Der Vermieter will in dem Laden Büros Foto: Elke Rutschmann

Der kleine Supermarkt schließt, die anderen Einzelhändler fürchten nun einem Dominoeffekt.

S-Ost - Auf der Terrasse bei der Konditorei Hummel am Bubenbad genießen die Kunden bei einem Stück Torte oder einem deftigen Zwiebelkuchen den Altweibersommer. Nebenan in der Apotheke bildet sich gerade eine kleine Schlange und auch beim Metzger um die Ecke herrscht Betrieb. Doch die Dorfidylle in Stuttgarts Osten trügt. Sabine und Dirk Hummel sind besorgt seit feststeht, dass der kleine Supermarkt von Thomas Hummel, dem Bruder von Dirk, zum 23. Dezember schließt. „Die erste Reaktion meines Mannes war: dann sind wir wohl die nächsten“, sagt Sabine Hummel.

Alles, was man zum Leben braucht

Vermieter Günter Gustrau hat den Mietvertrag gekündigt und will nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen samt Brandschutz aus der 200 Quadratmeter großen Fläche Büros machen, für die sich höhere Mietpreise aufrufen lassen. Martin Körner, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stuttgarter Gemeinderat, hat dem Inhaber und dessen Sohn nach einem Gespräch mit Vertretern der Städtischen Wirtschaftsförderung mehrere Modelle aufgezeigt, wie eine Schließung abzuwenden oder ein anderer Betreiber den Laden übernehmen könnte. Doch die Besitzer blieben hart. Der Supermarkt ist also bald Geschichte. Dabei haben die Eltern von Gustraus verstorbener Frau vor 60 Jahren den Laden selbst gegründet, der damals Golze hieß.

Kürzlich hat schon die LBBW ihre Filiale gegenüber geschlossen. Und jetzt befürchten die anderen Einzelhändler einen Dominoeffekt: Wer künftig auf die Supermärkte in Gablenberg oder am Olgaeck ausweicht, wird auch nicht mehr extra die Bäckerei oder den Metzger auf der Gänsheide aufsuchen. Bislang findet man in Hummels Geschäft alles, was man zum Leben braucht. „Ich mache mir schon Gedanken, aber Angst habe ich nicht“, sagt Chrisso Makri von der Metzgerei am Bubenbad. Sie überlegt, ihr Sortiment an Milchprodukten zu erweitern und zweimal die Woche Obst und Gemüse anzubieten, um vor allem den älteren Bewohnern auf der Gänsheide einen Service zu bieten. Bei Sabine Hummel gibt es jetzt auch Mehl, Zucker, Kaffee und Milch. „Aber natürlich kann das alles das Angebot eines Supermarkts nicht ausgleichen“, sagt Sabine Hummel. Vor fünf Jahren haben sie ihre Konditorei um ein Café erweitert und seit Sommer gibt es auch eine neue Theke mit selbst gemachtem Eis. Doch diese Investitionen hätten sich bislang nicht gerechnet.

Gute Kaufkraft

Die Hummels sind derzeit in Gesprächen mit der LBBW, um vor ihrer Konditorei einen Geldautomaten aufzustellen, der wieder mehr Kundenbindung bringen könnte. „Wir würden es machen, wenn wir den passenden Standort finden“, sagt Sabine Hummel. Davon würden alle Geschäfte auf der Gänsheide profitieren. Auch Jürgen Stetter. Der Apotheker profitiert noch von den umliegenden Arztpraxen. „Aber für meine ältere Kundschaft ist es schlimm, dass es den Gänsheidemarkt bald nicht mehr gibt“, sagt Stetter.

Bestürzt reagiert auch Tanja Reisser auf die Schließung, die ihrer Schwester Gabi Reisinger den Conzept-Store Halbhöhenlage betreibt. „Das ist schade für die Gegend, weil sich bei der Kaufkraft hier doch eigentlich was entwickeln könnte“, sagt Reisser. Man müsse es aber auch wollen.

Thomas Hummel hat nicht nur die Entscheidung des Vermieters zugesetzt. Sein Laden war zuletzt nicht wirklich rentabel. Er kämpft seit Längerem ums Überleben. Es liegt jetzt auch an den Verbrauchern, dass es nicht vorbei sein muss mit der kleinen aber feinen Infrastruktur auf der Gänsheide. Sie müssen die verbliebenen Geschäfte nur weiter unterstützen.