Jens Herzbergs Leidenschaft damals wie heute: Platten auflegen. Foto: privat

Der DJ Jens Herzberg lässt eine Legende der Stuttgarter Clubszene wieder aufleben: das Roxy. Hähnchenschenkel fliegen bei den Revival-Partys aber keine mehr durch den Raum.

Stuttgart - War früher alles besser? Von Zeit zu Zeit schwelgt Jens Herzberg in Erinnerungen. Erinnert sich, wie vor Jahrzehnten alles angefangen hat, damals in den Achtzigern in Stuttgart. Zuerst ein gewonnener DJ-Wettbewerb, dann einige Auftritte hinter den Plattentellern im Maxim und schließlich der dauerhafte Nebenjob als Discjockey im Roxy an der Königstraße 51 – im „legendären“ Roxy, wie Jens Herzberg sagen würde.

Für ihn das Roxy noch viel mehr: „Wer erinnert sich noch an die legendärste Szene-Disco aller Zeiten in Stuttgart? Leider ist mir nur noch der Verzehrbon geblieben, mit dem ich mir nie wieder einen Ölfuß oder ein Bananenweizen holen können werde!“ Mit diesen Zeilen hat Jens Herzberg vor Jahren eine Facebook-Gruppe gegründet, die sich dem Roxy widmet: Wenn er selbst so gerne an die alte Zeit zurückdenke, weshalb nicht auch andere. Gleichgesinnte zu finden funktioniert über das soziale Netzwerk ziemlich gut. Schnell hatte die Gruppe zweihundert Mitglieder, dann 800. Schließlich kam die Idee auf, nicht nur virtuell, sondern auch in persona zusammenzukommen, um die Musik von früher und den Club von früher zu feiern.

Im Roxy bestellt man Ölfuß

Party am original Schauplatz

Gesagt, getan: „Die erste Party war 2010 – da war es richtig voll“, sagt Jens Herzberg. Nicht so voll wie seinerzeit zwar, wenn der heute 48-jährige Stuttgarter an einem Samstag an den Reglern stand und gut 2000 Gäste zu Wave, Rock und Pop tanzten, doch mehr, als er sich erhofft hatte. Die Party fand am früheren Schauplatz statt, im City Department, dem Nachfolger des Roxy, der heute allerdings eher für seine Hip-Hop-Partys bekannt ist.

1986 hatte Thomas Lehrer das „Roxy – Musik in Stuttgart“ eröffnet. Es war die Zeit weiterer Clubs mit Geschichte wie dem Oz, dem unbekannten Tier, der Mausefalle oder dem Maxim. Mit zwei Tagen, Freitag und Samstag, ging es los – aufgrund der Nachfrage öffnete das Roxy allerdings bald die ganze Woche. „In ist, wer drin ist“ – so lautete das Motto. Die Musik richtete sich nach dem Zeitgeist, vor allem für Wave, Gothik, Punk und Neue Deutsche Welle war der Laden in der Stadtmitte bekannt.

Im Roxy trinkt man Ölfuß

Doch nicht nur für die Musikauswahl sondern auch für die Getränke: Da wäre zum Beispiel der Ölfuß. „Das ist ein Getränk, das aus verschiedenen Sorten Alkohol gemixt wurde“, erklärt Jens Herzberg. Was genau drin sei, da könne er sich selbst nicht mehr richtig dran erinnern: „Gin und Wodka auf jeden Fall, zusammen mit Maracuja und Grenadine, glaube ich.“ Bei der Charles-Bukowski-Party allerdings, erinnert er sich, ist ein ganz anderes Getränk gereicht worden: Bier aus der Dose. „Damit wurde durch den ganzen Raum gespritzt“, erzählt er. Außerdem gab es Hähnchenschlegel, die zusammen mit dem Bier durch die Luft flogen, während im Hintergrund auf alten Röhrenfernsehern Erotikfilme liefen. So schafft man einen Mythos.

Heute ist auch alles ziemlich gut

Kurzzeitig standen die Roxy-Partys von heute im Monatskalender des City Departments, seit einiger Zeit gibt es die Veranstaltung, auf der hauptsächlich Wave gespielt wird, immer vor Feiertagen, das nächste Mal am Ostersonntag von 22 Uhr an. In der Facebook-Gruppe wird sich in der Zwischenzeit rege weiter ausgetauscht über Erinnerungen und Erlebnisse.

Heute ist auch alles ziemlich gut

Ob also früher alles besser war? Heute ist auch alles ziemlich gut. Jens Herzberg ist noch immer neben seinem eigentlichen Beruf als DJ aktiv, in der Mono Bar legt er regelmäßig bei der 90er-Party auf, im Schlesinger veranstaltet er seit mehr als zehn Jahren die Karaoke-Party „Sing du Sau!“. Man kann ihn außerdem für Hochzeiten und andere Feiern buchen.

Dann gibt es da noch etwas enorm Wichtiges, das Herzberg aus der Roxy-Zeit mit in die Gegenwart genommen hat. Er ist seit 1999 mit einer Frau verheiratet, die er zehn Jahre zuvor im Roxy kennengelernt hatte. Vielleicht ist das eine Erklärung für seine besondere Verbundenheit mit der „legendärsten Szene-Disco“ aller Zeiten.