Leistungsfähigkeit will gepflegt werden. Dazu gehört auch, die innere Widerstandskraft zu stärken und Engpässen körperlicher, geistiger und seelischer Gesundheit vorzubeugen.

Das hochtourige Veränderungsgeschehen in der Arbeitswelt mit dem Zwang zu ständigem Um- und Neulernen macht ebenso zu schaffen wie die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells beziehungsweise der Sicherheit des Arbeitsplatzes. Und bei allem mischt sich die Sorge mit in die Überlegungen: wie lange kann ich noch mithalten? All das und noch so einiges mehr vermengt sich schnell zu einem Gefühl von Verunsicherung und Zukunftsunsicherheit, treibt innerlich um, lässt nicht zur Ruhe kommen. Und so führt das verunsichernde Empfinden, sich auf schwankendem Boden zu bewegen, gleichzeitig aber hohe Leistung bringen zu müssen, in steigendem Maße in die Sackgasse des Nicht-mehr-Könnens und Nicht-mehr-Weiterwissens. Aus dieser Gestimmtheit heraus resignieren Menschen und brennen aus. Wissenschaftler und Therapeuten beschäftigen sich intensiv mit dieser Problematik und fragen sich: wieso leiden die einen unter diesen Umständen bis zum körperlich-seelischen Zusammenbruch, während andere eine beachtliche Belastbarkeit und innere Widerstandskraft, das heißt Resilienz, aufweisen und mit ihnen klarkommen? Wie immer bei solchen Fragestellungen spielt auch bei der Erforschung der Gründe für diese Resilienz die Überlegung eine Rolle: nature or nurture?


Angeboren oder durch günstige Umweltbedingungen, zum Beispiel frühkindliche Erziehung, erworben? Ein Grundstock dafür, schreibt die an der Universität Oxford Psychologie und Neurologie lehrende Professorin Elaine Fox in ihrem Buch 'In jedem steckt ein Optimist', werde den Glücklichen schon in die Wiege gelegt. Auch die Bedingungen, unter denen ein Mensch aufwächst, könnten zu dessen innerer Widerstandskraft beitragen. Doch ebenso unverkennbar ist, dass sich ein spürbares Mehr an innerer Robustheit und Stärke auch erarbeiten lässt. Und so stellen Rosmarie Welter-Enderlin und Bruno Hildenbrand in ihrem Standardwerk 'Resilienz - Gedeihen trotz widriger Umstände' fest: 'Der Kern der Resilienz aber ist das unerschütterliche Vertrauen in die Fähigkeit, sein eigenes Leben in den Griff zu bekommen.' Und dieses Vertrauen fußt auf sieben Fundamentbausteinen: Optimismus, Bewältigungsorientierung, Verlassen der Opferrolle, Akzeptanz, Verantwortung, aktive Zukunftsplanung, Netzwerke und Freundschaften. Wer innerlich stärker und widerstandsfähiger durchs Leben gehen möchte, der muss also daran arbeiten, aus diesen Bausteinen das Fundament entstehen zu lassen.


Für unsere psychische Widerstandskraft können wir ein Leben lang etwas tun

Denn, so Christina Berndt in ihrem exzellenten Band 'Resilienz - Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft - Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burn-out': 'Für unsere psychische Widerstandskraft können wir ein Leben lang etwas tun.' Und dieses Tun beginnt mit dem kritischen Blick auf die eingeschliffenen Gepflogenheiten, mit den Anforderungen des Lebens umzugehen, und der Bereitschaft, diese Gepflogenheiten auf den Prüfstand zu stellen. Denn oft, sehr oft sogar sind es die festgezurrten Denkweisen, mit denen das eigene Verhalten in Richtung 'Ich kann nicht mehr!' und schließlich Ausbrennen gesteuert wird. Allein schon die so weit verbreitete Bereitschaft, auf der Stelle aus jeder Mücke einen Elefanten zu machen, sich über alles und jedes unverzüglich zu erregen, jede Form von Kritik als Majestätsbeleidigung zu empfinden, sofort zu explodieren, wenn etwas mal nicht auf der Stelle klappt, schiefgeht oder den eigenen Erwartungen nicht entspricht, sorgt für ein permanentes inneres Erregungsniveau.


Und das trägt ganz beträchtlich dazu bei, sich ständig irgendwie angespannt, ausgepumpt und am Rand der Kräfte zu fühlen. So wie sich Menschen in eine Idee, eine Ideologie, ein Gestrüpp von Vorurteilen verrennen können, so können sie sich auch in die Annahme verrennen, Opfer der Umstände zu sein, denen sie sich ausgesetzt fühlen. Weil sie ihre Denk- und die sich daraus ergebenden Verhaltensweisen nicht hinterfragen und dadurch Körper, Geist und Seele bis zum völligen Zusammenbruch auslaugen. Therapeuten sehen sich oft unwirschen Reaktionen ausgesetzt, wenn sie vorsichtig auf diese Möglichkeit hindeuten. Selbst - oder zumindest mit - an etwas schuld zu sein, auch wenn gerade in dieser Erkenntnis der Ausweg aus der Misere aufscheint, das will nur schwer in den Kopf. Und doch liegt genau darin die Chance, sich aus dem Klammergriff entkräftender Gefühle zu befreien, wieder freier durchatmen zu können, ruhiger zu schlafen, genussfähiger am Leben teilzunehmen. Kurzum, anstatt Lebens- und Leistungslast wieder Lebens- und Leistungslust zu spüren. Der Versuch, mit sich selbst, mit anderen und überhaupt mit allem, was der Tag so bringt, anders als bisher umzugehen, ist nur zu empfehlen. Genauso wie den Gedanken 'Was soll's, bringt ja eh nichts' zurückzudrängen. Wahrnehmung, Gedanken, Gefühle und Verhalten lassen sich ändern. Das verändert die Welt nicht, sehr wohl aber die eigene Standfestigkeit in der Welt.