Schüler gibt es genug. Doch in den Grundschulen und Förderschulen sind Rektoren knapp. Foto: dpa

Der Generationswechsel und veränderte Schulstrukturen machen die Nachbesetzung von Rektorstellen schwer. Für Grund- und Werkrealschulen gibt es kaum Bewerber. Manche Förderschulen sind wegen der Inklusion auf unter 30 Schüler geschrumpft – ihnen droht die Zusammenlegung.

Stuttgart - Zum neuen Schuljahr sind acht Schulen in Stuttgart ohne Schulleiter: drei Grundschulen, eine Grund- und Werkrealschule, eine Gemeinschaftsschule und drei Sonderpädagogische Bildungszentren (SBBZ) mit dem Schwerpunkt Lernen (früher: Förderschulen). „Wir hatten einfach keine Bewerbungen“, sagt Ulrike Brittinger, die Chefin des Staatlichen Schulamts.

An mehreren weiteren Schulen laufen die Besetzungsverfahren noch, einige mussten bereits ein Jahr und länger ohne Rektor auskommen. Im Regierungspräsidium Stuttgart führt man diese Lage auf die in den letzten Jahren gestiegene Fülle der Aufgaben, aber auch auf den gewachsenen bürokratischen Aufwands zurück. Beides spiegelt sich zu wenig in der Bezahlung wider. Bei den Förderschulen stoppte das Regierungspräsidium die Besetzungsverfahren, weil die Schulen aufgrund der Inklusion so stark geschrumpft sind, dass die Stadt Stuttgart Fusionen plant.

Grundschulrektoren brauchen eine hohe Eigenmotivation

Denn neben der Schulart spielt auch die Größe einer Schule eine entscheidende Rolle dabei, wie attraktiv ein Rektorposten ist. Während die Stelle eines Gymnasialleiters mit A16 besoldet ist – das sind je nach Altersstufe zwischen 5600 und 7100 Euro Grundgehalt – , erhält der Rektor einer kleinen Grundschule nur ein A12-Gehalt – also 3500 bis 4600 Euro – plus 160 Euro Zulage. Dies sei „wenig attraktiv“, räumt Brittinger ein. „Man braucht eine hohe Eigenmotivation, um so eine Aufgabe zu übernehmen.“

Katja Lumpp, die Sprecherin des Regierungspräsidiums, beschreibt diese so: „Die Schulleitung ist der Motor für die Veränderungen der Schule, dazu braucht es Mut, eine Vision und Kompetenzen in der Qualitätsentwicklung.“ Und: „Das Anforderungsprofil für Schuleiterinnen und Schulleiter zeigt eine große Bandbreite von Schulleitungshandeln auf.“

Hinzu komme, so Brittinger, dass sich derzeit an vielen Schulen ein Generationswechsel vollziehe, für jüngere Frauen jedoch der Beruf als Rektorin schwer mit der Familie vereinbar sei, schon wegen der Unwägbarkeiten durch Termine am Nachmittag, Konferenzen und Elterngespräche.

Förderschulen bluten aus, weil viele Eltern ihre Kinder lieber auf Grundschulen schicken

Besonders schwierig sei die Situation derzeit allerdings an den den Förderschulen. „Man weiß nicht, wie es mit ihnen weitergeht“, sagt Brittinger. Durch die Einführung der Inklusion seien viele Kinder mit Lernschwierigkeiten an die Grundschulen gegangen. Dort werden sie zwar von Sonderschullehrern unterstützt, doch die Sonderschulen mit Schwerpunkt Lernen sind massiv geschrumpft, seit die Eltern entscheiden dürfen, ob ihr Kind eine Grund- oder eine Sonderschule besucht: Im Jahr 1980 wurden die Förderschulen für lernschwache Schüler noch von 1733 Kindern besucht, aktuell sind es gerade mal noch 534. Von den bestehenden elf Standorten gibt es inzwischen welche mit unter 30 Schülern und keinen einzigen mehr, der die magische Grenze von 90 Schülern überschreitet. Das ist deshalb von Bedeutung, weil erst dann die Stelle eines Konrektors besetzt werden darf.

Die Stadt tüftelt deshalb an einem Masterplan regionale Schulentwicklung, der die elf Förderschul-Standorte in vier Organisationseinheiten zusammenführen soll. Auch Michael Hirn, der geschäftsführende Leiter der Stuttgarter Sonderschulen, sieht Handlungsbedarf: „Es ist klar, dass es hier zu einer Konzentration kommen muss“, sagt er. „Niemand will einen Standort mit 30 Schülern.“ Allerdings gebe bei den städtischen Plänen einen Haken: Wenn man aus vier Standorten ein Stammhaus mit drei Außenstellen mache, bekomme das Stammhaus zwar das Recht auf eine Konrektorstelle, doch in den drei Außenstellen sei die Leitung dann nicht präsent.

Und die Aufgaben seien durch die Inklusion nicht weniger, sondern mehr geworden. Auch wenn die Inklusionskinder nicht mehr körperlich an den Sonderschulen anwesend seien, so verursache ihre Betreuung durch Sonderpädagogen und die Abstimmung mit den allgemeinbildenden Schulen einen höheren Aufwand, als wenn die Kinder die Sonderschule besuchten.

Sonderschulen hoffen auf eine Nachbesserung bei den Leitungsressourcen

Dass Inklusionskinder bei der Berechnung der Schulleitungsressourcen der SBBZ jedoch gar nicht mehr berücksichtigt werden, sei ein Problem, das politisch gelöst werden müsse und könne, sagt Hirn. Andernfalls – das habe er bereits vor gut einem Jahr im Namen seiner Kollegen direkt an Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) geschrieben – „würden wir den Erfolg der Inklusion ernsthaft gefährdet sehen“. Eisenmann habe zugesagt, das Thema zu prüfen, allerdings keine Hoffnung auf eine kurzfristige Lösung gemacht. „Ich würde mir wünschen, dass Schulbürgermeisterin Frau Fezer an Frau Eisenmann schreibt“, sagt Hirn.