Samy Deluxe im Mercedes-Museum Foto: Rudel

Der Hamburger Rapper Samy Deluxe war mit seinem neuen Album im Stuttgarter Mercedes-Museum. Am 2. Mai gibt er ein weiteres Konzert im Stuttgarter Club LKA / Longhorn.

Stuttgart - „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. In meinem Fall sitze ich im Tourbus, sitze nachts in Studios, steh auf der Bühne, schlafe in Hotels“, rappt er in Windeseile ins Mikrofon und bewegt 650 Fans dazu, immerhin die letzten Worte mitzurufen. Die Hände gehen hoch, wippen im Takt, der Bass wird lauter, die Lichter dunkler, und beim Refrain steigen schließlich alle ein: „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss, doch oft weiß ein Mann nicht, was er tun muss.“ Der überwiegend aus Männern bestehende Chor erfüllt den ganzen Eingangsbereich des Mercedes-Benz-Museums, und für einen Moment vergisst man, was es in dem Raum eigentlich sonst gibt außer Samy Deluxe und seiner Musik. War da nicht noch etwas mit Autos?

Gegen 16 Uhr war es jedenfalls noch hell, und mehrere Besucher schlenderten um die alten Oldtimer, während im Eingangsbereich schon die Bühne aufgebaut wurde. Samy Deluxe ist auch schon da. Er sitzt im obersten Stockwerk, blickt nach draußen und rückt seine Sonnenbrille zurecht.

In fünf Stunden geht sein Konzert los. Seine neue Platte „Männlich“ stellt er im Rahmen der „MTV Live Session“ vor – einer Konzertreihe des Fernsehsenders MTV, bei der die Eintrittskarten nur über eine Gewinnaktion erhältlich sind. In weniger als einer Woche startet seine eigene Tour mit dem Namen „Testosteron“. Klingt ganz schön männlich, wie sein Album.

Aber was ist schon männlich? – „Das frag’ ich mich auch“, sagt er, „und ich kann es auch nicht beantworten. Ich habe das Thema nur zur Debatte gestellt.“ Rund ein Jahr hat Samy Deluxe an seinem Album „Männlich“ gearbeitet, 130 Songs dafür geschrieben, und alle befassen sich mit Männlichkeit. Für ihn war die Männlichkeit immer ein Schlagwort – laut, stark, grob, heftig seien Adjektive gewesen, die das verkörpern würden und sich in der Musik wiederfinden lassen. „Ich mach’ keine Berieselungsmusik“, erklärt er, „jeder Song zieht die Aufmerksamkeit auf sich und rechtfertigt sich für die Männlichkeit und damit auf dem Album auch zu sein.“ Laut, grob und heftig sind aber nicht nur einige Songs auf Samy Deluxes neuer Platte. Das gilt auch für seine Aktionen wie Ringen oder Pokern, die er beim Fernsehsender Dmax in sechs Folgen zum Thema „Männlich“ zeigte. Rund 18 Jahre hält sich der aus Hamburg stammende Rapper schon im Musikbusiness. Man kennt ihn aus der Zusammenarbeit mit den Absoluten Beginnern (ein Raptrio aus Hamburg) oder als zweite Hälfte von ASD, dem Hip-Hop-Projekt von ihm und dem Stuttgarter Rapper Afrob. Samy Deluxe entwickelte den Battlerap – ein Rap, der schnell ist und sich eher mit den unschönen Seiten im Leben beschäftigt – und vermischt den deutschen Hip-Hop mit anderen Musikgenres, indem er andere Musiker zu sich holt. Durch seinen Schlagzeuger Matteo Capreoli hat er beispielsweise Bezug zur Singer- und Songwriter-Musik gefunden. Wenn sie gemeinsam kochen, werfe Capreoli immer diese Musik an. Vor zwei Jahren hatte er sich sogar der Popmusik gewidmet.

Im Mercedes-Benz-Museum gibt es am Abend allerdings keinen Pop und keine Singer- und Songwriter-Musik. Lediglich der Refrain von „Traum“, seiner aktuellen Single, weist mit dem gesungenen Frauenpart einen Hauch von sanfter Popmusik auf. Ein Glück für Deluxe, denn die Fans scheinen am Abend Rap-hungrig zu sein: Wild klatschen sie, als der Rapper seinen Kollegen Afrob auf die Bühne holt und beide ihren Klassiker „Sneak Preview“ performen – bei „Weck mich auf“, seinem bekanntesten Hit, können sogar alle den Text schnell mitrappen.

„Schnelligkeit ist auch so ein Männlichkeitsding“, erzählte er noch mittags, „Männer brüsten sich gerne mit so etwas. Wer zum Beispiel am schnellsten Gitarre spielt oder am schnellsten rappen kann. Bei Frauen geht es in der Musik viel mehr um Emotionen und Ausdruck.“

Für den Sommer hat er noch eine weitere Veröffentlichung geplant. Die kommenden Konzerte sollen lang werden. „Auf der letzten Tour waren wir bei zweieinhalb Stunden“, sagt er, „es werden laute, heiße Abende, bei denen man ins Schwitzen kommt.“ Wie gut, dass das aber laut Deluxe nicht nur männlich ist, denn Frauen habe er auch schon schwitzen gesehen. Ob das wohl beide tun müssen?