Atemschutzmaske gegen beißenden Gestank: Rettungsaktion für schwergewichtigen Mann in Nürtingen Foto: 7aktuell.de/Jüptner

Rettungsaktionen von übergewichtigen Personen bringen Feuerwehrleute oft an ihre Grenzen. Besonders gravierend war es jetzt bei einem Fall in Nürtingen – beim Einsatz in einer Messie-Wohnung – wegen des Gestanks waren Atemmasken nötig.

Stuttgart/Nürtingen - Wie schwer der Patient genau war, wegen dem die Nürtinger Feuerwehr zur Unterstützung der Sanitäter bei der Bergung einer hilflosen Person in den Ortsteil Zizishausen ausrücken musste, kann Einsatzleiter Rolf Binder nur schätzen. „Vielleicht 150 Kilo, vielleicht auch mehr.“ Die Feuerwehr war als „schnelle Tragehilfe“ angefordert werden. Per Drehleiter schafften die zwölf mit drei Fahrzeugen angerückten Feuerwehrmänner den Senior aus seiner Wohnung im ersten Stock nach unten.

Außergewöhnlich war die Aktion allerdings aus einem anderen Grund. Der adipöse, also erheblich fettsüchtige Mann, hauste in einer total verkommenen, sogenannten Messie-Wohnung. „Der beißende Geruch aus der Wohnung war noch in 50 Meter Entfernung auf der Straße wahrzunehmen“, berichtet ein Augen-, oder besser: Nasenzeuge. Grund vermutlich die dort seit Monaten herumliegenden Lebensmittelreste, Berge von gehorteten Materialien und der Hygienezustand des Mannes, vermutet der Zeuge.

Die Umstände jedenfalls stellten auch die Feuerwehrmänner vor erhebliche Probleme. Die anfänglichen Staubschutzmasken mussten alsbald gegen Gasmasken mit Atemluft-Filter getauscht werden, um sich in der Wohnung überhaupt bewegen zu können. „Wir haben eineinhalb bis zwei Stunden gebraucht, ehe wir den älteren Mann auf einer Trage hinausbringen, mit der Drehleiter retten und an den Malteser Hilfsdienst übergeben konnten“, berichtet der stellvertretende Stadtbrandmeister Binder.

Wegen der Umstände und des Gestanks war es für Feuerwehr und Rettungskräfte „eine enorme physische und psychische Belastung“, sagt Binder. Mit der Übergabe des Patienten an die Malteser war der Einsatz längst nicht vorbei. Anschließend habe man noch Trage und weitere Hilfsmittel aufwendig desinfizieren müssen. Dass die Feuerwehr angefordert werde, besonders dicke Menschen über Fenster oder Balkone nach unten zu transportieren, komme auch in Nürtingen („Wir sind ja ein Mittelzentrum“) vor. Aber in dieser speziellen Ausprägung habe er das zuvor noch nicht erlebt.

Um welche Notlage es sich bei dem Mann, der wohl schon in Rente ist, handelte, weiß Binder nicht. Augenzeugen berichten von einem Herzinfarkt. Das will die Leitstelle Esslingen des Malteser Hilfsdiensts nicht bestätigen. „Dazu dürfen wir gar nichts sagen“, so die Auskunft eines Mitarbeiters, ebensowenig zum Alter oder den aktuellen Gesundheitszustand des Geretteten. Bei der Polizei heißt es, dass man bei diesem Einsatz nicht involviert war.

In Stuttgart ist die Rettung von erheblich übergewichtigen Personen aus Wohnungen „fast schon an der Tagesordnung“, berichtet Stadtdirektor Frank Knödler, Leiter der Feuerwehr in der Landeshauptstadt. Im Durchschnitt mindestens einmal die Woche müsse man aus diesem Grund helfen. Das sei eine signifikante Steigerung gegenüber den Zahlen etwa vor fünf Jahren, und das treffe aufs ganze Land zu. In Stuttgart steht seit der Fußball-WM 2006 für derartige Fälle ein Großraumrettungswagen zur Verfügung, der bei der Feuerwache Filder in Degerloch stationiert ist. Der überdimensionale Bus kann in der Regel bis zu fünf Schwer- oder zehn Leichtverletzte transportieren, wird mittlerweile aber fast nur noch für extrem übergewichtige Patienten eingesetzt.