Abgang einer Legende: Roger Federer kam beim Turnier am Weissenhof nicht über die erste Runde hinaus. Foto: AFP

Nach der Niederlage von Roger Federer gegen Tommy Haas müssen Fans und Veranstalter ohne großes Zugpferd auskommen. Für Federer ist das Aus beim Mercedes-Cup aber kein Grund, Trübsal zu blasen.

Stuttgart - Der Maestro aus der Schweiz war nicht zu Tode betrübt, schließlich wartet die nächste Chance bereits mit dem Beginn des Rasenturniers im westfälischen Halle am nächsten Montag auf ihn. Und doch merkte man Roger Federer ganz deutlich an, dass er überhaupt nicht gerne verliert. Schließlich musste er das Gefühl der Niederlage in dieser Saison ja erst einmal auf der ATP-Tour ertragen. Das war beim Turnier in Dubai, wo Federer, der 2017er-Champion der Australian Open, der Masters-Sieger von Indian Wells und Miami, in Runde zwei rausflog.

Diesmal kam das Aus gegen die Nummer 302 der Welt, gegen den aufgrund einer hartnäckigen Schulterverletzung böse in der Rangliste abgerutschten Tommy Haas, der über die Jahre auch ein enger Freund des Meisters aus Basel geworden ist. Haas, 39, hatte bei strahlendem Sonnenschein auf dem mit rund 6000 Zuschauern fast ausverkauften Centre-Court des Stuttgarter Weissenhofs bei seinem sensationallen 2:6, 7:6 (10:8), 6:4-Erfolg seinerseits bewiesen, dass er nicht umsonst einmal die Nummer zwei der Tenniswelt gewesen ist. „Tommy hat alles, was es zu gutem Rasentennis braucht“, sagte Roger Federer ohne Neid. „Ich gönne ihm den Sieg.“

Federer peilt den achten Sieg in Wimbledon an

Dabei war der 35-järhige Federer famos in die Partie gestartet, gewann den ersten Satz, lag im zweiten ein Break vor, hatte sogar einen Matchball, schlug insgesamt 23 Asse. „Doch am Ende war ich in den entscheidenden Momenten zu passiv“, resümierte der Superstar, der nun in Halle schleunigst die Formkurve kriegen will, um Anfang Juli im All England Lawn Tennis and Croquet Club nach einer selbst auferlegten, zehnwöchigen Turnierpause den Rost abzuschütteln und voll auf der Höhe zu sein, wenn es um ein Ziel geht, „dass mir in meiner Karriere schon sehr viel bedeuten würde.“ Denn ein möglicher achter Wimbledon-Sieg des Schweizers wäre ein Rekord für die Ewigkeit. Zurück blieben die Ex-Profis Pete Sampras und William Renshaw, die es in ihrer Laufbahn „nur“ auf sieben Titel an der Londoner Church Road gebracht hatten.

Doch ehe Roger Federer seine sieben Sachen auf dem Stuttgarter Killesberg zusammen packte, um sich ins Ostwestfälische aufzumachen, da wurde er noch von einem Reporter auf Englisch gefragt, wie er sich denn fühlen würde in der Haut des Stuttgarter Turnierdirektors, dem das große Zugpferd nun bereits im ersten Match abhanden gekommen ist. „That sucks!“, war die ehrliche Antwort Federers, die mit „Das ist ätzend!“ noch zurückhaltend übersetzt ist. „Es tut mir sehr leid für das Turnier und die Zuschauer“, ergänzte der 18-fache Grand-Slam-Sieger dann noch: „Denn ich hatte das Gefühl, die Zuschauer hier freuen sich sehr auf mich.“

Hier gibt es einen Blick hinter die Kulissen des Mercedes-Cups in Stuttgart:

Einbußen bei den Zuschauerzahlen sind nicht zu erwarten

Einen hohen sechsstelligen Betrag hat Edwin Weindorfer in Federers Stuttgarter Antrittsgage für 2016 und 2017 investiert. Doch der Turnierchef nahm das jähe Aus des Stars sportlich: „Es ist für kein Turnier angenehm, die Nummer eins früh zu verlieren – schon gar nicht, wenn sie Roger Federer heißt“, sagte Weindorfer: „Es war am Mittwoch aber wieder so eine Geschichte, die nur der Sport schreibt. Tommy Haas hat einen großen Sieg gefeiert. An den Zuschauerzahlen wird es kaum Einbußen geben, da wir von Mittwoch an mehr oder weniger ausverkauft sind.“

Mit seiner Agentur Emotion führt der Österreicher seit 2007 auf dem Weissenhof die Regie und darf sich die Auszeichnung ans Rever heften, den Tennisklassiker vom Killesberg vor dem Aus bewahrt zu haben. So ging man ins Risiko, stellte die Ampel von Rot auf Grün – und wagte 2015 den überlebenswichtigen Schritt auf Rasen.

Die Talsohle nach den goldenen Jahren mit Turniersiegern wie Björn Borg, Ivan Lendl, Andre Agassi, Thomas Muster oder Michael Stich ist durchschritten. Doch neue Herausforderungen stehen vor der Tür: Erstmals seit der Umstellung auf Rasen muss der Weissenhof nun ohne einen Superstar und Publikumsmagneten auskommen. 2015 holte Rafael Nadal seinen zweiten Turniersieg nach 2007, Federer kam im Vorjahr immerhin bis ins Semitfinale. Nun sind der Bulgare Grigor Dimitrov und der Tscheche Tomas Berdych die größten Namen im Feld. Mut machen die Aussagen der Spieler. „Hier ist alles perfekt organisiert. Das Turnier kann sich sehen lassen“, erklärte Philipp Kohlschreiber – und auch Roger Federer hinterließ eine Liebeserklärung an den Weissenhof. „Dieses Turnier“, sagte der Meister, „hat eine Seele.“