Aus den Schornsteinen der privaten Haushalte kommt ein Gutteil des CO2-Ausstoßes. Und der hat in den vergangenen Jahren noch deutlich zugelegt. Foto: Gottfried Stoppel/Archiv

Statt zu sinken, sind die Kohlendioxid-Emissionen angestiegen – im Vergleich zum Jahr 2008 um 22 Prozent. „Schuld“ sind vor allem die privaten Haushalte.

Rems-Murr-Kreis - Das Ziel in dem vor vier Jahren vom Kreistag verabschiedeten Klimaschutzkonzept ist klar umrissen: Bis zum Jahr 2025 soll der Gesamtausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) im Rems-Murr-Kreis gegenüber dem Bezugsjahr 2008 um 30 Prozent gesenkt werden. Dieses Ziel jedoch erscheint der Landkreisverwaltung nun nach aktuellen Erhebungen als deutlich zu hoch gesteckt. Das hat der Landrat Richard Sigel in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses einräumen müssen.

Anstieg um 22 Prozent

Grundlage für die neue Erkenntnis ist eine bei dem Trierer „Institut für angewandtes Stoffstrommanagement“ (Ifas) in Auftrag gegebene Fortschreibung der kreisweiten CO2-Bilanz, die zuletzt für das Jahr 2008 erfasst worden war. Dieser zufolge sind die Emissionen bis zum Jahr 2015 trotz redlicher kommunaler Bemühungen nicht etwa gesunken, sondern vielmehr um satte 22 Prozent angestiegen.

Über die Ursachen für diese Entwicklung kann Tobias Gruben, der stellvertretende Ifas-Bereichsleiter für Energieeffizienz und erneuerbare Energien, nur spekulieren: allgemeiner Bevölkerungsanstieg, mehr Wohngebäude, mehr Betriebe – detaillierte Untersuchungen zu den Hintergründen gibt es nicht. Allerdings habe man bei der Hochrechnung der Emissionen jetzt auf eine deutlich bessere Datengrundlage zurückgreifen können als bei der Erhebung im Jahr 2008 – was wiederum auch einen gewissen Anteil der Steigerungsrate erklären könnte, wie er sagt.

Klar ist hingegen, wer - damals wie heute – der Hauptverursacher der Emissionen ist: Mit deutlichem Abstand sind dies die Privathaushalte und der Verkehr, gefolgt von der Industrie. Alle drei Bereiche zusammen haben ihren ohnehin schon hohen Schadstoffausstoß in den vergangenen Jahren noch einmal um 41 beziehungsweise 11 und 31 Prozent erhöht.

Verwaltung hat Hausaufgaben gemacht

Die kommunale Verwaltung hingegen hat offenkundig ihre Hausaufgaben gemacht. Hier ist der CO2-Ausstoß laut dem Gutachten um acht Prozent gesenkt worden. Das freilich ist in Relation zu den jährlichen Ausstoßanteilen (Haushalte rund 1,3 Millionen Tonnen, Kommunalverwaltung knapp 51 000 Tonnen) wohl nicht viel mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Man müsse sich eingestehen, nur Erfolg haben zu können, wenn auch die privaten Haushalte ihren Beitrag leisten, sagt der Landrat Richard Sigel – und da sei der Einfluss der Kommunalverwaltung begrenzt. Gleichwohl müsse man eine Vorbildfunktion wahrnehmen – was auch getan werde und weiterhin auf der Agenda stehe.

Im Kreistagsausschuss sind die Erkenntnisse mit Ernüchterung aufgenommen worden. „Wir haben die Latte zu hoch gesetzt und dramatisch gerissen“, konstatierte der CDU-Fraktionschef Reinhold Sczuka. „Wir sind deutlich hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben“, sagte Gudrun Wilhelm (FDP). Zweifel an der Vergleichbarkeit hingegen hegte ihr Parteifreund Jochen Haußmann, schließlich sei 2008 doch ein Jahr mit einem extrem milden Winter gewesen. Den Einwand indes entkräftete der Experte: Die jetzt erhobenen Daten seien äußerst belastbar, eine sogenannte Witterungsbereinigung in der Statistik würde die Bilanz sogar noch schlechter ausfallen lassen.

Astrid Fleischer (Bündnis 90/Grüne) mahnte dazu, sich von dem Zwischenergebnis nicht entmutigen zu lassen und den Blick nach vorn zu richten. Christoph Jäger (CDU) ergänzte mit der rhetorischen Frage: „Was wäre, wenn wir gar nichts getan hätten?“ Und der Experte Tobias Gruben relativierte das Ergebnis: „Im bundesweiten Vergleich liegen Sie noch deutlich unter dem Durchschnitt.“

Lotse im Zuschuss-Dschungel

Was aber kann der Kreis tun, wenn sein direkter Einfluss auf die CO2-Bilanz offenkundig nicht die Dimensionen sprengt, die man sich vorstellt: Nicht selbst finanzielle Anreize schaffen, wie dies von einzelnen Kreisräten gefordert wurde, betonte Gruben, sondern eine Rolle als Lotse im Dschungel der Fördermöglichkeiten wahrnehmen: „Es gibt bereits viele Programme, aber die kommen bei den Bürgern leider nicht an.“ Jürgen Menzel, dem Leiter der Energieagentur Rems-Murr, der im Anschluss seinen Tätigkeitsbericht für das vergangene Jahr vorlegte, wird diese Aussage gefallen haben. Nimmt doch diese vom Landkreis und der Stadt Waiblingen getragenen, in ihrer Startphase aber umstrittene Einrichtung genau diese Funktion wahr.