Rüdiger Grube schreibt der S-21-Volskabstimmung große Bedeutung zu. Foto: Michael Steinert

Die Deutsche Bahn hat aus der Debatte um Stuttgart 21 gelernt, die Öffentlichkeit früher und konkreter in die Planung von Großprojekten mit einzubeziehen, sagt Bahnchef Rüdiger Grube im Interview.

Stuttgart - Vor fünf Jahren hat sich die Mehrheit der Bürger Baden-Württemberg dafür ausgesprochen, dass Stuttgart 21 weiter gebaut wird. Wir haben mit Bahnchef Rüdiger Grube über das Thema gesprochen.

Herr Grube, die Volksabstimmung sollte seinerzeit auch die Gemüter beruhigen und die Bürgerschaft befrieden. Ist das gelungen?

Ja. Das Volk direkt entscheiden zu lassen ist die höchste demokratische Legitimation. Stuttgart 21 ist nach stets breiten Mehrheiten in allen Gremien nach den Spielregeln der repräsentativen Demokratie 2011 auch direkt von den Bürgerinnen und Bürgern eindrucksvoll bestätigt worden: Es gab nicht nur eine deutliche Mehrheit in der Landeshauptstadt, sondern auch eine teils überragende Zustimmung im Land. In Ulm, wo wir in dieser Woche mit dem Albabstiegstunnel am Hauptbahnhof angekommen sind, und um Ulm herum haben sich zwischen 69 und 77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für die finanzielle Beteiligung des Landes an Stuttgart 21 ausgesprochen. Ähnlich hohe Unterstützung gab es in den Landkreisen entlang der Gäubahn. Das zeigt: Von der Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart mit dem Durchgangsbahnhof in der Innenstadt und dem Anschluss von Flughafen und Messe an das Fernbahnnetz profitiert das ganze Land. Das hat sich im Ergebnis der Volksabstimmung widergespiegelt. Es konnte danach niemand mehr behaupten, für die Mehrheit zu sprechen, obwohl er nur eine Minderheit vertrat.

Wie gehen die projektkritischen Grünen seither mit dem Ergebnis um?
Ministerpräsident Winfried Kretschmann und später der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn haben nach der Volksabstimmung unmissverständlich erklärt, dass das Ergebnis für sie bindend ist. Zwei ehemalige Stuttgart-21-Gegner in hohen Ämtern haben als gute Demokraten das Ergebnis der Volksabstimmung klipp und klar akzeptiert – das hat viel zur Beruhigung der Situation beigetragen.

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Manche Kritiker sagen, nach Bekanntwerden weiterer Kostensteigerungen und zeitlicher Verzögerungen müsste die Abstimmung wiederholt werden. Sie sprechen auch von einer Täuschung der Bürger. Was entgegnen Sie?
Die Landesregierung hat die Bürger vor der Volksabstimmung umfänglich über die Chancen und Risiken von Stuttgart 21 informiert. In einer zwölfseitigen Broschüre haben sowohl die Projektbefürworter als auch die Projektgegner in der Landesregierung jeweils in zehn Punkten ausführlich ihre jeweilige Position begründet, die Projektgegner haben dabei auch auf Kostenrisiken hingewiesen. Dennoch haben sich die Bürger mehrheitlich eindeutig zu Stuttgart 21 bekannt. Wir bauen das derzeit größte Infrastrukturprojekt Europas, da sind wir vor Kostensteigerungen und Terminverzögerungen nicht gefeit. An der Legitimation des Projekts auch durch die Volksabstimmung ändert das nichts.