Eine Studentin hat die alte Jesusfigur analysiert. Foto: Benjamin Schieler

Eine Studentin hat die Jesusfigur am Kruzifix der Alten Kirche Hedelfingen analysiert. Offenbar ist die Figur fast 600 Jahre alt. Damit verrät die Figur viel über vergangene Epochen.

Hedelfingen - Ein Kruzifix aus der Alten Kirche in Hedelfingen sorgt für Furore. Nachdem ein Restaurator den besonderen Wert der Jesusfigur feststellte, liegt diese jetzt beim Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen zur Analyse. Erste Ergebnisse verraten viel über Arbeitsweisen und Geschmack der Kunstepochen. Der Förderverein der Alten Kirche hat der Gemeinde zugesagt, die Restaurierung zu finanzieren. Was auf ihn zukommt, soll sich in den nächsten Monaten entscheiden.

Es ist einer Studentin zu verdanken, dass der sanft auf Kissen gebetteten Figur in diesen Wochen besondere Aufmerksamkeit zuteil wird. Jana Exner, Viertsemester an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart im Studiengang mit dem etwas sperrigen Namen Restaurierung und Konservierung von Gemälden und gefassten Strukturen, ist von einem Dozenten gefragt worden, ob sie die Figur im Rahmen eines Studienprojekts analysieren wolle, und Exner wollte nur zu gerne. Sie nahm die Figur vom Kreuz, befreite sie von Staub und Spinnweben, nahm sie in Augenschein und untersuchte feine Probesplitter schließlich am Mikroskop.

Die Figur ist vermutlich etwa 600 Jahre alt

Ihre Analyse lässt darauf schließen, dass die Figur wohl vor fast 600 Jahren aus Lindenholz geschnitzt und mehrfach bemalt wurde, wahrscheinlich sieben bis neun Mal. Am eindrucksvollsten und nachvollziehbarsten lässt sich das am heute goldenen Lendentuch demonstrieren. Das ist ursprünglich klassisch weiß gewesen, später, eventuell in der Spätgotik zwischen 1480 und 1520, wurde es blau. „Das Weiß spricht für ein Streben nach Naturalität“, sagt der Restaurator Jochen Ansel. Das Gold, von manchen als kitschig und unnatürlich empfinden, könnte von einem Maler des Barock stammen, als Gold in Mode war.

Wann die Figur aber wie bearbeitet wurde und woher sie stammt, darüber lässt sich zurzeit nur spekulieren. Der Hedelfinger Pfarrer Wilhelm Kautter hat bei seinen Recherchen herausgefunden, dass das Kruzifix Ende des 18. Jahrhunderts als Geschenk in die Gemeinde kam. Ebenfalls unklar ist, was nun aus ihm wird. Sicher ist nur: Eine Rückführung in den Urzustand kommt nicht infrage, das widerspricht den Regularien des Denkmalamtes. „Wenn wir Schichten freilegen, sind sie weg“, sagt Ansel, „das verbietet sich für uns.“ Es ginge also in erster Linie darum, den Bestand zu erhalten und Schäden zu beheben, um ein „ansprechendes, ästhetisches Erscheinungsbild“ zu schaffen. Landesdenkmalamt und Förderverein wollen sich in den nächsten Monaten über ein Konzept einig werden.

Die Hedelfinger Kirche soll wieder eine Glocke bekommen

Das dürfte auch eine Frage des Geldbeutels sein. Denn für den Förderverein ist es nicht das einzige schwergewichtige aktuelle Projekt. Auf der Jahreshauptversammlung beschlossen die Mitglieder jüngst, dass die im 13. Jahrhundert gebaute Kirche, das älteste Gebäude überhaupt in Hedelfingen, wieder eine Glocke bekommen soll, die vor allem für das letzte Geläut bei Beerdigungen zum Einsatz vorgesehen ist.

„Wir sind dankbar für die interessanten Objekte“, sagt Eberhard Schwarz, Gründungsmitglied und Vorsitzender des Fördervereins, der schon Ende der 90er Jahre bei der Restaurierung von Wandmalereien aus dem Jahr 1468 und beim Einbau einer Orgel treibende Kraft war. Im Hinblick auf die Restaurierung des Kruzifixes ist Schwarz noch etwas ratlos. Zweierlei steht für ihn aber fest: „Der Aufwand muss sich lohnen.“ Und er will aufs Tempo drücken. In drei Jahren, wenn Schwarz und sein Stellvertreter Gerhard Schwinger ihre Ämter altersbedingt aufzugeben gedenken, wollen sie die Alte Kirche in imposantem Zustand übergeben haben.