukraine-Konflikts finden, ohne der Wirtschaft zu schaden, forderte die Vereinigung Europäischer Unternehmen (AEB). Der Verband sei aber weiterhin zuversichtlich, dass Russland trotz der Sanktionen ein strategischer Partner für Firmen aus Europa bleibe.

Die Maschinenbauer in Deutschland spüren die Krisenherde rund um den Globus bereits und haben ihre Wachstumsprognosen für das zweite Halbjahr deshalb nach unten korrigiert. Der Branchenverband VDMA rechnet nur noch mit einem Prozent Produktionswachstum und nicht mehr mit drei Prozent. Zu den Sorgenkindern zählt der russische Markt, der in den vergangenen Monaten um fast 20 Prozent eingebrochen ist. Der Maschinenbau ist das Zugpferd der deutschen Exporte nach Russland. Fast ein Viertel der deutschen Einfuhren in das Land sind Maschinen und Anlagen. Für Baden-Württemberg – neben Nordrhein-Westfalen das Hauptzentrum des Maschinenbaus in Deutschland – sind Verwerfungen in diesem Markt daher heikel. Mit einem Exportvolumen von etwa 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2013 ist Russland für den hiesigen Maschinenbau nach Daten des VDMA der fünftwichtigste Absatzmarkt.

Die Autobauer spüren die Krise beim Absatz, VW meldet für August in Russland einen Einbruch um knapp zwölf Prozent. Ähnlich geht es derzeit vielen anderen Herstellern. Allerdings liegt das nicht direkt an den Sanktionen, sondern der Schwäche des Markts infolge der Ukraine-Krise. Für Autobauer und Zulieferer bleibt Russland seit Jahren hinter den Wachstumserwartungen zurück. Der Anteil am Gesamtumsatz ist aber eher gering.

Der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft fürchtet, dass die Russland-Exporte weiter zurückgehen. Im ersten Halbjahr sind sie bundesweit um 15,5 Prozent eingebrochen. Auch der Außenhandelsverband BGA warnte kürzlich: „Die zahlreichen Krisenherde drücken auf die Stimmung der Unternehmer und führen zu einer wachsenden Unsicherheit“, sagte BGA-Präsident Anton F.Börner. (dpa/ker/wro/mig)