Für die Stuttgart-21-Gegner: Grünen-Stadtrat Werner Wölfle: "Zum ersten Mal sitzt man sich persönlich gegenüber und tauscht sich nicht nur über die Medien aus. Ich erwarte vom Gegenüber, dass sie zusagen, solange die Bäume im Park nicht anzutasten, die Vergaben zu stoppen und den Südflügel nicht zu zerstören bis die inzwischen neu aufgedeckten Fakten gemeinsam bewertet und aufgearbeitet sind. Wer die Landtagswahl zur Abstimmung über das Projekt erklärt wie Bundeskanzlerin Merkel, muss sich zwingend diesem Wunsch anschließen. Wenn diese Bereitschaft geäußert wird, dann steht die Erarbeitung eines Fahrplans für öffentliche Aufarbeitung der Faktenlage auf der Tagesordnung. Wenn nicht, ist eine große Chance vertan und die Sondierung beendet." Foto: dpa

Wir haben die sechs Teilnehmer gefragt, mit welchem Ziel sie in das Gespräch gehen.

Stuttgart - Drei Befürworter und drei Gegner von Stuttgart 21 kommen am Freitag zusammen, um in einem Sondierungsgespräch auszuloten, ob man nicht doch eine gemeinsame Basis finden kann, auf der man über das derzeit wohl umstrittenste Bauprojekt Deutschlands sprechen kann. Vermittelt wurde das Treffen vom katholischen Stadtdekan Michael Brock. Er bat am Mittwoch um Verständnis, dass er sich unmittelbar vor dem Gespräch nicht mehr äußern wollte: "Es ist der Versuch, möglichst unbelastet in das Gespräch zu gehen."

Wir haben die sechs Teilnehmer gefragt, mit welchem Ziel und welchen Hoffnungen sie am Freitag in das Sondierungsgespräch gehen.

Bei dem von der katholischen Kirche in Stuttgart vermittelten Dialog sollen die Rahmenbedingungen für weitere Gespräche am Runden Tisch ausgelotet werden. Eine der Teilnehmer, der Vorsitzende der Stuttgarter Grünen-Gemeinderatsfraktion Werner Wölfle, äußerte sich schon vor dem Treffen skeptisch.

Ein Thema der Sondierung könnte der Einsatz eines Moderators sein. Stadtdekan Brock hält dies für sinnvoll, eine von allen akzeptierte Persönlichkeit dafür einzusetzen. Für die Position hatte sich bereits Schauspiel-Intendant Hasko Weber ins Gespräch gebracht.

Für die Gegner kommen der Grünen-Politiker Wölfle, Gangolf Stocker, Chef der Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart - Kein Stuttgart 21“, und Peter Conradi, ehemaliger SPD- Bundestagsabgeordneter und Stuttgarter Architekt. Für die Befürworter werden DB-Infrastrukturvorstand Volker Kefer, Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) sowie der Ministerialdirektor im Umwelt- und Verkehrsministerium Bernhard Bauer am Tisch sitzen.

Ein zuvor von Bahnchef Rüdiger Grube, Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann vorgeschlagenes Spitzengespräch zur 4,1 Milliarden teuren Tieferlegung des Hauptbahnhofes und seiner Anbindung an die Neubaustrecke nach Ulm war geplatzt. Die Gegner hatten als Signal dafür einen Stopp der Abrissarbeiten am Hauptbahnhof gefordert.

Wölfle fordert Transparenz

Wölfle, der auch Verkehrsexperte der Grünen im Landtag ist, mahnte kurz vor dem Treffen die von den Projektträgern in Aussicht gestellte völlige Transparenz an: „Es müssen endlich auch alle Informationen auf den Tisch.“ Die Chancen dafür stünden jedoch schlecht, schließlich habe Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) auf auf einen Antrag seiner Fraktion, dem Parlament alle relevanten Gutachten vorzulegen, nur unbefriedigend geantwortet.

Gönner lägen die bei Planfeststellung, Entwurfs- und Ausführungsplanung erstellten Gutachten nicht vor, zitierte Wölfle die Ministerin. Die Landesregierung sehe auch keinen Anlass, solche Fachgutachten zu Detailfragen von Bahn und Eisenbahn-Bundesamt zu erbitten. Wölfle schließt daraus, dass die Landesregierung die Expertisen gar nicht kennen will: „Diese Transparenz hat die Qualität einer schwarz angestrichenen Milchglasscheibe.“