Viele Bürger zeigten Interesse am Infoabend der Bahn. Foto: Georg Linsenmann

Bei einer Bürger-Info in der Untertürkheimer Sängerhalle gab es Neuigkeiten zu den S21-Arbeiten im Bezirk. Doch bei kritischen Punkten waren die Bahn-Vertreter zurückhaltend.

Untertürkheim - Dass die Verantwortlichen der Bahn AG die Informationsveranstaltung ernst nehmen wollten, war offensichtlich. Sonst wären sie kaum mit der Expertise von acht Hochkarätern in die Sängerhalle gekommen. Zweck der Übung war laut Alice Kaiser, der Bürgerbeauftragten der Stadt für das Bahn-Projekt Stuttgart–Ulm, „aktuelle Informationen über den Tunnelbau im Lindenschulviertel“ zu geben. Was Kaiser mit dem betonten Zusatz versah, es gehe um „allgemeine Betroffenheit und allgemeine Interessen“. Eine Bemerkung, die im Zuge der Bürgerfragen Bedeutung bekommen sollte.

Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel wiederum, die mit Kaiser zu der Veranstaltung geladen hatte, hob als Ziel hervor, hinsichtlich des Schutzes der Gesundheit der vom Tunnelvortrieb im Quartier betroffenen Bewohner und der Sicherheit von Gebäuden „Öffentlichkeit herzustellen. Ansonsten wäre das Kräftespiel zu ungleich“.

Intensität einer Autobahnfahrt

Zunächst wurde per Power-Point-Großprojektion das Projekt für den betroffenen Untertürkheimer Bereich detailliert beschrieben. Das lässt sich auch auf der Projekt-Homepage nachschauen, worauf die Bahn selbst hinwies. Wie nah der Tunnelvortrieb bereits ans Lindenschulviertel herangerückt ist, zeigte sich um 20.30 Uhr, als fünf, sechs dumpfe Schläge vernehmbar von einer aktuellen Sprengung kündeten.

Den Reigen der Fragen aus dem gut gefüllten Saal eröffnete das Thema „Masse-Feder-System“. Dieses wurde als „eine Art Estrich für die Bahn“ beschrieben, wobei eine Kunststoffmatte zwischen Tunnelsohle und dem Betonblock, auf dem die Schienen montiert werden, Geräusche dämpfen soll. Klarheit herrschte schnell bei der Frage, was an Zuggeräusch im Betrieb wahrnehmbar sein werde: „Es wird eine Intensität haben, wo Zugfahrten wahrnehmbar sind, insbesondere in der Nacht“, sagte der Immisionsschutzbeauftragte Peter Fritz. Später wurde die „Intensität“ mit einer „Autofahrt mit 100 km/h auf der Autobahn“ verglichen.

Schockierte Anwohner und wortkarge Bahn-Vertreter

Als sich ein Bewohner des Bereichs Bruckwiesenweg „schockiert“ zeigte, dass das Dämpfersystem „nach dem Lindenschulviertel aufhört“, sagte Manfred Leber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Projektes: „Wir sichern zu, dass wir uns das ganz genau anschauen. Zehn Meter zur Tunneldecke ist eine spannende Sache.“ Peter Schütz aber, als Rechtsbeistand des Projektes vorgestellt, betonte: „Wo das vorgeschrieben ist und wo nicht, das steht in der Planfeststellung. Uns ist nicht bekannt, dass Sie Einsprüche erhoben hätten.“ Worauf dem Fragesteller nurmehr der Ausruf blieb: „Sie überfordern den Bürger!“ Darauf wollte eine Dame, die bekannte, „als Bankfrau davon keine Ahnung“ zu haben, wissen, „was passiert, wenn der Tunnel acht Meter unter meinem Haus verläuft?“ Die Antwort der Projektverantwortlichen: „Hier können wir das nicht klären.“

Immer mehr übernahm der Rechtsbeistand eine Hauptrolle bei der Infoveranstaltung. Mit besonders spitzem Ohr verfolgte er Benjamin Denk, den als „Rising Star“ vorgestellten Projekt-Kommunikator, der vorne den emotionalen Draht zum Publikum suchte. Wobei ihm der Rechtsbeistand auch mal direkt in die Parade fuhr: „Die Frage beantworte ich.“ Etwa bei Entschädigungsfragen zu Gebäuden.

Möglicher Zusammenhang mit undichtem Hallenbad

Besonders spannend wurde es, als zwei Bewohnerinnen des Bereiches Bruckwiesenweg auf die Beantwortung von Fragen drängten, die das Netzwerk Wangen/Untertürkheim bereits vor drei Jahren schriftlich gestellt und mehrfach wiederholt hatte. Bis heute gibt es darauf keine Antwort. Der Hintergrund: Der Bereich ist eine alte Neckaraufschüttung, in der die Gebäude im Untergrund mit Pfählen stabilisiert werden. Den Vortrag und den Vorhalt der Nichtbeantwortung beschied Rechtsbeistand Schütz so: „Eine Planerörterung ist kein fortgesetzter Dialog.“

Bahn-Vertreter Günter Osthoff lud die Betroffenen zur Besichtigung eines Tunnelvortriebes ein: „Dort kann man das besser erklären.“ Alice Kaiser empfahl, dies „mit den Anwohnern im kleinen Kreis“ zu besprechen, womit auch die „allgemeine Betroffenheit“ ausgeklammert war. Kurz war auch die Antwort auf die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Undichtigkeiten im Hallenbad und dem Tunnelvortrieb: „Wir sind in intensiven Untersuchungen.“