Wer im Rems-Murr-Kreis seine Gebühren nicht bezahlt, muss künftig mit diesem Anblick rechnen. Foto: Pressefoto Horst Rudel

Im Kampf gegen nicht bezahlte Gebühren ergreift das Landratsamt Waiblingen drastische Maßnahmen: Es will künftig die Autos von Schuldnern lahmlegen – und sie notfalls sogar versteigern. In der Region gibt es dafür Vorbilder.

Waiblingen - Wer nach einem Gebührenbescheid des Waiblinger Landratsamts die zweite Mahnung ignoriert und auch nach einem Hausbesuch eines Kreismitarbeiters nicht bereit ist zu zahlen, der muss künftig damit rechnen, sein Auto nicht mehr benutzen zu können. Die Behörde behält sich laut eigenem Bekunden den Einsatz sogenannter Park-Krallen vor. Solche Vorrichtungen werden an der Felge des Fahrzeugs festgespannt und verhindern das Wegfahren. Das Auto werde auf diese Weise so lange gepfändet, bis die ausstehende Zahlung – etwa die Müllgebühr oder eine Forderung im Zusammenhang mit einer Baurechtsangelegenheit – beglichen wird. Sollte das Geld auch dann nicht bezahlt werden, könne das Fahrzeug abgeschleppt und im äußersten Fall sogar versteigert werden.

Warum das Landratsamt mit der Park-Kralle droht:

Als Grund für diese drastisch anmutende Maßnahme nennt das Landratsamt in den vergangenen Jahren deutlich angestiegene ausstehende Forderungen bei der Kreiskasse. Laut Angaben einer Behördensprecherin beliefen sich diese Außenstände zum Ende des Jahres 2016 auf immerhin 568 428 Euro. Ein Jahr zuvor seien es noch 339 565 Euro gewesen. Man sei darauf angewiesen, diese Außenstände zu reduzieren, lässt das Landratsamt verlauten – auch im Interesse jener Bürger, die ihre Forderungen rechtzeitig beglichen.

Bevor die Park-Kralle eingesetzt wird, will das Landratsamt freilich nicht nur wie bisher mit zwei Mahnungen auf die ausstehenden Zahlungen aufmerksam machen. Im Zuge eines sogenannten Vollstreckungsverfahrens ist zusätzlich vorgesehen, dass ein Mitarbeiter der Kreiskasse den Schuldner persönlich aufsucht, um das Geld – dann aber samt Mahngebühren und Auslagen – einzutreiben.

Gänzlich neu ist die nicht ganz unumstrittene Maßnahme nicht. Die Stadt Ludwigsburg beispielsweise hat bereits vor sieben Jahren eine Parkkralle angeschafft, ein- bis zweimal pro Jahr kommt sie laut einem Stadtsprecher seither zum Einsatz. Mindestens 20 Verwarnungsgelder im Wert von 300 Euro aufwärts muss der Betroffene dafür schuldig sein, beziehungsweise Steuer- oder Abgabeschulden im gleichen Wert angehäuft haben. Die Wegfahrsperre sei allerdings erst der letzte Schritt, wenn andere, wie Mahnungen, das persönliche Gespräch oder Gehalts- und Lohnpfändungen nichts fruchteten. Allerdings habe es – wenn auch sehr selten – Fälle gegeben, in denen das Fahrzeug konfisziert wurde.

Auch der Landkreis Böblingen, wo der Waiblinger Landrat Richard Sigel zuvor der Finanzdezernent gewesen ist, setzt auf die Park-Krallen-Taktik. Sogar zwei Stück sind seit gut zwei Jahren dort im Einsatz. Etwa zehn Mal werden die Stahlbügel laut einer Behördensprecherin im Schnitt angelegt – zur „Beitreibung offener Forderungen aller Fachämter“. Rund 4500 Euro würden pro Jahr auf diese Weise eingetrieben, das Abschleppen oder gar Versteigern von Fahrzeugen sei bisher aber nicht nötig gewesen.

Meist mobilisiert wohl indes bereits die Aussicht, nicht mehr mobil sein zu können, dazu, die offenen Schulden zu begleichen. In Waiblingen jedenfalls hat der städtische Vollzugsbeamte Markus Held die bereits Ende der 90er-Jahre angeschaffte Parkkralle bisher ausschließlich als Droh-Instrument eingesetzt . Im „Echteinsatz“ habe die Stadt das Gerät bisher noch kein einziges Mal angewandt, sagt Petra Barth, die Abteilungsleiterin für Steuern und Abgaben und Kasse der Stadt. Aus ihrer Sicht gibt es dazu nämlich auch rechtliche Bedenken: Im öffentlichen Straßenraum könnten die Parkkrallen ihrer Einschätzung nach nicht eingesetzt werden. Auf anderen Flächen müsste die Stadt das Fahrzeug nach ein paar Tagen auf ihre Kosten abschleppen lassen, könnte es dann wegen des Alters oder mangels Abnehmer nicht weiterverwerten und müsste schließlich auch noch für einen Stellplatz sorgen. Zudem bestehe beim Anbringen einer Parkkralle die Gefahr, dass das Fahrzeug beschädigt werde und die Stadt für den Schaden aufkommen müsse.

Auch die Landeshauptstadt Stuttgart sieht das offenkundig ähnlich und verzichtet, wenngleich bereits über deren Einsatz nachgedacht worden ist: Parkkrallen seien zumindest als „Mittel bei der Bekämpfung des Falschparkens vom geltenden Verkehrsrecht, insbesondere des Straßenverkehrsgesetzes, nicht gedeckt“, so ein Stadtsprecher. Der Rechts- und Verfassungsausschuss des Deutschen Städtetags habe den Einsatz von Parkverriegelungen zur Überwachung des ruhenden Verkehrs als rechtswidrig bezeichnet. „Die Blockierung des Fahrzeugs würde zudem den ordnungswidrigen Zustand nicht beseitigen, sondern verlängern.“