Städte- und Gemeindetag werben für Projekt Stuttgart 21 - Demos und Gegendemos.

Stuttgart - Am Sonntag hat das Aktionsbündnis der Stuttgart-21-Gegner nach der ersten Sondierung sein Nein zu weiteren Gesprächen mit Bahn, Land und Stadt erklärt. Deren Vertreter reagierten am Montag enttäuscht auf die Absage.

Man habe sich aufeinander zubewegt. Expertenrunden sollten Argumente von Gegnern und Befürwortern des neuen Tiefbahnhofs und der Strecke bis Wendlingen öffentlich überprüfen, teilten OB Wolfgang Schuster, Bahn-Vorstand Volker Kefer und Bernhard Bauer, Verwaltungschef des Umwelt- und Verkehrsministeriums, mit. Nur über den Dialog lasse sich die emotional geführte Debatte "versachlichen".

Auch Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) bedauerte die Absage. Er hob hervor, dass es bei der Gestaltung der neuen Innenstadt, die von 2020 an auf den alten Bahnflächen entstehen soll, viele Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung geben werde. "Die Gutwilligen unter den Demonstranten haben sicher ein Interesse daran, sich konstruktiv in diesen Prozess einzubringen", so Mappus.

Gangolf Stocker, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, hatte die Absage am Sonntag gegenüber unserer Zeitung mit der Weigerung der Bahn, einen Baustopp zu verfügen, begründet. Am Montag erhielt Stocker Unterstützung von prominenter Seite. Der frühere Daimler-Chef Edzard Reuter forderte im Berliner "Tagesspiegel" ebenfalls einen Baustopp. Mindestens ein oder zwei Monate solle dieser dauern.

Der frühere Bahn-Chef Heinz Dürr wandte sich gegen einen Baustopp. Protestlern wie den Grünen gehe es gar nicht um den Bahnhof, sondern um die Macht, sagte er der "taz". Dürr weiter: "Die Bahn überlebt, wenn Stuttgart 21 nicht gebaut wird. Aber Stuttgart bleibt dann eben eine Provinzstadt ohne Potenzial." Dürr war vor kurzem von Stuttgart nach Berlin gezogen.

Befürworter sollen verstärkt auf die Straße

Am Montagabend gingen vor dem inzwischen abgerissenen Nordflügel erneut Tausende Demonstranten gegen Stuttgart 21 in Position. Die Veranstalter sprachen von 18.500 Teilnehmern, die Polizei schätzte 8000. Viele zogen anschließend zum Marktplatz, um vor dem Rathaus zu demonstrieren.

Die Befürworter der von der Bahn mit 3,1 Milliarden Euro Baukosten veranschlagten neuen Infrastruktur wollen die Unterstützer verstärkt auf die Straße bringen. Der CDU-Stadtverband Herrenberg bietet für Donnerstag eine kostenlose Busfahrt für bis zu 78 Mitglieder zu einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Markplatz an. Die Gegner wollen am 26. Oktober in Berlin gegen Stuttgart 21 demonstrieren. Die Fahrt im Nachtzug von Stuttgart aus kostet 95 Euro.

Der Städtetag und der Gemeindetag Baden-Württemberg verschickten an alle Mitgliedskommunen ein sechsseitiges Informationsschreiben, in dem für Stuttgart 21 geworben wird. Ziel sei, dass die Handreichung in vielen Gemeindeblättern Niederschlag finde, sagt Städtetags-Sprecher Manfred Stehle. Die Verteilung hätten der Vorstand des Städtetags und das Präsidium des Gemeindetags gemeinsam beschlossen.

Im Regionalverband soll die Vollversammlung am Mittwoch über zwei Anträge abstimmen. Die Grünen fordern ein Moratorium. "Die Bürger der Region haben ein Anrecht darauf, in Ruhe über die langsam durchsickernden Fakten zu diskutieren", begründet André Reichel den Antrag. CDU, FDP und Freie Wähler halten dagegen. Sie wollen ein "nachdrückliches Bekenntnis" für Stuttgart 21 ablegen.