Corinna Müller versetzt sich bei ihren Recherchen vor Ort in die damalige Zeit zurück. Foto: Gottfried Stoppel

Corinna Müller kann’s nicht lassen – die Kriminalbeamtin a.D. schreibt Bücher über historische Kriminalfälle, die unter anderem im Rems-Murr-Kreis geschehen sind.

Rems-Murr-Kreis - Corinna Müller ist dem Verbrechen auf der Spur. Das war die 49-Jährigewährend ihres Berufslebens und das ist sie auch jetzt noch oder besser gesagt wieder – dabei führen die Kriminalbeamtin a. D., die unter die Buchautoren gegangen ist, ihre Recherchen auch in den Rems-Murr-Kreis, etwa nach Murrhardt.

„Auf dem Friedhof dort ist 1607 etwas Entsetzliches geschehen“, berichtet Corinna Müller. Das Opfer: ein sechsjähriger, schwer kranker Junge, der wenige Tage zuvor auf dem Heimweg von einem Arzt in Schwäbisch Hall wohl gestorben ist. Mehr will Corinna Müller von ihren Recherchen nicht verraten wissen. Doch sie hat sie in ihrem zweiten und jüngsten Buch „Verurteilt“ aufgeschrieben sowie noch weitere historische Kriminalfälle aus der Region Stuttgart. Zu den Tatorten gehören neben Murrhardt auch unter anderem Ludwigsburg und Nürtingen (Kreis Esslingen).

Die Autorin besichtigt die einstigen Tatorte

Corinna Müller hat sie alle besichtigt, ist dort eingetaucht in das Leben von damals. „Wenn ich durch die Straßen gehe, dann sehe ich nicht moderne Einkaufszentren sondern die alten Häuser und Gassen vor mir.“ So führt sie auch den Leser an die Ort des Geschehens. Ihr Buch liest sich daher nicht wie ein Geschichtstext sondern mehr wie ein Krimi, nur dass die Taten nicht fiktiv sind. „Ich möchte sie real und plastisch machen und Emotionen reinbringen, aber nichts Erfinden“, erklärt die Autorin aus dem Zabergäu (Kreis Heilbronn). Falls sie doch etwas dazu dichte – etwa, wenn Namen der Personen nicht überliefert sind und sie sich eigene ausdenkt – kennzeichnet Corinna Müller dies mit Fußnoten. Unter diesen finden sich zudem genaue Ortsangaben zu den Geschehenissen sowie Erklärungen zu heute nicht mehr gebräuchlichen Bezeichnungen.

Die altertümliche Sprache sei es auch, die ihr die Recherchen im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart, kommunalen Archiven sowie in Kirchenbüchern nicht gerade einfach mache. „Die Wortwahl und die Grammatik sind anders und vieles ist im Dialekt geschrieben mit Worten, die es heute nicht mehr gibt.“ Auch die Kurrentschrift von damals habe sie erst einmal erlernen müssen, erzählt Corinna Müller, die zunächst eigentlich nur über ihre Ahnen nachforschen wollte. Vermutlich war es ihre berufliche Vorbelastung, weshalb sie sich dann aber auf die Recherche historischer Kriminalfälle verlegt hat. Und etwas habe ihre jetzige Tätigkeit mit ihrem früheren Beruf, den sie aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, gemeinsam. „Es ist die wissenschaftliche Neugier, die überwiegt.“

Daher grusele es sie nicht, wenn sie an den Orten des Geschehens stehe – selbst wenn dort Entsetzliches passiert sei. „In meinem Dienst als Kriminalbeamtin war ich an unzähligen Tatorten. Es ist einfach eine andere Sichtweise, die man dort einnimmt“, sagt Corinna Müller, die auch in Tötungsdelikten ermittelt hat. „Es hat etwas Sachliches nichts Grauenvolles. Man will ja etwas herausfinden.“

Ihr Interesse gilt der Lebensweise und der Weltanschauung der Menschen

Doch ihr Interesse ist es nicht mehr Täter zu überführen. „Mir geht es um die Lebensweise und Weltanschauung der Menschen von damals.“ So bettet sie die Kriminalfälle in diese ein, beschreibt die Umgebung, etwa wie die so genannte Landhege um Schwäbisch Hall angelegt war, und Erläutert das Rechtssystem der Zeit.

„Die damals geltende Constitutio Criminalis Carolina ist die Grundlage des heutigen Strafgesetzes“ – und ein Fortschritt im Vergleich zum Mittelalter. „So wurde damals schon die Unterscheidung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötung getroffen, über Kinder milder geurteilt und die geistige Zurechnungsfähigkeit spielte eine Rolle. Das total interessant.“ So ist Corinna Müllers Buch auch ein Stück weit eine Art Geschichtsbuch.