Facebook will in Zukunft genauer hinsehen – und auch seinen Nutzern die Möglichkeit bieten, möglicher Propaganda auf die Schliche zu kommen. Foto: dpa

Facebook gibt dem öffentlichen Druck nach. Nutzer des Netzwerkes sollen nun eine mögliche Beeinflussung durch russische Propaganda nachprüfen können. Auch Google reagiert.

Stuttgart - Ungewöhnliche Töne von Facebook. Ließ der Internet-Gigant bisher die meiste Kritik an sich abtropfen, scheint er nun in der Defensive. Unter dem Druck des US-Kongresses will Facebook bis Jahresende eine Software anbieten, mit der Nutzer ihre mögliche Beeinflussung durch russische Propaganda nachvollziehen kann. Wie Facebook in San Francisco mitteilte, sollen Nutzer mit dem Programm zurückverfolgen können, ob sie zwischen Januar 2015 und August 2016 auf Inhalte der Internet Research Agency auf Facebook oder dessen Bilderdienst Instagram stießen.

Bedrohung durch Troll-Fabriken

Die Internet Research Agency ist ein russisches Unternehmen und als so genannte Troll-Farm bekannt. Sie gilt unter anderem als Urheberin von russischer Propaganda, die auch der Beeinflussung der US-Präsidentenwahl im November 2016 diente.

„Es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, wie ausländische Akteure versuchten, Zwietracht und Misstrauen zu säen, indem sie vor und nach der US-Wahl 2016 Facebook nutzten“, schreibt Facebook in einem Blog-Eintrag. Das Unternehmen hat weltweit rund zwei Milliarden aktive Nutzer.

Facebooks radikale Wende

Diese Aussage des Online-Netzwerkes kommt einer radikalen Wende in der Firmenpolitik gleich. Nach dem Sieg Donald Trumps bei der Präsidentenwahl wurden Vermutungen laut, Russland könnte sich über die sozialen Netzwerke in den Wahlkampf eingemischt haben. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte solche Aussagen immer wieder weit von sich gewiesen und sie als „ziemlich verrückte Idee“ abgetan.

Nun hat er seinen Widerstand aufgegeben – aber erst, nachdem der US-Kongress Facebook und andere Internetriesen aufgefordert hatte, ihre Nutzer über ihre mögliche Beeinflussung durch russische Propaganda im Zuge der US-Wahl zu informieren. Zuvor hatte sich Facebook-Jurist Colin Stretch bei einer Anhörung im US-Kongress überaus unangenehmen Fragen stellen müssen. Nach Angaben des Unternehmens waren schätzungsweise 126 Millionen US-Nutzer mit russischen Propaganda-Inhalten auf Facebook konfrontiert und weitere rund 20 Millionen US-Nutzer im Bilderdienst Instagram.

Auch Google reagiert auf die Vorwürfe

Neben Facebook hat auch Google auf Vorkommnisse reagiert. Eric Schmidt, Vorsitzender von Googles Mutterkonzern Alphabet, kündigte an, Maßnahmen gegen russische Nachrichtenseiten wie „RT“ (Russia Today) oder „Sputnik“ einzuleiten. „RT“ wird in einer Untersuchung von US-Behörden ganz offen als „internationaler Propagandakanal des Kremls“ bezeichnet.

Als Reaktion darauf hat Google nun angedroht, beide Nachrichtenseiten in der Liste der Suchergebnisse herunterzustufen. Das klingt wenig bedrohlich, hat aber weitreichende Folgen. Auf diese Weise sinkt die Reichweite der Seiten und damit auch Werbeeinnahmen.

Russland reagiert sehr gereizt

Die russische Seite will solche Maßnahmen natürlich nicht unkommentiert lassen. Alexander Zharov von Russlands Medienaufsicht Roskomnadzor drohte nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters: „Natürlich werden wir unsere Medien verteidigen.“ Er spricht den Verantwortlichen von Google „Verstand und Logik“ ab und bezeichnet die Pläne als eine „Form von Zensur“.

Die Internet-Unternehmen reagieren offenbar auf die immer lauter werdende Kritik aus der Gesellschaft, die bei Facebook oder Google zu einem zunehmenden Glaubwürdigkeitsproblem führt. Gleichzeitig wollen sie wohl verhindern, dass die US-Regierung schärfere Gesetze auf den Weg bringt, um die Plattformen zu regulieren. Mit ihrem Vorgehen demonstrieren sie, dass sie gegen die Beeinflussung der öffentlichen Meinung vorgehen.

Bereits Anfang November hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg anlässlich der Veröffentlichung von Quartalszahlen erklärt, Facebook meine „es ernst damit, Missbrauch auf unseren Plattformen zu verhindern.“ Es mache ihn wütend, dass Russland das Netzwerk benutzt habe, um Zwist zu säen.