Die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow (links) und John Kerry, sind weiter voneinander entfernt denn je Foto: dpa

Vor der möglichen Entscheidungsschlacht in Syrien zeigt Russland eine größere militärische Präsenz in der Region – sogar mit einem Flugzeugträger im Mittelmeer. Demnach wächst die Zuversicht des Assad-Verbündeten, die Rebellen bald zu besiegen.

Moskau - Die Geduld sei nicht unbegrenzt, ließen gleich mehrere westliche Außenminister Russland bei den Vereinten Nationen wissen. Adressat war Moskau. Gemeint waren die Dauerbombardements der letzten Tage mit zahlreichen zivilen Opfern. Allein in Aleppo sollen Sonntag erneut mindestens 14 Menschen getötet worden sein, darunter zwei Kinder. Washingtons UN-Botschafterin Samantha Power forderte Beweise dafür, dass es Moskau ernst sei mit Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Syrien-Konflikts.

Die Sprecherin des russischen Außenamts, Maria Sacharowa, keilte umgehend zurück: „Wer von Russland Beweise für seinen Friedenswillen fordert, soll erst mal selbst beweisen, dass er kein Aggressor in Bezug auf Länder der Region ist“, sagte sie der Agentur Interfax zufolge. Bis jetzt zeige die Geschichte das Gegenteil.

Rückzugsankündigung ein Täuschungsmanöver?

Die neuerliche Eskalation nach dem Scheitern der von Russland und den USA gemeinsam erzwungenen Waffenruhe deute darauf hin, dass Machthaber Baschar al-Assad und dessen Paten in Moskau der Auffassung sind, den Krieg, der bereits fünfeinhalb Jahre tobt und bisher über 300 000 Menschenleben gefordert hat, militärisch gewinnen zu können, glauben kritische russische Militärexperten. Aleppo sei der strategisch wichtigste Frontabschnitt, die Eroberung der Stadt könnte zum Wendepunkt im Bürgerkrieg werden. Das wüsste auch die westliche Antiterror-Koalition. Sowohl sie als auch Assad und das verbündete Russland würden daher ihre militärische Präsenz massiv aufstocken.

In der Tat: Zwar hatte Präsident Wladimir Putin im Februar den Rückzug des russischen Hauptkontingents angekündigt, sich dabei jedoch die Option offengelassen, im Bedarfsfall nicht nur den Status quo wiederherzustellen, sondern aufzustocken. Dieser Fall ist offenbar eingetreten. Die „Nesawissimaja Gaseta“ hat die kürzlich von der Zentralen Wahlkommission in Moskau veröffentlichten Daten zur Beteiligung an den Dumawahlen am vorvergangenen Sonntag ausgewertet. Demzufolge haben allein auf der russischen Luftwaffenbasis Cheimin mehr als 4000 Soldaten abgestimmt. Das sind erheblich mehr, als Moskau nach eigener Darstellung auf dem Höhepunkt der Luftoperation in Syrien im Herbst 2015 insgesamt vor Ort hatte.

Beeindruckende Marinepräsenz

Beeindruckend ist auch Moskaus Marinepräsenz. Verteidigungsminister Sergei Schoygu sprach von sechs Kampfschiffen und drei bis vier Versorgungsschiffen vor der syrischen Küste. Allein auf dem schweren Flugzeugträger Admiral Kusnezow seien 20 Jagdbomber unterschiedlicher Typen und 15 Kampfhubschrauber stationiert. Der Kreuzer sei mit hochmodernen Luftabwehrsystemen, Raketenwerfern und Systemen bestückt, die die Elektronik des Gegners außer Gefecht setzen können.

Die Admiral Kusnezow ist bis jetzt Russlands einziger Flugzeugträger. Sie wurde schon 1991 in Dienst gestellt und nahm an zahlreichen Manövern teil. Jetzt wird sie unter realen Gefechtsbedingungen getestet. Dazu wurde sie aus der Nordmeerflotte ausgegliedert. Wie deren Ex-Oberkommandierender Wjatscheslaw Popow Medien sagte, solle die Admiral Kusnezow im östlichen Mittelmeer „vielfältige Aufgaben“ erfüllen: Raketenschläge gegen ausgewählte Ziele, Aufklärung und Schutz vor U-Boot-Angriffen. Zwar verfügen die Terrormilizen – Islamischer Staat und Konsorten – über keine U-Boote, aber je stärker Russland im östlichen Mittelmeer präsent ist, glaubt der Admiral a. D., desto größer die Chancen für Frieden im Nahen Osten.