Gibt in seinem ersten VfB-Training gleich richtig Gas: Neuzugang Robbie Kruse (re./neben Emiliano Insua) Foto: Baumann

Vedad Ibisevic und Mohammed Abdellaoue sind weg, Martin Harnik und Timo Werner außer Form. Bleibt Daniel Ginczek als einzige Sturm-Hoffnung des VfB. Doch jetzt kommt Robbie Kruse.

Stuttgart - Wie gut, dass die Tage der wilden Transferspekulationen vorüber sind. Es war ja auch kaum mehr auszuhalten am Schluss. Vor allem nicht für die Sportchefs der Bundesliga wie Robin Dutt. Zehn bis 15 Namen von Spielervermittlern bekam der Vorstand des VfB Stuttgart am Ende genannt – pro Stunde. Auf den letzten Drücker hat sich Dutt für Robbie Kruse entschieden. Der 26-Jährige kommt bis Saisonende auf Leihbasis von Bayer 04 Leverkusen. Danach besitzt der VfB eine Kaufoption für drei Millionen Euro.

Bekannt sein müsste der Australier dem Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga aber schon länger. In seiner ersten Bundesligasaison 2012/13 erzielte der Aussie, der wie so viele seiner Landsleute auf den Spitznamen Skippy (das Känguru) hört, für Fortuna Düsseldorf zwei Tore gegen den VfB. Die Fortuna siegte 3:1 und war in jenen Tagen im Frühjahr 2013 in aller Munde – genauso wie Senkrechtstarter Kruse.

Danach ging es aber abwärts. Für die Düsseldorfer (in Liga zwei), und auch für Kruse. Sein Wechsel nach Leverkusen war zwar auf dem Papier eine Verbesserung. Richtig glücklich wurde der Hobby-Wellenreiter ein paar Kilometer rheinaufwärts aber nie. Das hatte zum einen mit seinem Körper zu tun. Im Januar 2014 riss ihm das Kreuzband des linken Knies, was ihn die WM-Teilnahme mit Australien kostete. Ein Jahr später folgte der nächste Rückschlag. Im Finale des Asiencups verletzte sich Kruse am Sprunggelenk. Zwar durfte er sich hinterher Asiencup-Sieger nennen, die Rückrunde in der Fußball-Bundesliga aber war gelaufen.

Nun, da er wieder fit ist, tauchte für den flinken Angreifer das nächste Problem auf. Mit Admir Mehmedi und Javier Hernandez setzte ihm Bayer zwei Hochkaräter vor die Nase. Und auch die Verpflichtung von Kevin Kampl verbesserte die Aussichten auf viel Spielzeit nicht. Deshalb der Last-Minute-Wechsel an den Neckar.

Immer mit vollem Einsatz

Am Dienstag trainierte der Socceroo das erste Mal mit seiner neuen Mannschaft mit, an diesem Donnerstag soll er der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auf der Internetseite des Vereins setzte der Neue mit der Rückennummer 9 schon einmal zu Elogen auf Stadt, Stadion und Fans an.

„Ich habe in Stuttgart mein zweites Auswärtsspiel in der Bundesliga bestritten“, erklärt Kruse, „die Atmosphäre, die Leidenschaft der Fans – das hat mir die Nackenhaare aufgestellt.“ Angeblich mochte er den VfB von Anfang an: „Manchmal gefällt Dir eben ein Club besonders gut. Das passiert automatisch und war hier der Fall.“

Klingt sympathisch. Das tat es aber auch, als der aus Brisbane stammende Kruse 2011 in Düsseldorf aufschlug. Die Fortuna sei ein „wunderbarer, traditionsreicher Verein mit einem Weltklasse-Stadion“, sagte Kruse. Um sich nach einer erfolgreichen Saison zu Champions-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen zu verabschieden.

Was man am Rhein über den Angreifer, der beim VfB dem glücklosen Martin Harnik Dampf machen soll, so erzählt, macht zumindest Hoffnung. Kruse sei ein guter Junge, der sich seinen australischen Stil ein Stück weit beibehalten hat. Heißt: Er spielt bisweilen wild wie ein Känguru, immer mit vollem Einsatz und macht Dinge, die man nicht erwartet. Haken schlagen zum Beispiel oder mit dem Ball umdrehen, um noch mal Anlauf zu nehmen. Seine große Stärke ist mehr das Tempodribbling als das Toreschießen: In 51 Bundesligaspielen für Düsseldorf und Leverkusen traf er sechsmal ins gegnerische Tor.

Wild ging es auch in den ersten drei Spielen des VfB zu; allerdings eher vogelwild, so dass man den Roten einen Neuzugang wünschen möchte, der auch auf Anhieb das komplexe System von Trainer Alexander Zorniger versteht. Immerhin ist der Fußball Zornigers artverwandt mit jenem, den Kruse aus Leverkusen kennt.

Abseits des Platzes gilt der 26-Jährige dagegen als wenig australisch. Zumindest wenn man mit dem Land auf dem fünften Kontinent automatisch gleich Sonnyboy verbindet. Robbie Kruse wird als eher in sich gekehrter Typ, fast schon als Eigenbrötler beschrieben. „Der Kerl geht rechts raus, runter in den Keller, blaue Tür und links wieder hoch“, sagt ein ehemaliger Weggefährte über den Mann mit dem stechenden Blick. Wieder raus aus dem Keller – dafür ist Kruse in Stuttgart ja jetzt zumindest am richtigen Ort.