Die Innenarchitektin Myriam Kunz hat ihren neuen Laden in der Senefelderstraße selbstverständlich selbst gestaltet. Foto: Kathrin Wesely

Der Reiz des gedruckten Kinder- und Jugendbuchs ist trotz elektronischer Konkurrenz sehr gefragt. Zu dem Trend passt der neue Kinderbuchladen Buchstäbchen.

S-West - Das Lesen kommt nicht aus der Mode – ob die Lektüre nun digital ist oder gedruckt, sagt Caroline Roeder, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Leiterin des Zentrums für Literaturdidaktik Kinder Jugend Medien. Auch die sogenannten digital natives, die mit den neuen Medien aufwachsen, nehmen gern mal ein Buch zur Hand. „Die Kinder- und Jugendbuchliteratur boomt. Umsätze und Gewinne steigen seit Jahren“, so Roeder.

Wiedersehen mit Lurchi

Problematisch ist bei mehr als 8000 Erstauflagen jährlich eher die Qual der Wahl unter den Kinder- und Jugendbüchern. Hier will Myriam Kunz mit ihrem neuen Kinderbuchladen „Buchstäbchen“ weiterhelfen. Sie möchte ihre Kunden beraten und sie selbst sehen und anfassen lassen, was es an schön gemachten Kinderbüchern auf dem Markt gibt. Für Unschlüssige hat Kunz eine Empfehlungsliste mit Buchtiteln erstellt. Pädagogikprofessorin Caroline Roeder rät Eltern ferner, bei der Suche nach geeigneten Büchern die Liste der deutschen Jugendliteraturpreisträger durchzusehen und dabei auch einen Blick auf die zugehörige Nominierungsliste zu werfen. Allerdings, sagt Roeder, soll man Kinder und Jugendliche auch ruhig mal selbst aussuchen lassen. „Keine Sorge: Selbst wenn sie nur Unterhaltungsliteratur lesen, schadet ihnen dass nicht. Ich habe früher auch ‚Fünf Freunde‘ gelesen und bin Professorin geworden.“

Myriam Kunz sagt, in den den großen Buchhandlungen der Stadt habe sie sich immer verloren gefühlt, wenn sie auf der Suche nach Literatur für ihre beiden Kinder war. Oft habe sie auch die Klassiker vermisst, mit denen sie selbst groß geworden ist und deren Bilder sich ihr unauslöschlich eingeprägt haben: „Wo die wilden Kerle wohnen“, „Lurchi“, „Onkel Tobi“. „Diese Bücher stehen nicht so in den Buchläden, obwohl die Verlage sie noch im Programm haben.“ Ihr Kinderbuchladen in der Senefelderstraße will den Klassikern von Eric Carle, Maurice Bernard Sendak, Janosch und Co. ein dauerhaftes Zuhause bieten.

Sinnliche Seiten

Dabei geht es Myriam Kunz nicht bloß um die Geschichten in den Büchern, sondern auch um die Ästhetik und die sinnliche Präsenz der Bücher. Die studierte Innenarchitektin ist überzeugt, dass Kinder auch in der Zukunft anspruchsvoll gestaltete Bücher lieben werden und durch sie das Lesen schätzen lernen. Den Sprung in eine andere Branche betrachtet sie nicht als Bruch mit ihrer bisherigen Arbeit, sondern bestenfalls als Modifikation: „Ich bin Vollblutgestalter – ob es um Räume geht oder um Bücher.“ Die fehlende Buchhändlerausbildung versucht Myriam Kunz durch Lektüre, Recherche, Messe- und Verlagsbesuche wett zu machen.

Im „Buchstäbchen“ werden neben Büchern Papierkunstwerke und Spiele verkauft und es wird Lesungen, Ausstellungen und Workshops geben, die Kinder für die Schönheit von Büchern, Druckkunst, Typografie und Papier begeistern sollen. „Wir wollen nicht nur Bücher verkaufen, sondern ein Ort sein, an dem Kinder und Eltern auf allen sinnlichen Ebenen in die Welt der Fantasie reisen können“, sagt Myriam Kunz.