Lässt Dopingvorwurf nicht gelten: Meldonium-Nutzerin Julija Efimowa Foto: dpa

Der Schwimm-Weltverband Fina führt die angeblich harte Anti-Doping-Linie von IOC-Boss Bach und DOSB-Chef Hörmann ad absurdum.

Stuttgart - Wer wissen will, wie es um die Ernsthaftigkeit des Schwimm-Weltverbandes Fina im Kampf gegen Doping bestellt ist, der sei an Cornel Marculescu verwiesen. Bei der an nachgewiesenen Fällen gewiss nicht armen WM 2015 in Kasan beantwortete der Generalsekretär die Frage nach der Anzahl der rund um die Wettkämpfe vorgenommenen Dopingtests mit „3000“. Auf den Einwand, das seien aber viele bei 2500 Athleten, relativierte er: „Vielleicht sind es auch nur 300.“ Ein Telefonat brachte schließlich Licht ins Dunkel: Rund 1000 waren es. So wichtig ist das Thema den Zuständigen also.

Unter diesen Umständen erscheint es wie schiere Fahrlässigkeit, dass IOC-Präsident Thomas Bach die Überprüfung und Zulassung der von Staatsdoping ummäntelten russischen Sportler zu den Spielen in Rio den Weltfachverbänden übertragen hat. Wer seit Jahren seine kriminelle Energie in verbotene Starthilfe steckt und ohne Skrupel deren Vertuschung betreibt, dem dürfte wenig an Aufklärung gelegen sein.

Thomas Bach: „Latte für Teilnahme in Rio sehr hoch gelegt“

Schon lange vertreten Dopingexperten die Ansicht, jeder Sport habe seine eigene Droge. Manche Sportarten indes sind drogenversuchter als andere, zu den schlimmen Fällen zählen neben Leichtathleten auch Schwimmer. So gesehen führt es in die Irre, wenn Thomas Bach die Verpflichtung der Fachverbände zur Überprüfung der Rio-Starter als „Schutz der sauberen Athleten“ deklariert und behauptet: „Wir haben die Latte für die Teilnahme sehr hoch gelegt.“ Oder wenn Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, pflichtschuldig behauptet: „Die Nulltoleranzpolitik geht weiter. Wir gehen von einem russischen Rumpfteam aus.“

Hörmann spricht von 30 bis 40 Sportlern, nun werden es 250 bis 300. Allein das russische Schwimmteam besteht trotz sieben Sperren, unter ihnen die Weltmeisterin Julija Jefimowa sowie die beiden im McLaren-Report der Welt-Anti-Doping-Agentur genannten Nikita Lobinzew und Wladimir Morosow, noch immer aus 30 Aktiven. Von den anderen, teilweise in Mannschaftsstärke (Handball, Volleyball, Wasserball) anrückenden Russen ganz zu schweigen. Was Insider wie Bundestrainer Henning Lambertz schier verzweifeln lässt. „Wenn alle Fakten für ein von staatlichen Stellen toleriertes flächendeckendes Doping im russischen Schwimmen“ stimmten, „kann ich nur befürworten, eine ganze Nation zu sperren, wie es das Regelwerk der Fina vorsieht.“ Es kam anders.

Schwimm-Weltverband und seine Nähe zu Wladimir Putin

Das ist kaum verwunderlich, nachdem Fina-Präsident Julio Maglione (79) unbedingt Russlands Staatschef Wladimir Putin den höchsten Fina-Orden verleihen musste. Schon früher stand die Fina im Zusammenhang mit Doping und Russland in der Kritik. 2015 hätte Kasan wegen zu vieler russischer Dopingfälle nicht WM-Gastgeber sein dürfen. Im Vorfeld waren 21 Schwimmer des Dopings überführt worden, die Hälfte von ihnen war minderjährig.

Die seither ertappten Sünder beteuern mit treuem Blick ihre Unschuld. Die suspendierten Nikita Lobinzew und Wladimir Morosow seien keines Dopingvergehens überführt, behauptet Cheftrainer Sergej Kolmogorow. Lobinzew sei eine Meldonium-Einnahme nachgewiesen worden, aber mit angeblich unerheblichen Werten.

Die Brustschwimmerin Jefimowa konnte bei der Heim-WM in Kasan nur starten, weil sie eine 16-monatige anstelle der üblichen zweijährigen Dopingsperre erhielt. Nach einem positiven Meldonium-Befund ist sie erneut suspendiert – wogegen sie vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas klagen will: „Ich weise den Vorwurf des Dopings kategorisch von mir.“ Sie habe das Herzmedikament einzig aus medizinischen Gründen genommen, beteuert sie.