Ob E10-Sprit oder Dosenpfand: Guter Wille passt nicht immer zu einem guten Ergebnis.

Stuttgart - Müll trennen, Strom sparen, Biosprit tanken: Am guten Willen für den Umweltschutz mangelt es in Deutschland nicht. Aber die Diskussion um E10 zeigt: Nicht immer sind umweltpolitische Entscheidungen auch umweltfreundlich. Fünf Beispiele.

Energiesparlampe

Das Ziel: Privathaushalte verbrauchen etwa elf Prozent ihres Stroms für die Beleuchtung. Herkömmliche Glühlampen wandeln nur etwa fünf Prozent der eingesetzten Energie in Licht um, den Rest verlieren sie als Wärme. Mit Energiesparlampen kann der Stromverbrauch um bis zu 75 Prozent reduziert werden. Deswegen verschwinden Glühlampen innerhalb der EU bis 2012 Schritt für Schritt vom Markt. In wenigen Jahren soll so europaweit so viel Strom eingespart werden, wie drei Kernkraftwerke produzieren.

Die Kritik: Energiesparlampen enthalten Quecksilber. Sind sie kaputt, gehören sie in den Sondermüll. Noch immer entsorgen viele Verbraucher die Lampen aber einfach im Hausmüll - auch weil es in den Geschäften kaum Rückgabemöglichkeiten gibt. Anders als bei Batterien müssen die Händler keine Sammelstellen einrichten, sondern nur die Kommunen (etwa auf Wertstoffhöfen).

Die Alternative: "Energiesparlampen sind als Brückentechnologie auf dem Weg zu Leuchtdioden (LED) oder organischen Leuchtdioden (OLED) anzusehen", sagt Wolfgang Irrek, Professor für Energiemanagement und Energiewirtschaft an der Hochschule Ruhr West. Im Gegensatz zu Energiesparlampen werden die mit Leuchtstoffen beschichteten Chips in LED-Lampen sofort hell, und es schadet ihnen weniger, wenn man sie häufig ein- und ausschaltet. Außerdem enthalten sie kein Quecksilber, sind aber noch viel teurer als Energiesparlampen. "Die Hersteller von LED erwarten noch deutliche Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen, so dass LED zunehmend zur wirtschaftlichen Alternative wird", sagt Irrek.

Tipps für die Verbraucher: Es gibt Energiesparlampen, die statt gasförmigen Quecksilbers festes Amalgam enthalten. Geht so eine Lampe kaputt, ist die Belastung durch gefährliche Dämpfe geringer. Für Kinderzimmer gibt es Lampen mit Splitterschutz. Wer sich überlegt, LED-Lampen zu kaufen, sollte genau auf die Herstellerangaben schauen. Teilweise halten sie deutlich länger als Energiesparlampen und verbrauchen noch weniger Strom, was den höheren Preis wieder wettmachen kann. Am meisten Strom spart, wer das Licht nur dort einschaltet, wo er es gerade braucht.

Energieeffiziente Elektrogeräte

Energieeffiziente Elektrogeräte

Das Ziel: Damit die Verbraucher beim Kauf schnell sehen können, ob der neue Kühlschrank, Herd oder Trockner viel oder wenig Strom verbraucht, wurde das EU-Energielabel für Elektrogeräte mit den Wertungsklassen A (grün) bis G (rot) eingeführt. A steht für den niedrigsten Verbrauch.

Das Problem: Da die Technik immer besser wurde, lagen 2005 schon 80 Prozent aller Geschirrspüler innerhalb der Energieeffizienzklasse A. "Damit war das Label nicht mehr aussagekräftig, denn A-Noten sollen ja eigentlich nur für die besten Geräte vergeben werden", sagt Umweltökonom Klaus Rennings vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Inzwischen wurde die Skala bei Waschmaschinen, Geschirrspülern und Kühlgeräten erweitert. Seit Dezember 2010 gibt es A+-, A++- und A+++-Geräte.

Eine Studie des ZEW hat jedoch gezeigt, dass die Kunden beim Kauf den sparsamen Stromverbrauch deutlich weniger berücksichtigen, wenn die Geräte die neue Kennzeichnung tragen. "Die feinen Abstufungen geben dem Konsumenten offenbar zu verstehen: Alles im grünen Bereich, also entscheidet er sich für ein möglichst günstiges Gerät. A bedeutet inzwischen aber nicht mehr eine hohe Energieeffizienz, sondern ist nur Mittelmaß", sagt Rennings.

