Die Retter sind in Baden-Württemberg im Dauereinsatz – den gesetzlichen Vorgaben kommen sie aber trotzdem nicht mehr hinterher Foto: dpa

Notärzte und Rettungswagen in Baden-Württemberg können die gesetzlichen Anforderungen nicht einmal ansatzweise erfüllen. Das Innenministerium kündigt „Grundsatzentscheidungen“ an. Von der Opposition im Landtag kommt scharfe Kritik.

Stuttgart - Auch im Jahr 2015 sind Rettungswagen und Notärzte in Baden-Württemberg viel zu häufig zu spät gekommen. Nach einer Erhebung des Innenministeriums fällt die Bilanz trotz erheblicher Bemühungen genauso schlecht aus wie im Jahr zuvor. Rettungswagen haben die gesetzliche Vorgabe nur in acht von 34 Rettungsdienstbereichen des Landes erreicht. Bei den Notärzten sind es sogar nur drei gewesen.

Schlusslicht waren die Kreise Waldshut und Heilbronn. In der Region Stuttgart sind die Ergebnisse durchwachsen. Erstmals seit Jahren fiel die Landeshauptstadt bei den Rettungswagen unter die kritische Grenze. Schlecht sah es auch in Böblingen aus.

Das Innenministerium sieht die stark steigende Zahl der Einsätze als Grund. Obwohl landesweit 20 zusätzliche Fahrzeuge in Betrieb genommen worden seien, lasse sich dieser Effekt nicht ausgleichen. So seien Rettungswagen im vergangenen Jahr um 7,8 Prozent, Notärzte sogar um 10,8 Prozent häufiger unterwegs gewesen als noch 2014. Das Ministerium hat angekündigt, in allen zuständigen Gremien die Lage zu beleuchten. Man werde, wo immer notwendig, „Grundsatzentscheidungen treffen“.

Rülke: „Darf nicht so weitergehen“

Scharfe Kritik kommt von der Opposition im Landtag. „Wieder einmal zeigt die mangelhafte Einhaltung der Hilfsfristen, dass der Rettungsdienst in Baden-Württemberg in einem unhaltbaren Zustand ist“, sagte der Chef der FDP-Landtagsfraktion Hans-Ulrich Rülke unserer Zeitung. „Dabei muss man ganz klar sagen: Wenn Rettungskräfte zu spät kommen, sterben Menschen. Seit Jahren bemängeln wir dies, allein erst die grün-rote Landesregierung und nun die grün-schwarze Koalition sind nicht bereit, die Angelegenheit mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit anzugehen“, so Rülke. Der Rettungsdienst in Baden-Württemberg sei unterfinanziert, das zeige der Blick auf andere Bundesländer. Trotzdem scheue sich die Landesregierung, „den Krankenkassen und Unfallversicherern auf die Füße zu treten. Dies darf so nicht weitergehen.“ Man werde das Thema erneut ins Plenum tragen, kündigte Rülke an.

Die meisten Einsätze im Land fährt das Deutsche Rote Kreuz. „Wir bauen die Kapazitäten aus, jagen den Zahlen aber stetig hinterher“, sagte Landesgeschäftsführer Hans Heinz. Erste Konsequenzen werden bereits gezogen. So sollen in Stuttgart künftig drei zusätzliche Fahrzeuge im Einsatz sein.