Über Perspektiven des Rosensteinquartiers haben sich die Teilnehmer eines von der SPD-Fraktion ­organisierten Rundgangs jüngst ein Bild gemacht. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Initiative Rosenstein legt ein Positionspapier zum neuen Stadtviertel in Stuttgart vor. Unter anderem geht es um eine gerechte Verteilung der Flächen und um bezahlbaren Wohnraum.

S-Nord/S-Mitte - So, wie sich manche Menschen das ganze Leben lang mit einem bestimmten Hobby beschäftigen, so hat man das Gefühl, dass sich Andreas Hofmann schon ebenso lang mit dem Rosensteinquartier beschäftigt, also jenem Viertel, das zukünftig auf den freiwerdenden Gleisflächen hinter dem Hauptbahnhof entstehen soll. Hofmann ist ehemaliger SPD-Bezirksbeirat der Stadtmitte, Ökonom und stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK), Kreisverband Stuttgart, und kennt so ziemlich alle Unterlagen, Vorlagen und Aufzeichnungen zum neuen Stadtviertel. „Schon 1997 gab es eine Bürgerbeteiligung“, sagt er. „Und schon damals hieß es: Wir sind unter Zeitdruck.“

2012 dann der nächste Anstoß: Der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster hatte eine Ideensammlung ins Leben gerufen, mit Internetportal und Veranstaltungsreihe. Im Januar hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn die neue Bürgerbeteiligung „Dialog Rosenstein“ gestartet, damit nicht nur Investoren und Politiker darüber entscheiden, was auf den freiwerdenden Flächen geschehen soll. Dass die Sache trotzdem nicht so recht in Schwung kommen mag, ist für Andreas Hofmann ein Rätsel – und auch ein Dorn im Auge. „Ein Trauerspiel“, findet er.

Durchaus habhafte Namen

Darum hat nun eine Initiative um Hofmann sich in einem offenen Brief an Kuhn, Bürgermeister, Gemeinde- und Bezirksbeiräte gewandt. Zu den Unterzeichnern des Papiers gehören Thomas Herrmann von der Architektenkammer Baden-Württemberg, Wolfgang Schwinge vom Bund Deutscher Architekten (BDA), Detlef Kurth von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, Michael Koch vom Stadtplanungsforum Stuttgart, und Nicole Baumüller, die Regionalgruppensprecherin der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL). Kurth und Herrmann sitzen auch im Städtebauausschuss der Stadt. Also durchaus habhafte Namen – ebenso der von Uwe Stuckenbrock, der jahrelang als Stadtplaner die Planungsabteilung Mitte leitete, sich schon im Beruf mit dem künftigen Stadtviertel beschäftigt hat – und es im Ruhestand immer noch tut. Stuckenbrock ist der Verfasser des Arbeitspapiers „Rosenstein-Charta“ verfasst. Diese rund 60 Seiten sind jetzt Grundlage der Forderungen der Initiative.

Gefordert wird beispielsweise eine transparente Planung und Kommunikation des neuen Viertels. Außerdem wird empfohlen, eine dem Gemeinderat verpflichtete Entwicklungsgesellschaft zu gründen, da die Entwicklung des Stadtviertels „in den klassischen Ämterstrukturen einer im Tagesgeschäft gebundenen Verwaltung nicht zu leisten“ sei. Bei Projekten wie der Hafencity Hamburg oder der Bahnstadt Heidelberg habe sich eine solche Entwicklungsgesellschaft bewährt: „Dort erfolgen Planen, Umsetzen und Vermarkten aus einer Hand.“ Andreas Hofmann sagt: „Alles muss ineinander greifen.“

Qualitätssicherung gehört dazu

Da die zentrale Lage des künftigen Viertels „hohe Bodenrichtwerte und Grundstückspreise“ erwarten lasse, sollen schon früh anhand des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells (SIM) Standards festgelegt werden, damit die Flächen gerecht verteilt werden und bezahlbarer Wohnraum entstehen kann. Dazu gehört auch die Qualitätssicherung: „Dazu gehören eine hohe Qualität der öffentlichen und privaten Räume sowie eine lebendige Nutzungsmischung, verbunden mit einem vielfältigen Angebot an Räumen und Wohnungen für unterschiedliche Akteure, Eigentümer und Bewohnergruppen“, heißt es dazu im Positionspapier.

Für eine internationale Bauausstellung

Baugeschichtliche Denkmale, wie beispielsweise der Gäubahnviadukt, sollen erhalten werden. Dafür setzt sich auch der Verein Infoladen Stuttgart 21 auf der Prag ein, dessen Vorsitzender Josef Klegraf im vergangenen Jahr das Buch „Der Stuttgarter Gleisbogen“ dazu herausgegeben hat.

Auch eine internationale Bauausstellung zum Rosensteinquartier kann sich Andreas Hofmann gut vorstellen. „1927 die Weißenhofsiedlung, 2027 Rosenstein – das ist nicht abwegig, das plant man aber auch nicht von heute auf morgen“, sagt er. Hofmann ist überzeugt: „Man muss sich doch auch größere Ziele setzen, und das wäre ein gutes Format.“

Eine Bauausstellung ist im offenen Brief freilich nicht wörtlich erwähnt, lediglich „international ausstrahlende Großereignisse“. Warum, erklärt Hofmann so: „Für eine Bauausstellung muss man größer denken, als nur Rosenstein, und zudem mehr Partner ins Boot holen, etwa den Verband Region Stuttgart.“ Soll heißen: Das Rosensteinquartier ist auch ohne eine internationale Bauausstellung denkbar – eine Bauausstellung aber nicht ohne das Rosensteinquartier. Vor allem ist Andreas Hofmann und dem Rest der Initiative wichtig, dass es endlich losgeht. Als nächsten Schritt soll es Anfang/Mitte Juni ein Gespräch mit der Initiative, Hofmann, Stuckenbrock und den Bezirksvorsteherinnen von Mitte und Nord, Veronika Kienzle und Sabine Mezger, geben.