Foto: Streibel

Internationale Sandbauer buddeln auf dem Killesberg um die Wette. Ihr Thema bietet Zündstoff.

Stuttgart- Internationale Sandbauer buddeln seit zwei Wochen auf dem Killesberg um die Wette. An diesem Samstag wird der Gewinner von "Sandwelten 2010" gekürt. Doch das Thema "Mobilität der Zukunft" in Verbindung mit dem Sponsor bietet Zündstoff. Plötzlich sollen die Künstler Stellung zu Stuttgart 21 nehmen.

Zwischen Beeten und Gewächshäusern taucht im Höhenpark Killesberg ein Zaun aus Strohmatten auf. Dahinter ragen riesige Sandberge heraus. Bierzeltgarnituren sind aufgebaut, am Kiosk gibt's Eis. Sommer, Sonne, Harmonie? Von wegen.

"Ein bisschen kann ich die Leute schon verstehen, die stehen bleiben und über Stuttgart 21 schimpfen, wenn sie meinen Sand-Bahnhof sehen", räumt Martijn Smits ein. Er ist Holländer und einer der zehn Künster, die am Killesberg eine Sandskulpturenwelt entstehen lassen. "Es ist immer so, dass manche sich vor Neuem verschließen. Gerade Ältere."

Beim Kunstprojekt "Sandwelten 2010" bauen internationale Künstler, nur einer ist Deutscher, seit zwei Wochen Sandskulpturen zum Thema "Mobilität der Zukunft". Der Stuttgarter Markus Streibel ist der Veranstalter. Und einer der Hauptsponsoren des Wettbewerbs ist das Kommunikationsbüro von Stuttgart 21. Ob aber ein fünfstelliger Betrag dafür geflossen ist, wie zuvor in der Boulevardpresse berichtet worden ist, will der 42-Jährige weder bestätigen, noch dementieren. Geld kam von dort auf alle Fälle. Das Kommunikationsteam rund um Wolfgang Drexler will damit "eine neue Zielgruppe, die Jugendlichen, erreichen und für ein positives Image werben".

"Gewinnen ist hier Nebensache"

Martijn Smits kniet währenddessen vor seinem zwei Meter großen Sandwerk. Es ist unverkennbar der Stuttgarter Hauptbahnhof. Der Mercedes-Stern prangt am Gebäude, U-Bahnschächte und Menschen sind aus dem feinen Material säuberlich mit Spachtel und Pinsel herausgearbeitet. Vor dem Wettbewerb sei ihm das Stuttgarter Großprojekt kein Begriff gewesen. "Doch viele sprechen mich drauf an." Martijn Smits ist 37 Jahre alt, braun gebraunt und sieht mit der grünen Latzhose und dem Vollbart ein wenig alternativ aus. Ein bisschen so, als könnte man ihn unter den Gegner des Projekts vermuten. Aber der 37-Jährige meint: "Ich bin zwar auch ein Öko, sehe allerdings keinen Gegensatz zwischen Altem und Neuen." Seine Bahnhof-Skultur soll deshalb die verschiedenen Aspekte zusammenbringen.

Jaap Tichler, Kaputzenpulli, wildes Haar und ebenfalls einer der Sandkreateure meint zur Diskussion um Stuttgart 21 im Bezug zum Wettbewerb : "Es geht nicht um Politik, wir sind Künstler. Zum ersten Mal habe ich kurz hinter der deutschen Grenze von dem Projekt gehört". Er kommt ebenfalls aus den Niederlanden. Ein deutscher Polizist habe sein Auto auf der Herfahrt gestoppt und ihn gefragt, was er dabei habe. "Ich habe ihm dann gesagt, wo ich hin will und was ich da mache. "Ach so, Stuttgart 21", habe der Polizist gesagt. Von da an wusste Jaap Tichler, dass die Umbauaktion über Stuttgarts Grenzen hinaus für Gesprächsstoff sorgt. Seine Skulptur zeigt einen Schnellzug mit Emblem der Deutschen Bahn. Er macht eine kleine Pause und schnappt sich ein Bier. Wie wichtig ist ihm der Sieg am Samstag? "Gar nicht. Gewinnen ist hier Nebensache", sagt Jaap Tichler. Das Image sei es ihm persönlich auch.

Hätte er frei wählen können, hätte er etwas Abstraktes gebaut. Nachdem das Thema feststand, entschied sich der Sandkünstler für die ICE-Variante. Die Uhr in der Mitte habe nichts mit der Pünktlichkeit der Bahn zu tun, "sondern soll auf das hohe Tempo hinweisen". Ein Gemisch aus Lehm und Sand macht die Bauten haltbar.

Bis zum 30. September sind die Skulpturen bei trockenem Wetter täglich von 10 bis 22 Uhr zu sehen.