Eine Blitzerkontrolle, um rasende Motorradfahrer zur Räson zu bringen, ist ohne die Unterstützung von Polizisten, die den Biker anhalten, so gut wie wirkungslos. Foto: Stoppel

Polizei und Landratsamt kontrollieren in einer Großaktion Motorradfahrer. Um das zu schaffen, leisten viele Polizisten Sonderschichten.

Backnang - Der junge Motorradfahrer schaut etwas verdutzt, als die Polizisten ihn und seine Honda auf einen Parkplatz im Ortskern von Althütte lotsen. So ganz sicher, dass seine Maschine vollkommen in Ordnung ist, scheint er nicht. „Das ist das erste Mal, dass ich kontrolliert werde“, erzählt er. Der Polizeihauptmeister Kai Bernet sieht sich das Bike genauer an. Er ist selbst Motorradfahrer und weiß, wo er suchen muss. Mit der Hand misst er den Abstand der nachgerüsteten Miniblinker zum Rahmen: Glück gehabt, die Lichter sind gerade noch zu erkennen. Für den Sportauspuff hat der junge Mann allerdings keine Papiere dabei. „Immer mitnehmen“, mahnt Bernet. Ansonsten gibt es nichts zu beanstanden, der junge Mann darf weiterfahren.

Ein paar Kilometer weiter, zwischen Murrhardt und Sulzbach, steht ein dunkler VW-Transporter. Drinnen sitzen zwei Männer im Auftrag des Landratsamts, draußen stehen olivgrüne Blitzgeräte. Der Mittagsverkehr zieht gemächlich an ihnen vorbei – in der ersten Dreiviertelstunde erwischen sie nur vier Temposünder, die mit dem Auto unterwegs sind. Schon nach zehn Minuten kam die Kontrolle im Radio, auch in Facebook-Gruppen wird gewarnt. „Am Anfang regt einen das schon auf“, gibt ein Mitglied des Blitzteams zu, ist aber zuversichtlich, auf der beliebten Motorradstrecke trotzdem einige Raser zu erwischen.

Bei 80 Prozent der Unfälle waren Biker zu schnell unterwegs

Die Polizei und das Landratsamt haben sich am Mittwoch zu Schwerpunktkontrollen von Zweiradfahrern zusammengetan. Den ganzen Nachmittag fahren sie Streife, stellen Radar- und Laserfallen auf und kontrollieren. Immer auf der Suche nach Temposündern oder Fahrern, die an ihren Maschinen illegale Manipulationen vorgenommen haben, um eine höhere Geschwindigkeit oder lauteren Sound zu erreichen.

Die Aktion soll laut dem Landrat Richard Sigel helfen, die Zahl der Motorradunfälle im Landkreis zu senken. Im Jahr 2015 verunglückten im Rems-Murr-Kreis 180 Motorradfahrer, von denen 147 Verletzungen davontrugen. Zwei Biker starben sogar. „Bei 80 Prozent der Unfälle ist eine zu hohe Geschwindigkeit die Ursache“, erklärt der Einsatzleiter Sven Schock. Auch ein zu geringer Abstand und riskantes Überholen seien mögliche Unfallursachen.

Der Raserei und dem Gedrängel will man jetzt mit mehr Kontrollen beikommen. Beim Landratsamt ist man über die Kooperation mit der Polizei dankbar. Denn ein Blitzerfoto eines behelmten Bikers, vielleicht sogar mit geschlossenem Visier, taugt nicht als Beweismittel. Wird ein Temposünder hinter der Blitzanlage von Polizisten gestoppt, sieht die Sache anders aus. Auch die Polizei sieht in der Zusammenarbeit einen Vorteil: „Wir hätten nicht die Kapazitäten, um eine solche Kontrolle so flächendeckend durchzuführen“, sagt Sven Schock. Genau genommen hat die Polizei auch nicht die Kapazitäten, die Aktion zusätzlich zum täglichen Betrieb zu meistern. Von den 18 beteiligten Beamten schieben 15 Sonderschichten – ein Polizeisprecher betont, das sei üblich und die Beamten bekämen die geleisteten Stunden bezahlt.

Die Ausbeute der Großkontrolle ist – verglichen mit dem Aufwand – auf den ersten Blick gering. Ein Polizeisprecher zeigt sich dennoch zufrieden: „Das zeigt doch, dass sich die meisten Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten.“ Die Aktion wird nicht die letzte dieser Art gewesen sein: Der Kontrolldruck auf Biker soll in Zukunft erhöht werden.

Infos zur Großkontrolle:

Zahlen
: Bei der Aktion am Mittwoch wurden 92 Fahrzeuge kontrolliert, 73 davon waren Zweiräder. Insgesamt überschritten 23 Fahrer, darunter fünf Biker, das Tempolimit. 14 Mal stellten die Beamten technische Mängel am Motorrädern fest. Fünf Biker waren ohne Fahrerlaubnis unterwegs – einer davon seit 30 Jahren. Vier Motorroller waren frisiert. Die Polizei fand bei sieben Personen Drogen.

Aktion: Die Schwerpunktkontrolle Motorradfahrer dauerte am Mittwoch von etwa 13.30 bis 19 Uhr. Im ganzen Revierbereich Backnang kontrollierten Messtrupps, aber auch Motorrad- und Autostreifen den Verkehr.