Seit 17 Jahren ermittelt Sabine Postel als Hauptkommissarin nga Lürsen in Bremen Foto: RB TV/Pressestelle

Die „Tatort“-Gemeinde kennt Sabine Postel als kantige Kommissarin Inga Lürsen. An diesem Sonntag (ARD/20.15 Uhr) wird ihr neuster Fall ausgestrahlt: „Brüder“.

Die „Tatort“-Gemeinde kennt Sabine Postel als kantige Kommissarin Inga Lürsen. An diesem Sonntag (ARD/20.15 Uhr) wird ihr neuster Fall ausgestrahlt: „Brüder“.

Bremen - Frau Postel, Sie sind seit 17 Jahren „Tatort“-Kommissarin Inga Lürsen in Bremen. Wie sind Sie die Aufgabe damals angegangen?
Skeptisch. Ich habe überhaupt nicht mit so einer langen Laufzeit gerechnet. Damals wurde ich auserkoren, weil ich bei Radio Bremen die Vorabendserie „Nicht von schlechten Eltern“ gedreht habe. Dadurch lief ich Gefahr, die Mutter der Nation zu werden, und habe mich deshalb über die Rolle der Kommissarin gefreut. Es gab damals noch keine Frau am „Tatort“. Es gab Ulrike Folkerts, aber die hatte damals die Vorgabe, taffer als jeder Kerl sein zu müssen. Ich sollte als weibliches, intuitives Pendant eingeführt werden.
Hat Sie das gereizt?
Nee, das Frauliche interessierte mich überhaupt nicht, sondern mehr das Sperrige und das Ruppige. Das hilft, um von dem weiblich-mütterlichen Image wegzukommen. Für einen Schauspieler ist es immer toll, wenn man etwas spielt, was man selber gar nicht ist – und das hat mich natürlich enorm gereizt.
Sind Sie im wahren Leben so mutig wie Ihre TV-Kommissarin?
Ja, aber ich persönlich bin nicht mutig im körperlichen Sinne. Ich wäre keine gute Polizistin! Ich wäre schon gar keine Kriminalbeamtin, denn ich habe viel zu viele Bedenken. Ich könnte nicht nachts mit der Knarre alleine in ein Haus gehen und sagen: Mal gucken, was da los ist. Dazu habe ich viel zu viel Schiss. Aber mutig im Klartext-reden bin ich immer schon gewesen. Deswegen habe ich auch die Biografie von Inga Lürsen so ein bisschen mitstricken können.
Ist Ihnen die Figur in all den Jahren ans Herz gewachsen?
Am Anfang war mir Inga Lürsen ein bisschen fremd, weil ich ihr auch nicht so richtig getraut habe. Dann sind wir aber sehr zusammengewachsen. Das hat natürlich mit den guten Drehbüchern zu tun, dass man zu so einer Figur über die Jahre ein großes Vertrauen kriegt. Und man kriegt auch ein Gefühl für die Schwächen, die Ecken und die Kanten dieser Person.
Sind Sie sich ähnlich?
Da gibt es doch sehr viel, was uns unterscheidet. Das Realistische und das Bodenständige, das eint uns. Aber Inga Lürsen hat leider nicht den Humor, den ich ihr manchmal hätte geben wollen, was aber in unser Format auch nicht so wirklich reinpasst. Sie ist auch so ein Einzelkämpfer, stürzt sich zu 180 Prozent in ihren Job, weil sie nichts anderes im Leben hat. Sie hat eine gescheiterte Ehe. Sie hat eine verkorkste Beziehung zu ihrer Tochter. Sie hat keine Freunde, sondern nur den Rotwein und ihren Partner Stedefreund. Das ist in so einem Leben nicht viel.
Haben Sie Kontakt zu anderen „Tatort“-Ermittlern?
Dieser Kontakt ist leider nur sehr eingeschränkt, weil wir fast nie zusammen besetzt werden. Man trifft sich allenfalls mal, wenn Jubiläen sind, zu denen Talkshows gemacht werden, bei denen dann Zweidrittel von uns eingeladen werden. Oder wie zuletzt bei der Bambi-Verleihung, wo auch eine ganze Menge von uns waren. Ich finde das immer schön, weil man sich dann unterhält und, weil man auch merkt, dass das ganz ohne Eifersucht geht.
Haben Sie Favoriten unter den Kollegen?
Ich finde das Angebot ist mittlerweile so vielfältig, und es ist auch so unterschiedlich, was die Kollegen machen, dass ich mich schlecht festlegen kann. Ich finde die Münsteraner klasse, mit ihrem komödiantischen „Tatort“. Ich mag aber auch die Bayern unglaublich gerne, mit ihrer grantlerischen Art – und ich mag die Kölner. Ich gucke fast jeden Sonntag mit großer Leidenschaft und auch mit großer Sympathie den „Tatort“.
Gucken Sie auch die Bremer Folgen?
Sowieso! Immer! Das hat für mich bei der Ausstrahlung jedes Mal so ein kleines Prickeln.
Wie darf man sich das vorstellen – entspannt zu Hause, mit einem Glas Rotwein?
Rotwein ja, Entspannung nein. Ich sitze mit meinen Lieben um mich herum oder Freunden. Ich kenne den Film dann schon, weil ich ihn vorher schon zwei- oder dreimal gesehen habe. Insofern ist das für mich kein Überraschungsmoment, aber trotzdem: Wenn dieser Vorspann läuft, dann läuft mir immer noch einen kleiner Schauer über den Rücken.
Und Ihr Freund holt sich zwischendurch ein Bier.
(lächelt) Das würde er nicht wagen! Mein Freund sitzt natürlich ganz gebannt da. In den meisten Fällen ist er Erst-Gucker. Ich glaube, es würde eine Krise provozieren, wenn da einer aufstehen würde, um zu gucken, ob im Keller noch ein guter Wein ist.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr