Die Abgeordnete Elke Twesten hat die Grünen-Fraktion in Niedersachsen verlassen. (Archivfoto) Foto: dpa

Nachdem die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten überraschend ihre Fraktion verlassen hat, ist die knappe Mehrheit der rot-grünen Koalition in Niedersachsen Geschichte. Twesten sieht ihre Zukunft bei der CDU.

Hannover - Gut fünf Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen steht die rot-grüne Koalition von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) überraschend ohne Mehrheit da: Die Abgeordnete Elke Twesten erklärte am Freitag den Austritt aus der Grünen-Fraktion sowie ihren Parteiaustritt und kündigte einen Wechsel zur CDU an. Damit verschieben sich die Mehrheitsverhältnisse im Landtag von Hannover, in dem die seit 2013 regierende Koalition aus SPD und Grünen lediglich über eine Mehrheit von einer Stimme verfügte. Wie genau es weitergeht, war am Freitagnachmittag zunächst noch offen.

“Längerer Entfremdungsprozess“ von den Grünen

CDU-Landtagsfraktionschef Björn Thümler forderte die Regierung Weil dazu auf, „so schnell als möglich“ den Weg für eine Neuwahl des Landesparlaments freizumachen. Der reguläre Wahltermin ist der 14. Januar 2018. Die Grünen forderten Twesten dagegen auf, ihr Landtagsmandat niederzulegen. Sie sei über die Landesliste ihrer Partei „für die Umsetzung grüner Politik“ gewählt worden, erklärte Grünen-Fraktionschef Anja Piel. Sie müsse das Mandat nun zurückgeben. Die Grünen-Landesvorsitzenden Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner teilten mit, sie gingen „selbstverständlich“ davon aus, dass Twesten ihr Mandat sofort zurückgeben werde.

Twesten selbst begründete ihre Entscheidung zu einem Partei- und Fraktionswechsel mit einem „längeren Entfremdungsprozess“, bei dem die Vorgänge rund um die Kandidatenaufstellung für die Landtagswahl in ihrem Wahlkreis Rotenburg (Wümme) den letzten Ausschlag gegeben hätten. Von der Wahlversammlung des dortigen Grünen-Kreisverbands war Twesten nicht erneut nominiert worden. „Ich sehe meine politische Zukunft in der CDU“, sagte Twesten am Freitag in Hannover. Sie habe eine „bürgerliche Grundstruktur“, befürworte eine schwarz-grüne Koalition und müsse sich auch in der CDU „nicht verbiegen“. Demnach trug sich Twesten schon länger mit dem Gedanken eines Parteiwechsels und suchte den Kontakt zur CDU.

CDU-Fraktion berät über Twesten-Aufnahme

Nach Angaben Thümlers fand zwischen beiden am Montag ein längeres Gespräch statt. Grünen-Fraktionschef Piel erklärte, Twesten habe sich bewusst entschieden, vorab keine Aussprache zu suchen. „Auch vor dem Hintergrund, dass es keine inhaltlichen Differenzen gab, können wir diesen Schritt nicht nachvollziehen“, betonte sie.

Bereits am Freitagnachmittag will die CDU-Fraktion zusammenkommen, um über die Aufnahme Twestens zu beraten. In Niedersachsen sei „eine Regierung im Amt, die keine parlamentarischen Mehrheit hat“, sagte Thümler. CDU-Landeschef Bernd Althusmann bekräftige seinen Willen zur Regierungsübernahme. Auf bestimmte Varianten dazu wolle er sich aber nicht festlegen: „Der Ball liegt jetzt im Feld der niedersächsischen Landesregierung.“ Thümler kündigte an, in den „nächsten Stunden und Tagen“ mit dem Landtagspräsidenten und allen anderen Fraktionen „in Ruhe“ über das Vorgehen zu beraten. Auch der Rücktritt der Regierung könne ein „probates Mittel“ sein, den Weg zu einer schnellen Neuzusammensetzung des Parlaments frei zu machen.

Im niedersächsischen Landtag hatten SPD und Grüne bislang eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Mit dem Wechsel Twestens kämen CDU und FDP dann zusammen auf 69 der 137 Parlamentssitze, SPD und Grüne verfügen künftig nur noch über 68 Sitze