Die Alternative: Als zweites Konzept wurde diskutiert, die bisherigen Klassen A bis G beizubehalten, aber nur noch zeitlich beschränkt zu vergeben. "So wären immer nur die besten Geräte mit A ausgezeichnet gewesen. Leider hat sich die schlechtere Variante durchgesetzt", sagt Rennings.

Tipps für die Verbraucher: Im Internet bietet etwa die Deutsche Energie-Agentur eine Übersicht über energiesparende Geräte (www.stromeffizienz.de/topgeraete.html). Wer sehen will, wo im Haushalt noch Möglichkeiten zum Stromsparen stecken, kann auf diese Seiten gehen: www.klima-sucht-schutz.de,

http://stromsparcheck.stromeffizienz.de

Dosenpfand

Dosenpfand

Das Ziel: Einweg-Getränkeverpackungen wie Dosen, Glasflaschen und Pet-Flaschen sind ökologisch weniger vorteilhaft als Mehrwegverpackungen. Deswegen gibt es seit 2003 das Einwegpfand von 25 Cent, umgangssprachlich auch Dosenpfand genannt. Es sollte auch den Anreiz erhöhen, Verpackungen zurückzubringen, statt sie wegzuwerfen.

Das Problem: Eigentlich sollte das Einwegpfand die Zahl der Mehrwegflaschen erhöhen. Das Gegenteil ist passiert: Seit die Konsumenten auch Einwegverpackungen in die Geschäfte zurückbringen, verwechseln fast die Hälfte bepfandete Einweg- und Mehrwegflaschen. Der Anteil der Mehrwegverpackungen ist von 60 Prozent im Jahr 2003 auf 30 Prozent gesunken. Außerdem werden Mineralwasser und nicht alkoholische Erfrischungsgetränke inzwischen zum Großteil beim Discounter gekauft. Dort gibt es kaum Mehrwegflaschen, dafür aber billiges Mineralwasser in 1,5-Liter-Einweg-Flaschen aus Pet. Diese werden nicht wiederbefüllt, sondern geschreddert und zu Fleecejacken oder Folien verarbeitet. Man spricht vom Downrecycling, weil die Endprodukte schlechter sind als das Ausgangsprodukt. Auch die Dose, die mit Einführung des Dosenpfands aus vielen Geschäften verschwunden war, steht wieder in den Regalen.

Die Alternative: Bei Verpackungen aus demselben Material ist Mehrweg im Vergleich zu Einweg immer im Vorteil. "Als Faustregel ist die umweltfreundlichste Alternative Pet-Mehrweg", sagt Benedikt Kauertz, der am Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg für Ökobilanzen zuständig ist.

Tipps für die Verbraucher: Mehrweg erkennt man am geringeren Pfand (15 statt 25 Cent), am Logo (blau-grüner Kreis und der Schriftzug: Für die Umwelt - Mehrweg oder auch nur Mehrweg). Wer Getränke von regionalen Brauereien, Brunnen und Molkereien kauft, vermeidet weite Transportwege.

Mülltrennung

Mülltrennung

Das Ziel: Wertvolle Rohstoffe wiederverwerten, statt sie in einem riesigen Abfallberg langsam verrotten zu lassen: Recycling wird schon seit Jahrhunderten praktiziert. Steigende Rohstoffpreise rücken das Thema nun wieder in den Fokus, wobei das deutsche Mülltrennungssystem noch immer als vorbildlich gilt und die Deutschen vorbildlich sortieren.

Das Problem: Sowohl der Müll als auch die Technik haben sich die letzten Jahre stark verändert. Es fällt immer mehr Elektroschrott an. Der kann zwar auf jedem Wertstoffhof kostenlos abgeben werden, etwa 60 Prozent des Elektroschrotts landen aber im Restmüll. Wertvolle Rohstoffe wie Gold oder Coltan in Handys sind so fürs Recycling verloren. Auch der Kunststoff-Müllberg wächst. Wegen der Finanzierung über die Hersteller dürfen in die Gelben Säcke zwar Verpackungsmaterialien, aber kein Plastikspielzeug oder alte Gummistiefel. Dem Verbraucher leuchtet das bis heute nicht ein. Die Folge: Sie sortieren schlampig. Künftig soll es deswegen eine Wertstofftonne geben. Ob darin neben allen Kunststoffen auch kleine Elektrogeräte entsorgt werden können, ist noch offen. Nach Tonnen für Hausmüll, Papier, Weißglas, Buntglas und Bioabfällen ist dies der sechste Behälter zur Müllentsorgung.

