Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) will säumige Zahler für die Rundfunkgebühren ausfindig machen. Dazu sollen ab 2013 auch die Eigentümer von Mietwohnungen mit Informationen beitragen. Vermieter wie Mieterverbände bewerten dies als unverhältnismäßig und als Datenmissbrauch Foto: 34098797

Paragraf im künftigen Rundfunkstaatsvertrag sorgt für Unmut: Datenherausgabe soll erzwungen werden.

Stuttgart - Wenn Schleswig-Holstein am 15. Dezember mit Ja stimmt, wird es ernst. Denn sollte das letzte noch fehlende Bundesland dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen, tritt dieser ab 2013 in Kraft.

Vor allem ein ganz bestimmter Paragraf verursacht schon heute gewaltige Störungen: Demnach sollen künftig Vermieter oder Verwalter als Informant für die GEZ herhalten und der Behörde umfangreiche Angaben über die Mieter machen. So sollen die Immobilieneigentümer nicht nur den Namen und das Geburtsdatum an die Behörde weitergeben, sondern auch frühere Namen, alle vorhandenen Angaben zur Lage der Wohnung, den Beginn des Mietverhältnisses sowie die Gründe dafür, weshalb sie die Bleibe abgemeldet haben. „Bei Wohnungseigentumsgemeinschaften kann die Auskunft auch vom Verwalter verlangt werden“, heißt es im Vertrag. Sperren sich Hauseigentümer oder Verwalter dagegen, soll die Herausgabe der Information gegebenenfalls erzwungen werden – bei Weigerung droht gar ein Verwaltungszwangsverfahren.

„Willfährigen Gehilfen der GEZ“

Ein Umstand, der bei Haus- und Wohnungseigentümern für Unmut sorgt. „Wir lassen uns von der GEZ nicht als Spitzel missbrauchen“, schimpft Ulrich Becker, Vorsitzender der baden-württembergischen Eigentümergemeinschaft Haus & Grund in Stuttgart. Die Eigentümer würden dadurch zu „willfährigen Gehilfen der GEZ“ gemacht und müssten gegen ihren Willen Informationen über ihre Mieter preisgeben. „Wir können auch nicht verstehen, weshalb es den Behörden bei großangelegten Erhebungen wie dem Mikrozensus möglich ist, an die Informationen zu kommen, während die GEZ für die Beschaffung ihrer Informationen die Vermieter missbrauchen muss“, so Becker. Im Übrigen sei es die Pflicht des Mieters, sich beim Einwohnermeldeamt an- und abzumelden; wenn dieser dies nicht täte, erhalte die GEZ durch den Vermieter im Endeffekt ein „Mehrwissen“, das ihr so nicht zustehe. „Wir wehren uns daher vehement gegen die geplante Einführung des Vertrags und werden uns mit einem entsprechenden Antrag an den Landtag wenden.“ Genau das plant auch der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg.

In einem Briefentwurf an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fordert der Landesvorsitzende Rolf Gaßmann das Land auf, eine entsprechende Änderung des Paragrafen zu bewirken. „Die Zwangsverpflichtung der Eigentümer und Verwalter zur Weitergabe von Mieterdaten muss dringend entfallen“, schreibt Gaßmann. Schon heute habe die GEZ die Möglichkeit, bei allen Einwohnermeldeämtern Umzugs- und Änderungsdaten abzufragen und sich aller auf dem privaten Adressmarkt verfügbaren Daten zu bedienen. „Bereits diese derzeitige Praxis ist in unseren Augen fragwürdig.“

Niemand soll sich drücken können

Die neuen Vorschriften hält der Mieterbund für unzumutbar und nicht mit den Grundsätzen des Datenschutzes vereinbar. „Es ist unverhältnismäßig, Vermieter, Eigentümer und Verwalter zu Hilfsorganen der GEZ zu machen“, so Gaßmann. Faktisch werde ein wesentlicher Teil der öffentlichen Aufgaben und des bürokratischen Aufwands auf Besitzer und Verwalter abgewälzt.

Die datenschutzrechtlichen Bedenken kann der Südwestrundfunk (SWR) als ARD-Anstalt nicht nachvollziehen. Der Vermieter werde lediglich gebeten, den Namen seines Mieters mitzuteilen; nach anderen Informationen werde gar nicht gefragt. Alle Daten würden zudem lediglich zur Feststellung der Beitragspflicht verwendet, jede andere Nutzung sei ausgeschlossen. „Hintergrund ist, dass sich niemand auf Kosten der gesetzestreuen Beitragszahler vor der Beitragspflicht drücken können soll“, so der SWR. Im Übrigen frage die GEZ nur dann bei den Vermietern nach, wenn ein Abgleich der Meldedaten über die Einwohnermeldeämter nicht möglich gewesen sei.

Etwa ein Jahr nach Inkrafttreten des Vertrags soll dessen Praxistauglichkeit überprüft werden. „Etwaige Modifizierungen könnten dann in einen neuen Vertrag einfließen“, hieß es beim SWR.