Auf einer Fläche von 240 Quadratmetern entstehen die neuen Räume. Foto: Kathrin Wesely

Dem Dillmann-Gymnasium fehlen Räume, in denen Schüler ihre freien Stunden verbringen können. Die Schule will sich nun mit Fundraising selbst helfen.

S-West - Chillen heißt das Schlüsselwort. Befragt, was sie in den neuen ebenerdigen Räumen denn so anstellen möchten, war dies die durchgehende Antwort der Dillmann-Gymnasiasten, berichtet Karin Kohls vom Elternbeirat. Schule ist heute ein Ort, an dem die Kinder und Jugendlichen den ganzen Tag verbringen. Sie brauchen Aufenthalts- und Lernräume. Doch genau das kann der preisgekrönte Zweckbau der Architekten Peter Salzbrenner und Karl H. Neumann nicht bieten. Es ist ein Zweckbau – eckig, platzsparend und von pragmatischer Eleganz, 1958 errichtet, weil das alte Schulgebäude im Zweiten Weltkrieg vollständig zerbombt worden war. Die Schule besteht aus einem Verwaltungsbau und einem Klassenbau, die miteinander durch zwei Glasbrücken verbunden sind. Die Architekten wurden seinerzeit für ihre beispielhafte Schulhausarchitektur mit dem Paul-Bonatz-Preis ausgezeichnet. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, berichtet der Schulleiter Manfred Birk.

Decke fällt herunter

Und da liegt der Hase im Pfeffer: Es ist der Schulgemeinschaft nicht gestattet, jene Räume anzubauen, die heutigen Anforderungen gerecht würden. Bestenfalls kann Raum umgenutzt werden, und deshalb soll nun der ebenerdige Aufenthaltsflur zu Einzelzimmern umgebaut werden. Bislang ist der schlauchförmige Raum entlang der Hauptfront kaum mehr als ein Windfang gewesen. „Das ist ein unwirtlicher Ort“, sagt der Elternbeirat Rupert Kellermann. Der bis nach draußen führende Granitboden sorge dafür, dass sich im Winter die Kälte auch gleichmäßig im Innenraum verteile. „Außerdem ist er so uneben, dass kein Tisch, kein Stuhl gerade darauf steht.“

Die Konsequenz war, dass der Raum nicht zur Pause, sondern vornehmlich als Gerümpelkammer genutzt wurde. Nur der kleine Kiosk, in dem in der Hausmeister Vesper verkaufte, war noch in Betrieb – bis das Gesundheitsamt ihn vor ein paar Jahren aus hygienischen Gründen schloss. Saubersanieren durfte man ihn aus Gründen des Denkmalschutzes nicht.

Im Zuge der Renovierung des Gebäudes, mit der die Stadt bereits zugange ist, seitdem vor fünf Jahren ein Stück Decke heruntergefallen war, wird momentan auch der alte Pausenraum gerichtet. Die Schulgemeinschaft erkannte darin die Chance, endlich die benötigten Lern- und Chillzimmer einzurichten. Alle zusammen erarbeiteten ein Konzept, in dem der lang gestreckte Schlauch in mehrere Zimmer unterteilt wird: ein Lernzimmer mit technisch gut ausgestatteten Arbeitsplätzen, eine Bibliothek, eine Präsenzbibliothek und Ruhebereiche für jüngere Schüler und für Oberstufler. Der einstige Kiosk mit seinen knapp 14 Quadratmetern wird SMV-Zimmer.

Kritiker sprechen von „Amerikanisierung“

Bezahlen muss die Schulgemeinschaft ihre neuen Räume, die im Entwurf so schick anmuten, selbst. Die Stadt erledigt lediglich die Rohbauarbeiten, „was schon ein enormer Aufwand ist“, sagt Schulleiter Birk: Holzdecke, Leitungen, energetische Sanierung, Fenster und Türen müssen gemacht werden. „Und immer wieder gibt es unangenehme Überraschungen“. So habe man festgestellt, dass der Beton porös sei und der Stahl darunter roste.

Die Kosten für die komplette Innenausstattung taxiert die Schule auf 400.000 Euro. „Ein steiles Ziel“, räumt Birk ein. Man wolle das Projekt auch nicht auf einen Streich, sondern schrittweise umsetzen. Er ist überzeugt, dass die Schule die Summe dank Fundraising aufbringt. Letzteres sei vor allem Aufgabe der Dillmann-Stiftung, hinter der Ehemalige und Institutionen stünden. Zudem trage die Schule ihr Scherflein bei mit Adventsbasar, Kunstmarkt und Theateraufführungen. Dass dabei nicht bloß Kleckerbeträge herauskommen, belegt der Dillmanns-Sponsorenlauf zugunsten des Projekts kurz vor Schuljahresende: 25 000 Euro kamen zusammen, als Angehörige den Schülern für jede gelaufene Runde ums Schulgebäude einen selbst gewählten Betrag bezahlten. Mit den Spenden würden nun die Architekten bezahlt, damit sie in die Detailplanung gehen.

Dass die Dillmann-Schulgemeinschaft ehrgeizige Ziele tatsächlich erreicht und selbst bezahlt, hat sie in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. 2007 wurde die neue Aula eröffnet, die zugleich als Mensa dient. Die Baukosten betrugen stolze 3,5 Millionen Euro, weil der Saal unter der Erde verschwinden musste. Der Grundriss des Schulkomplexes durfte nicht verändert werden, erklärt Schulleiter Birk. „Nicht bloß die Schüler, auch die Lehrer sind heutzutage länger da.“ So habe man vor zwei Jahren das neue Lehrerhaus eingeweiht, das 250 000 Euro gekostet hat. „Ich weiß, es gibt Kritiker, die sagen, das sei die Amerikanisierung unserer Bildungslandschaft“, sagt Birk. „Aber angesichts der knappen Mittel wird das in der Zukunft immer häufiger so laufen.“