Die Alternative: "Insbesondere für Menschen in kleinen Wohnungen bringen noch mehr Tonnen nur Nachteile", sagt Klaus Wiemer. Der Abfallwirtschaftler ist der Meinung, dass moderne Müllsortieranlagen oft besser sortieren als der Mensch. Für sinnvoll hält er die Trennung in trockene Abfälle, die maschinell sortiert und wiederverwertet werden sollen, und nasse Abfälle, aus denen Energie gewonnen werden kann.

Tipps für die Verbraucher: Solange es keine Wertstofftonnen gibt, sollte man vor allem bei Elektroschrott daran denken, ihn zum Wertstoffhof zu bringen.

Biosprit

Biosprit

Das Ziel: Die weltweite Nachfrage nach Erdöl wird bis 2030 voraussichtlich um weitere 50 Prozent steigen - vor allem wegen des Wirtschaftswachstums in China und Indien. Gleichzeitig ist Erdöl ein nichterneuerbarer Rohstoff, der irgendwann aufgebraucht sein wird. Ob in 20 oder 50 Jahren, darüber streiten sich die Experten. Fest steht, es braucht Alternativen. Um das Erdölvorkommen zu schonen, wurde für Autos der Biosprit E10 eingeführt. Er enthält einen geringeren Benzinanteil auf Rohölbasis und dafür einen Ethanolanteil von bis zu zehn Prozent (E10). Das Ethanol wird durch alkoholische Gärung aus zucker- und stärkehaltigen Pflanzen gewonnen, zum Beispiel aus Zuckerrohr und -rüben, Mais oder Getreide. Außerdem kann durch Ethanol aus nachwachsenden Rohstoffen die Ökobilanz verbessert werden. Beim Verbrennen wird nur die Menge des klimaschädigenden Gases CO2 freigesetzt, die die Pflanzen zuvor aus der Luft gebunden haben.

Das Problem: Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen hat bereits 2008 empfohlen, die Förderung von Biokraftstoffen komplett einzustellen - zumindest so lange, bis für die Biomasse nicht mehr extra Spritpflanzen angebaut werden müssen. Werden für den Anbau weitere Wälder, Weide- und Brachflächen in zusätzliches Ackerland verwandelt, geht die Rechnung mit der verbesserten Ökobilanz nicht auf. Um wieder Fläche für Nahrungsmittel zu gewinnen, müssen woanders Regenwaldflächen abgeholzt werden, so die Kritik. Für eine Tankfüllung Bio-Ethanol braucht man so viel Korn, wie ein Erwachsener in einem ganzen Jahr essen kann. Hinzu kommen die Zweifel, inwiefern E10 den Autos schadet.

Die Alternative: Biosprit hätte eine bessere CO2-Bilanz, würde man statt extra angebauter Pflanzen vorhandene Biomasse wie Abfallholz, Grünschnitt oder Pflanzenreste verwenden. Diese Technik steckt aber noch in den Kinderschuhen. Eine andere Möglichkeit sind Tempolimits. Das Umweltbundesamt hat ausgerechnet, dass auf westdeutschen Autobahnen durch eine Begrenzung auf 120 km/h neun Prozent der Emissionen eingespart werden können. Hinzu könnte ein indirekter Effekt kommen, wenn die Autoindustrie als Folge ihre Produktion auf eine niedrigere Motorisierung und damit auf schadstoff- und verbrauchsärmere Autos umstellen würde, oder auf Elektroautos.

Tipps für die Verbraucher: Listen mit den Automodellen, die kein E10 vertragen, liegen inzwischen an den meisten Tankstellen. Wer sich ein neues Auto kauft, sollte auf sparsamen Verbrauch achten. Auf Autobahnen kann man das Tempo auch ohne vorgeschriebenes Limit drosseln.