Putin (Mitte) mit Bikern auf der Krim. Rechts daneben Nachtwölfe-Chef Saldostanow Foto: DPA

Die Nachtwölfe, russische Rocker, die Putin nahe stehen, wollen Ende April an den Sieg der Sowjets über den Faschismus vor 70 Jahren erinnern. Dagegen regt sich Widerstand in Polen.

Stuttgart/Warschau - Mehr als 10 000 Polen laufen in sozialen Netzwerken dagegen Sturm, dass die russischen Nachtwölfe, ein Biker-Club, der als Russlands Hells Angels gilt, quer durch Polen fahren will.

Die russischen Motorradfahrer planen, das sagte Nachtwölfe-Präsident Alexander „der Chirurg“ Saldostanow in der russischen Presse, eine Motorradfahrt, um an den 70. Jahrestag des sowjetischen Sieges über den Hitler-Faschismus zu erinnern.

Am 25. April soll die 6000 Kilometer lange Tour losgehen: über Moskau, Minsk und Brest in Weißrussland, Wroclaw (Breslau) in Polen, Brno (Brünn) und Prag in Tschechien, Bratislava in der Slowakei, Wien, München, Torgau und Karlshorst. Am 9. Mai schließlich wollen sie in Berlin ankommen. Dort wissen die Behörden allerdings nichts von derartigen Plänen. „Es liegt keine Anmeldung vor“, sagt eine Sprecherin des Innensenators auf Anfrage unserer Zeitung.

An der Biker-Tour, die vom russischen Verband für Motorradtourismus organisiert wird, wollen offenbar mehrere russische Motorradklubs teilnehmen. Der Verband bestritt aber, dass die Fahrt politischer Natur sei. Doch es ist die bekannte Verbindung der Nachtwölfe zum russischen Präsidenten, die viele Polen in Wallung bringt.

Einige polnische Zeitungen druckten am Dienstag Bilder von Putin auf einem Trike, , wie er 2010 auf der Krim auf einer Dreirad-Harley mit den Nachtwölfen unterwegs war. Die Rocker unterstützten die Rufe, die Halbinsel nach Russland „zurückzuholen“ – was 2014 in die Tat umgesetzt wurde.

Eine polnische Facebook-Seite, die zum Widerstand gegen die Russen aufruft, trägt den Titel „Nein zur Fahrt der russischen Banditen durch Polen“. Jarek Podworski, ein Biker-Aktivist aus Krakau, sagte gegenüber dem britischen Sender BBC, die Putin-Biker unterstützten auch die russisch versorgten Separatisten in der Ostukraine. „Ist diese Fahrt durch Polen eine Warnung an die Polen oder auch der Anfang einer russischen Aggression?“ steht auf der Facebook-Seite. Marcin Rey, ein anderer polnischer Aktivist betont: „Saldostanow sagte: ,Wo immer wir hinkommen, kommt auch Russland hin!’ Wir wollen nicht, dass die grünen Männer des Hybridkrieges auf diese Typen folgen“, meint Rey in Anspielung auf die russischen Soldaten, die im vergangenen Jahr die Krim an sich rissen. In einer Blitzumfrage für den Fernsehsender TVN sagten 52 Prozent der Befragten, sie seien gegen die Fahrt der Russen durch Polen.

Aktivist Rey erklärt, man sei auch mit gleichgesinnten Bikern in Tschechien, Weißrussland und Deutschland im Gespräch, um eine gemeinsame Abwehrfront zu organisieren. Er betont auch, man wolle sich den Nachtwölfen nicht gewaltsam entgegenstellen. „Von jeder Art der physischen Konfrontation raten wir stark ab. Und wir machen uns Sorgen, weil viele in Polen derartige Taten im Kopf haben, obwohl wir die Gefühle verstehen“, sagt Rey. Er habe mitbekommen, dass Fußball-Hooligans darüber diskutierten, die Russen anzugreifen.

Auch Polens Regierungschefin Ewa Kopacz betrachtet die geplante Fahrt der Nachtwölfe durch Polen als Provokation. Die Entscheidung, ob die Motorradfahrer die polnische Grenze überqueren dürften, werde von den zuständigen Beamten vor Ort entschieden, sagte sie am Mittwoch im Rundfunksender TOK FM. Sollten die russischen Motorradfahrer in irgendeiner Weise die Sicherheit gefährden oder Polen beleidigen, gebe es Gesetze, betonte Kopacz. Bei der Kabinettssitzung am Dienstag habe sie erfahren, dass die Führer des Klubs kein deutsches Visum beantragt hätten. Ob andere Motorradfahrer ein Schengen-Visum für die Einreise in die EU hätten, sei nicht bekannt.

Der linke Oppositionspolitiker Leszek Miller, ein früherer Kommunist, erinnerte indes an die geplante Tour polnischer Kradfahrer ins westrussische Katyn, um an 21000 1940 von der russischen Geheimpolizei getötete Polen zu erinnern. „Sollte Polen Einreisebeschränkungen beschließen, könnten die Russen unseren Motorradfahrern, die nach Katyn wollen, dasselbe antun.“