Dieser Mann ist bei vielen Fans des VfB Stuttgart schon jetzt ein Held: Trainer Hannes Wolf. Foto: Pressefoto Baumann

Mit Jos Luhukay als Trainer ging der VfB Stuttgart in die Saison. Kurzzeitig übernahm dann Olaf Janßen, ehe Hannes Wolf den VfB zum Aufstieg führte. Unser Rückblick.

Stuttgart - Ein Märchen war es nicht, das der VfB Stuttgart in dieser Saison geschrieben hat – aber eine unglaublich gute Geschichte mit vielen Höhe-, wenigen Tief- und markanten Wendepunkten. Die alles entscheidende Wende war der Trainerwechsel.

Lesen Sie hier unseren ersten Teil des Saisonrückblicks

Nach dem Stotterstart unter dem wenig kommunikativen Jos Luhukay ging die Angst um, es könnte eine Saison zum Vergessen werden. Wieder. Der Niederländer hatte mit kryptischen Aussagen bei einer Pressekonferenz angedeutet, er sei zum VfB gekommen, um nicht lange bleiben zu wollen oder zu können. Und er hat sich selbst als „Kurzzeitarbeiter“ eingestuft. Nach Turbulenzen mit Sportdirektor Jan Schindelmeiser über die Wertigkeit von neuen Spielern wie Carlos Mané musste ein neuer Fußball-Lehrer her. Hämische Kommentare quer durch alle Medien durfte sich der Club anhören. Kein Wunder, nachdem der Traditionsverein seit 2001 16 Trainer verschlissen hat und man den Überblick verlieren kann, wer gerade den Jungs mit dem roten Brustring die Kunst des Kickens vermittelt.

Sehen Sie das Interview mit Hannes Wolf am Aufstiegstag im Video.

Und dann kam Hannes Wolf

Doch dann präsentierte Sportdirektor Jan Schindelmeiser am 21. September den jungen Trainer Hannes Wolf. Er legte bei seiner Vorstellung einen bemerkenswerten Auftritt hin und lieferte fußballphilosophische Thesen. Fundierte Worte, die an Thomas Tuchel erinnern. Dazu schlagfertige Sprüche, bei denen man meinen konnte, Jürgen Klopp sei hier – der Mann, der ihn einst zu Borussia Dortmund geholt hatte. Doch eine Kopie seines Mentors will er nicht sein.

Viele in Dortmund haben Wolf abgeraten, sich gleich einen so schwierigen Club wie den VfB anzutun. Zumal von ihm nichts als der sofortige Aufstieg erwartet wird. Andererseits war es auch für die Stuttgarter riskant, auf einen Mann ohne jegliche Erfahrung in den oberen Kreisen des Profifußballs zu setzen. Der 35-Jährige wurde dreimal mit Jugendmannschaften des BVB deutscher Meister, gilt in Fachkreisen als kompetenter Trainer, ausgestattet mit Überzeugungskraft. Die hat bei den als schwierig zu führen geltenden Stuttgarter Profis gegriffen.

Hannes Wolf lächelt gerne

Wolf fiel als eloquenter Kommunikator auf, der die Protagonisten sofort korrigierte, wenn sie seine Vorgaben nicht umsetzten. Ballbesitz und Tempo spielen in Wolfs Masterplan eine große Rolle. Den klaren Ansagen schiebt er meist ein freundliches Lächeln hinterher. Aber er ist nicht angetreten, um den Gute-Laune-Onkel auf dem Wasen zu geben, sondern um aus dem VfB ein Versprechen für die Zukunft zu machen.

Die erste Annäherung zwischen Mannschaft und ihrem neuen Übungsleiter endete für Stuttgart nicht mit einem Traumstart, sondern mit einer Punktlandung beim 1:1 in Bochum. Wieder einmal hatte Urgestein Christian Gentner (57.) getroffen, als er einen Flachpass von Alexandru Maxim direkt annahm. Bochums Joker Johannes Wurz verhinderte mit seinem Treffer in der 79. Minute zum 1:1 einen noch besseren Einstand für Hannes Wolf. Breitbeinig und mit durchgedrücktem Rücken stand er die meiste Zeit über aufrecht in der Coachingzone. Fast so wie Cristiano Ronaldo vor seinen Freistößen. Nur nach dem Schlusspfiff leistete er sich einen kurzen Gefühlsausbruch, als der Punkt gerettet war. Puh.

Immer wieder erlebte der VfB Rückschläge

Natürlich ist Wolf nicht ohne Rückschläge durch die Liga gewandelt – mal haben die Spieler haarsträubende Fehler gemacht, mal hat sich auch der Coach bei der Aufstellung und beim Austüfteln einer passenden Taktik verzockt.

Ein wichtiger, vielleicht sogar der entscheidende Wendepunkt war die Rückkehr aus der Winterpause, als der VfB mit fünf Siegen ins Jahr 2017 startete und alles gerichtet schien für einen entspannten Endspurt. Doch dann haben sich die Männer in Weiß-Rot doch eine Delle geleistet (wie so oft) und fünf Spiele in Serie nicht gewonnen.

Schwächephase nach Großkreutz-Abgang

„In dieser Phase haben wir nicht wieder alles infrage gestellt“, erläutert Präsident Wolfgang Dietrich im Rückblick. Es lässt sich aus heutiger Sicht trefflich darüber spekulieren, ob diese Schwächephase mit dem Abgang von Kevin Großkreutz zusammenhängen könnte. Wohl kaum. Ihm waren zuletzt regelmäßig die Gegenspieler enteilt. Dessen Nachfolger als Rechtsverteidiger war zunächst Jean Zimmer, der eher unglücklich agierte. Mehr Stabilität brachte erst Benjamin Pavard auf dieser Position.

Als Schlüsselmomente für die Wende zum Guten können die Spiele gegen Dresden (3:3), Bielefeld (3:2) und zuletzt Nürnberg (3:2) gewertet werden. Dreimal drehten die Stuttgarter in der Schlussphase mächtig auf – begleitet von den Fans und einem unbändigen Willen. Sie lagen (fast) am Boden, die Darsteller von Hannes Wolf, sind jedoch umso stärker aufgestanden. Und jetzt wollen sie möglichst lange oben bleiben.

Es gibt noch viel zu tun in Liga eins

Dafür nimmt der erfolgreiche Trainer aus der zweiten Liga jede Menge Anschauungsmaterial mit. Damit kann und muss er sich in den kommenden Wochen beschäftigen, um seine Mannschaft auf ein erstligataugliches Niveau zu heben. Bedarf an taktischen und technischen Korrekturen besteht in allen Mannschaftsteilen.

Die Integration der neuen Spieler wie Takuma Asano, Carlos Mané und Benjamin Pavard dürfte für den Trainer ebenso auf der Agenda stehen wie die Stabilisierung der immer noch nicht gefestigten Defensive. Wolf scheint stabil genug zu sein, um sich von Querschlägen außerhalb des Vereins nicht stören zu lassen.