Die Hells Angels fühlen sich vom Gesetzgeber kriminalisiert. Foto: dpa

Die Hells Angels machen ihre Ankündigung wahr, gegen das Rockern auferlegte Waffenverbot gerichtlich vorzugehen. Jetzt reichen sie beim Stuttgarter Verwaltungsgericht Klage ein.

Stuttgart - Früher waren die Rollen meistens klar verteilt, wenn Rocker ein Gerichtsgebäude betreten haben: Üblicherweise befanden sich die Kuttenträger auf der Anklagebank. Heute begegnen sich zumindest alteingesessenen Rockerclubs und der Staat immer öfter auf Augenhöhe. An diesem Freitag reichen die Heilbronner Hells Angels wegen des geltenden Waffenverbots für Rocker am Stuttgarter Verwaltungsgericht eine Klage gegen das Land Baden-Württemberg ein. Sie wollen einen Präzedenzfall schaffen.

Die Rocker fühlen sich durch das Gesetz, das neben ihnen auch die Gruppen Bandidos, Gremium MC und Outlaws betrifft, diskriminiert und in ihren Grundrechten verletzt. „Die politisch motivierte Verfolgung und Kriminalisierung von sich rechtstreu verhaltenden Rockern muss endlich ein Ende finden“, sagt Peter Pink vom Heilbronner Chapter der Hells Angels, wie Ortsgruppen im Rockerjargon heißen.

Die Stuttgarter Hells Angels unterstützen den Vorstoß ihrer Kollegen. „Wir sind sicher, dass mit dem Verfahren ein wichtiger Beitrag zur Aufdeckung politischen Versagens, unnötiger Kriminalisierung und verfassungswidriger Stigmatisierung von Rockern geleistet werden kann“, sagt Lutz Schelhorn, der Präsident des Stuttgarter Chapters.

Strukturbericht sei „peinliches Konstrukt“

Das 2015 vom damaligen Innenminister Reinhold Gall (SPD) erlassene Gesetz besagt, dass Personen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rockergruppierung „jeglicher Waffenbesitz“ verboten werden könne und gilt heute auch in allen anderen Bundesländern. Die Rocker bemängeln, dass das Gesetz „selbst den Umgang mit Luftdruckwaffen auf einem Rummelplatz“ unter Strafe stelle. Es diene nicht der Gefahrenabwehr, sondern allein der Kriminalisierung und Stigmatisierung „rechtschaffener und rechtstreuer Bürger.“

Dem Innenministerium wirft Schelhorn vor, mit „der willkürlichen Verhängung von Waffenverboten“ von den wirklichen Gefahren für Rechtsstaat und Sicherheit in Baden-Württemberg abzulenken und Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden vorzutäuschen. Einen Strukturbericht des Landeskriminalamts zur Rockerthematik, auf den sich das Waffenverbot beziehe, nennt der Rockerchef „ein peinliches Konstrukt.“

So sind laut Klageschrift die Behauptungen unwahr, dass Rockerclubs pauschal „streng hierarchisch aufgebaut“ seien, eine „geringe Bereitschaft zur Kooperation mit der Polizei“ bestehe und „die kriminelle Betätigung im Bereich des Rotlichtmilieus sowie des Drogen- und des Waffenhandels“ liege. Im Fall der Stuttgarter Hells Angels treffen diese Vorwürfe nach allem, was öffentlich bekannt ist, so tatsächlich nicht zu.

Embleme von Clubhäusern entfernt

Laut Statuten werden die Hells-Angels-Präsidenten der Ortsgruppen von den Mitgliedern gewählt, Drogenhandel ist verboten. Polizeibeamten wie Willi Pietsch, der lange das Dezernat Jugendkriminalität bei der Stuttgarter Polizei leitete, lobte die Zusammenarbeit mit den Rockern mehrfach. Etwa, wenn es um die Sicherung von Hells-Angels-Veranstaltungen durch die Polizei ging.

Zuletzt mussten die Rocker eine empfindliche Niederlage gegen den Staat hinnehmen. Nachdem ihnen aufgrund einer Änderung des Vereinsgesetzes auf Bundesebene das Tragen ihrer Abzeichen verboten wurde, ist der geflügelte Totenkopf aus dem öffentlichen Raum verschwunden. Die Kutten bleiben im Schrank, Vereinsembleme wurden von Clubhäusern entfernt. Was immer von den Hells Angels zu halten ist: Hier halten sich die Rocker an die Gesetzgebung.