Das Taxigewerbe macht immer wieder mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam – jetzt geht es in der Zentrale drunter und drüber. Foto: Peter Petsch

Massenhaft ausgeschlossene Mitglieder, verlorene Gerichtsverfahren und interne Machtkämpfe: Die Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart vermittelt nicht nur über eine Million Taxifahrten pro Jahr, sondern hat auch mit sich selbst reichlich Arbeit. Jetzt ist der Vorstand zurückgetreten.

Stuttgart - Seit Mittwochabend lenken ein zweiköpfiger Interimsvorstand und ein lediglich dreiköpfiger Aufsichtsrat die Geschicke der Stuttgarter Taxi-Auto-Zentrale (Taz). Die drei Mitglieder des alten Vorstands sowie vier Aufsichtsräte sind zurückgetreten. Die 1928 gegründete Genossenschaft, die in Stuttgart 700 Taxis vermittelt und so einen großen Teil der Fahrten in der Stadt abwickelt, steht damit an einem der größten Tiefpunkte in ihrer 85-jährigen Geschichte. Doch von ungefähr kommt diese Entwicklung nicht. Sie hat bereits vor Jahren ihren Ausgang genommen.

Damals klagten verschiedene Mitglieder der Genossenschaft über finanzielle Unregelmäßigkeiten. Um diese zu klären, wurde auf der Generalversammlung 2009 der frühere Vorstandsvorsitzende und Ehrenvorstand Peter Kristan für den Vorstand vorgeschlagen – und gewählt. „Akteneinsicht habe ich aber nicht bekommen“, sagt er heute. Stattdessen habe ihn ein Teil der damaligen Vorstandskollegen und des Aufsichtsrats nach einigen Wochen des Amts enthoben. Die Machtkämpfe nahmen ihren Lauf – und gipfelten darin, dass ein Jahr später 182 der damals 406 Mitglieder der Genossenschaft ausgeschlossen wurden.

Sie galten als Passivmitglieder, die damals keine aktuelle Taxikonzession hatten, aber mit je 510 Euro an der Genossenschaft beteiligt waren und über volles Stimmrecht verfügten. Gehen wollte kaum einer freiwillig. „Manche sind 40 Jahre lang Taxi gefahren und tief verwurzelt im Gewerbe“, sagt einer von ihnen. Außerdem sind die Anteile vererbbar – und wer erneut Taxi fahren will, spart sich als Mitglied das Eintrittsgeld in die Genossenschaft in Höhe von 4600 Euro. Selbst mit Vollmachten von anderen Mitgliedern durften die Ausgeschlossenen nicht mehr an Versammlungen teilnehmen. Es folgte eine Prozesslawine bis hin zum Bundesgerichtshof und zum Oberlandesgericht.

Demnächst könnte es zu einer weiteren wegweisenden Entscheidung kommen

Letzteres hat am 1. Oktober entschieden, dass nach all den Vorkommnissen sämtliche Beschlüsse der Generalversammlungen der Jahre 2010, 2011 und 2012 ungültig sind. „Das Genossenschaftsrecht sieht strikte Regelungen vor“, sagt ein Gerichtssprecher, „man darf nicht einfach bestimmten Leuten den Zutritt verwehren.“ Bei der Verhandlung habe sich gezeigt, wie verfahren der Streit innerhalb der Taz sei. Mit der Konsequenz, dass der aktuelle Vorstand jetzt die Brocken hingeworfen hat – selbst seine Wahl hat keine Rechtskräftigkeit.

Demnächst könnte es zu einer weiteren wegweisenden Entscheidung kommen. Ein zweites Verfahren ist auf der Zielgeraden. In einer Grundsatzklage haben vier frühere Mitglieder den Massenausschluss angefochten. Laut ihnen erkenne die Taz ihre Forderungen inzwischen an. Damit könnten theoretisch auf einen Schlag zig Ex-Genossen wieder Teil der Taz werden.

Wie tief die Gräben mittlerweile sind, ließ sich auch bei der Verhandlung am Oberlandesgericht beobachten. Mehrfach musste der Richter die Beteiligten zur Ordnung rufen. Einer der jetzt zurückgetretenen Vorstände hat sich dabei besonders hervorgetan, wie der Gerichtssprecher bestätigt. Neben unterschiedlichen Interessen trafen dabei auch verschiedene Nationalitäten aufeinander. „Es geht auch um ethnische Probleme“, so der Sprecher. Gleichwohl liege der Ball jetzt bei der Taxi-Auto-Zentrale: „Da müssen sich alle an einen Tisch setzen.“

Das scheint schwierig. Der Interimsvorstand hat einen Berg Probleme vor sich und die nächste Generalversammlung erst einmal vom Oktober auf Mitte November verschoben. „Die Ursache der Unruhe sind interne Machtkämpfe verschiedener Gruppierungen“, sagt Darush Bozorgmehr, einer der beiden Interimsvorstände. Zu oft seien zuletzt persönliche Interessen im Vordergrund gestanden, zudem spielten Konflikte unter verschiedenen Nationalitäten eine Rolle. Der Massenausschluss von 182 Genossen sei zudem ein Fehler und „einmalig in unserer Geschichte“ gewesen. Er spricht offen von „Rechtsmissbräuchen“. Mehrere Anzeigen gegen Ex-Vorstände sind erstattet worden.

Bozorgmehr will nun „alles dafür tun, die Gruppen unter einen Hut zu bekommen. Die Ruhe muss zurückkehren.“ Das wird nicht einfach – zumal falls die ausgeschlossenen Genossen demnächst zurückkehren sollten. Immerhin einen positiven Aspekt erkennt der Interimsvorstand: „Betrieblich läuft alles einwandfrei. Wir brauchen diese Zuverlässigkeit auch, denn wir haben eine starke Monopolstellung in der Stadt.“

Ganz so einfach sieht das nicht jeder: „Die Zustände in der Zentrale schlagen auch aufs Personal durch. Jeder, der noch halbwegs bei Trost ist, zieht sich angesichts der Vorfälle aus dem Gewerbe zurück, wenn sich nicht bald etwas ändert“, sagt Ex-Vorstand Kristan. Dann spüren auch die Fahrgäste, welche Konflikte derzeit in der Taxi-Auto-Zentrale ausgefochten werden.