In der Gablenberger Hauptstraße im Osten sind die Leerstände nicht zu übersehen. Foto: factum/Granville

Die Schaufenster sind ausgeräumt, die Glasfronten mit Zeitungen zugehängt: In vielen Straßen in Stuttgart stehen Geschäftsräume leer. In Ost und West wollen Gewerbevereine einen langfristigen Leerstand verhindern.

S-West - Die Schaufenster sind leer geräumt, die Glasfronten teils mit Zeitungen zugehängt. Bilder, die für viele Anwohner der Innenstadtbezirke keine Seltenheit sind. In vielen Geschäftsstraßen haben sich für die Händler und Gewerbetreibenden keine Nachfolger gefunden. In Ost und West versuchen die Handels- und Gewerbevereine zu helfen, einen dauerhaften Leerstand zu verhindern. Die Chancen dafür sind zumindest in Nord, Ost, Süd und West besser geworden. Mit der neuen Vergnügungsstättenordnung können Vermieter dort nicht mehr auf potenziell solvente Mieter wie Spielhallen bauen. Leerstand rechnet sich auch langfristig nicht mehr.

Die beiden Handels- und Gewerbevereine (HGV) im Stuttgarter Osten, also der HGV Gablenberg und der HGV Stuttgart-Ost, bemühen sich seit Jahren aktiv um neue Mieter für leer stehende Geschäftsräume. Erfolgreich sind sie dabei nicht immer, wie die vergleichsweise hohe Leerstandsrate in der oberen Gablenberger Hauptstraße zeigt. Der Vorsitzende des HGV Stuttgart-Ost, Thomas Rudolph, sagt: „Ich habe sehr viel Kontakt zu den Vermietern hier im Stadtbezirk.“ Zeichneten sich Leerstände ab, riefen die Immobilieneigentümer zum Teil selbst bei ihm an und bäten um Unterstützung. Er versuche dann über das HGV-Netzwerk, Nachmieter zu finden. Einen ganz konkreten Fall gebe es gerade in der Haußmannstraße, sagt Rudolph. Jetzt zeichne sich dort eine Lösung ab.

Manchmal gehen die HGV-Verantwortlichen, egal ob in Ostheim oder in Gablenberg, auch direkt auf die Eigentümer von Immobilien zu und versuchen frühzeitig, Leerstände oder die Ansiedlung von ihrer Meinung nach nicht passenden Betrieben zu verhindern. Dabei sind sie in der Vergangenheit nicht selten auf reines Profitdenken gestoßen. Rudolph: „Vermieter geben ihre Räume gerne an Spielhallenbetreiber ab, weil sie von denen die dreifache Miete bekommen.“ Er und seine Kollegen aus Gablenberg hoffen nun, dass dem durch die neue Vergnügungsstättenverordnung ein Riegel vorgeschoben ist. Es sei schon schlimm genug, dass die viel zu vielen bestehenden Spielhallen Bestandsschutz hätten, sagen die HGV-Vorsitzenden.

Zu viel Leerstand spricht nicht für eine Straße

Schwierig sei es auch, auf den Branchenmix Einfluss zu nehmen. So sind sich sowohl die Gablenberger als auch die Ostheimer einig, dass ein Textildienstleister dem Stadtbezirk gut tun würde, sei es ein Damenoberbekleidungsgeschäft oder ein Herrenausstatter im mittleren Preissegment. Allerdings gebe der Markt das im Stadtbezirk offenbar nicht her, heißt es. Eine Möglichkeit wäre lediglich eine inhabergeführte Boutique – die es aber immer seltener gibt. Auch der nach der Insolvenz leer stehende Schlecker-Markt in Ostheim wird wohl noch eine ganze Zeit lang nicht wieder belegt, obwohl Rudolph die Ladenfläche als „schöne große Immobilie“ einschätzt. In dem Fall liegt es an der schwierigen und noch nicht geklärten Vertragssituation im Zuge der Insolvenz.

In der Schwabstraße im Westen stehen zwischen dem Bismarckplatz und der Kreuzung Rotebühlstraße derzeit gleich drei Ladenlokale leer. Ausgezogen sind ein Geschenke- und Dekorationsartikel-Laden, ein Geschäft für exotische Blumen und ein Laden für Elektrogeräte. Weiter oben an der Schwabstraße hat das Schmuckatelier Gold & Zeit geschlossen, da der Gebäudekomplex, den der Investor Ferdinand Piëch gekauft hat, kernsaniert wird.

Zu viel Leerstand spricht nicht für eine Straße und trägt nicht zum Erscheinungsbild des Einkaufsgebiets bei. Doch laut Heidi Schäfer, der Vorsitzenden des örtlichen Handels- und Gewerbevereins, stehen die Zeichen gut, dass die Räumlichkeiten bald wieder vermietet werden. „Für die Schwabstraße 36 b laufen bereits Verhandlungen und in der Schwabstraße 69 hat es zumindest schon Gespräche gegeben“, so Schäfer. Und glücklicherweise, so betont die HGV-Vorsitzende, handele es sich bei den Interessenten um Einzelhandelsgeschäfte und keine Ketten.

Geschäfte am Hölderlinplatz sind ansprechender

Dies könnte der Schwabstraße gut tun, denn allenthalben ist zu hören, dass die Qualität der Straße, auch bezogen auf die Durchmischung, im Verlauf der Zeit immer mehr nachgelassen habe. Auch Heidi Schäfer kennt diese Klagen. „Als ich selbst noch ein Modegeschäft auf der Schwabstraße hatte, haben meine Kunden gemeint, die Straße sei nicht ansprechend.“

Sie selbst hatte 30 Jahre lang bis 2003 ein Geschäft in jenen Räumen, in denen zuletzt Deko- und Geschenkartikel verkauft wurden. Hochwertige Mode habe sie früher angeboten, sagt Schäfer. So etwas findet sich dort heutzutage nicht mehr. Generell seien die Geschäfte am Hölderlinplatz ansprechender als die an der Schwabstraße. „Das hat natürlich auch mit dem Publikum zu tun.“ Die Kundschaft am Hölderlinplatz wohne zum Großteil in Halbhöhenlage. Bis in die Schwabstraße komme von dort keiner. Die Schwabstraße sei eher eine Durchgangsstraße, so Schäfer. Einen Anreiz, dort anzuhalten, gebe es kaum. Dabei geht es der HGV-Vorsitzenden nicht darum, hochpreisige Geschäfte in der Schwabstraße anzusiedeln. Ihre Kritik gilt der oftmals nachlässigen Außengestaltung. „Die Außenwirkung ist enorm wichtig“, sagt die erfahrene Geschäftsfrau, „nur so gewinne ich Laufkundschaft.“

Hilfe bei der Vermittlung von Gewerbeobjekten gibt die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt. Im Zuge des Stadtteilmanagements wurde ein sogenanntes Leerstandsmanagement in Form eines Internetportals aufgebaut, auf dem Vermieter ihre leeren Ladenflächen anbieten und Geschäftsleute ihre Gesuche inserieren können.

Ein weiteres Angebot der Wirtschaftsförderung ist das „Bespielen“ von leeren Geschäftsflächen. Regine Zinz ist dafür zuständig. Sie vermittelt leer stehende Läden für eine Zwischennutzung an Künstler und Kreative.