Roger Cicero gastiert am 18. April in der Liederhalle. Foto: dpa

Der Erwartungsdruck auf Roger Cicerco ist sehr hoch. Mit der Swing-Show „Cicero sings Sinatra“ tritt er am 18. April in der Liederhalle auf: Keine Imitation soll’s werden, auch keine Glorifizierung des Trinkens. Der Popsänger nähert sich einem Großen sehr persönlich. Eines steht fest: Der Hut steht beiden gut.

Mal singen Sie, mal moderieren Sie, mal synchronisieren Sie. Was kommt bei Ihnen eigentlich zuerst, Herr Cicero?
In erster Linie bin ich leidenschaftlicher Sänger. Wenn das noch mit Publikum vor mir und Band hinter mir geschieht, ist das natürlich umso besser.
Jüngst sind Sie wieder zu Ihren Wurzeln zurückgekehrt, drehten vergangenes Jahr auf „The Roger Cicero Jazz Experience“ beliebte Stücke durch den verjazzten Wolf. War das eine überfällige Rückbesinnung?
Mir war immer schon klar, dass ich eines Tages zu einem solchen Projekt zurückkehren würde. Sobald ich die Zeit hatte, stellte ich es auch sofort auf die Beine, weshalb sich das alles sehr natürlich anfühlte. Zu verdanken war das einem mal wieder tourfreien Jahr, das solche Dinge dann auch terminlich erlaubte. Ich ging mit 20 meiner Lieblingslieder, die größtenteils nicht aus dem Jazz-Umfeld stammten, in den Proberaum. Gemeinsam mit meinem Trio habe ich die Songs umarrangiert und herrlich eigene Versionen daraus gemacht. Ein sehr belebender Prozess.
Was bedeutet Jazz für Sie?
Jazz ist das Gegenteil von einem Korsett. Es geht einzig um die Freiheit der Musik. Wenn wir als Jazz-Ensemble spielen, bedienen wir uns nie eines Notensatzes und machen mit aufgesperrten Ohren einfach unser Ding.
Neu ist jetzt „Cicero sings Sinatra“, parallel dazu stehen Sie auch mit der „Jazz Experience“ auf der Bühne. Kommen Sie da nicht mal durcheinander?
Die Befürchtung habe ich auch, muss ich ehrlich sagen. (Lacht) Doch am Ende unterscheiden sich die Shows ja stark genug voneinander.
Wie sieht es im Gegensatz zu den zahlreichen anderen Sinatra-Tribut-Shows aus, die dieser Tage durch die Lande tingeln? Wo unterscheidet sich Ihr Ansatz?
Ich möchte bei „Cicero sings Sinatra“ nichts imitieren. Wir spielen zwar seine Songs, tun das aber teilweise in völlig anderem Gewand. Ich suchte meinen Zugang zu den Songs, und weil das eben gerade nicht über die Musik geschehen sollte, tat ich das über die Texte.
Wie ist das zu verstehen?
Ich musste nach langer Zeit mal wieder schauen, wie ich mit Songs umgehe, die weder ich selbst geschrieben habe noch für mich geschrieben wurden. Soll heißen: Ich musste mich an meine alten Jazz-Interpretationskünste zurückerinnern. Da komme ich her, weswegen das nichts Ungewohntes ist; es ist aber eben lange her.

Zweimal war Roger Cicero in New York

Sie versuchten also herauszufinden, inwiefern Sie sich mit Sinatras Nummern identifizieren konnten?
Ganz genau. Ich klopfte die Texte ab und versuchte herauszufinden, was sie mit mir zu tun haben. Wenn ich nichts fand, versuchte ich, mir eine persönliche Beziehung dazu aufzubauen.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Die Nummer „New York, New York“ beispielsweise. Ich war zweimal dort und schätze diese Stadt sehr, habe sie aber eben anders erlebt, als es Frank Sinatra hier beschreibt. Also überlegte ich mir: Was ist mein New York? Ich besuchte all die Orte, die ich in New York kennengelernt hatte, wodurch daraus ein sehr persönlicher Song entstand.
Haben Sie sich in diesem Prozess gefragt, ob Sie dem großen Entertainer Sinatra und seinen Songs damit überhaupt gerecht werden können?
So bin ich nicht an dieses Projekt herangetreten, nein. Wenn überhaupt, dann wollte ich diesem Repertoire gerecht werden, wollte es zum Klingen bringen. Sowohl für mich als auch für meine Band war das eine zwar lösbare, aber schwierige Aufgabe – und letztlich arbeitsaufwendiger, als ich mir das zuvor vorgestellt hätte.
Wo wir gerade beim Repertoire sind: Wie haben Sie aus Hunderten von Songs Ihre Auswahl getroffen?
Ich habe meine Lieblingslieder ausgewählt und um ein paar Titel erweitert, auf die man nicht verzichten kann. „My Way“ oder „New York, New York“ kann man einfach nicht weglassen. Vor allem, weil ich ja schon „Strangers In The Night“ weglasse.
Warum eigentlich Sinatra? Was fasziniert Sie an dieser doch recht zwielichtigen Figur?
Mich fasziniert in erster Linie das wahnsinnige Können. Je mehr ich über Gesangs- und Atemtechnik weiß, desto mehr verfalle ich in Ehrfurcht vor dieser Leistung. Bei Sinatra klingt das alles so normal, so selbstverständlich und leichtfüßig, dass man beim Hören sofort vergisst, wie schwer das eigentlich alles ist.

„Ich wollte mich nicht in Frank Sinatra verwandeln"

Sie verkündeten bei der Vorbereitung zur Tour, dass Sie den Zugang zu Frank Sinatra erst durch sein 1966 erschienenes Livealbum „Sinatra at the Sands“ (sein erstes offizielles Livealbum, aufgenommen in Las Vegas) gefunden haben. Wieso war’s ausgerechnet diese Aufnahme?
Das ist schwer zu sagen, doch dieses Album hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Ich hörte es monatelang, wieder und wieder, und mittlerweile kann ich sagen, dass mich ein Album selten so nachhaltig beeindruckt hat.
Wie sind Sie mit all den dubiosen Machenschaften abseits seiner Musik umgegangen? Die Prügeleien, die Trinkgelage, die Mafia-Kontakte . . .?
Natürlich erfuhr ich mehr und mehr über das Leben von Frank Sinatra, je mehr ich mich damit auseinandersetzte. Für mich war jedoch klar, dass ich mich auf die Musik konzentrieren und seine Songtexte auf meine Weise interpretieren will. Das machte es nicht notwendig, mich mit seinem Leben und seinem Menschsein auseinanderzusetzen. Da sind wir wieder an dem bereits vorher genannten Punkt: Ich wollte mich nicht in Frank Sinatra verwandeln, sondern Roger Cicero bleiben.
Roger Cicero tritt am Montag, 18. April, 20 Uhr, im Beethovensaal der Liederhalle mit seiner Swing-Show „Cicerco sings Sinatra“ auf. Karten an allen Vorverkaufsstellen sowie bei Easy Ticket unter Telefon 07 11 / 2 55 55 55.